Olaf Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz soll in der Flüchtlingspolitik umsteuern.
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Bund-Länder-Treffen

Kommunen fordern echten Flüchtlingsgipfel

Beim Bund-Länder-Treffen am Mittwoch,10. Mai, beraten Bundeskanzler und Ministerpräsidenten zur Flüchtlingspolitik ohne die Kommunen. Das sorgt für Ärger. Die Kommunen fordern einen "echten Flüchtlingsgipfel", bei dem sie mit am Tisch sitzen. Die Städte und Gemeinden sehen sich mit ihren Aufnahmekapazitäten längst am Limit. Was sie vor allem von Olaf Scholz erwarten!
Aktualisiert am 3. Mai, 14.40 Uhr

Die Kommunen hoffen auf eine Zäsur in der Flüchtlingspolitik. Bürgermeister und Bürgermeisterinnen warnen davor, dass sie bald keine zumutbaren Möglichkeiten mehr haben, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Jetzt steht  ein weiterer Flüchtlingsgipfel an, doch bei dem Treffen handelt es sich um ein Bund-Länder-Treffen ohne die Kommunen. "Wir fordern, dass wir mit am Tisch sind und es einen richtigen Flüchtlingsgipfel gibt, nicht nur eine Bund-Länder-Runde", sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, zu KOMMUNAL. Er fügte hinzu: "Bei so einem wichtigen Thema sollten Bund und Länder nicht über, sondern mit den Kommunen reden, denn ob wir die Migration bewältigen, entscheidet sich vor Ort."

Zuletzt waren die kommunalen Vertreter  mit  Innenministerin Nancy Faeser zusammengetroffen, sie forderten schon damals, dass Bundeskanzler Olaf Scholz mit ihnen über die brisante Lage berät. "Der Bundeskanzler wird hoffentlich seine ganze Gestaltungsmacht zugunsten der Kommunen einbringen - inhaltlich wie auch finanziell", sagte Gerd Landsberg in Hinblick auf die Beratungen.

Neustart in der Migrationspolitik gefordert

Der kommunale Spitzenverband fordert den Kanzler und die Ministerpräsidenten auf,  "einen Neustart in der Migrationspolitik" einzuleiten. Ein "Weiter" so dürfe es nicht geben. Dabei gehe es nicht nur um eine langfristige und nachhaltige Finanzierung kommunaler Ausgaben für Unterbringung, Integration, Kita und Schulplätze. Notwendig sei dringend eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen. Notwendig seien eine gerechtere Verteilung in Deutschland und Europa, ein besserer Schutz der Außengrenzen der EU sowie die konsequente Rückführung ausreisepflichtiger Menschen." Außerdem müsse der Druck auf die Herkunftsländer erhöhten werden, ihre ausreisepflichtigen Staatsbürger zurückzunehmen.

Oberbürgermeister warnt: Gesellschaftliche Akzeptanz nimmt ab

Die gesellschaftliche Akzeptanz werde "brüchiger", warnen Vertreter des Deutschen Städtetages. René Wilke, Oberbürgermeister von Frankfurt an der Oder, betont vor dem Flüchtlingsgipfel: "Der Druck auf die Städte ist enorm. Sie haben kaum noch Aufnahmekapazitäten und müssen Geflüchtete teilweise in Zelten oder Messehallen unterbringen. Populistische Kräfte versuchen, diese Situation für ihre Zwecke auszunutzen. Das muss ein Alarmsignal für alle politisch Verantwortlichen sein. Bund und Länder müssen deshalb für eine echte Entlastung der Städte sorgen."

 Flüchtlingsunterbringung überfordert Städte

Der Oberbürgermeister der Stadt an der deutsch-polnischen Grenze schildert die Nöte: "Es geht um Wohnungen, Kita- und Schulplätze. Und wir brauchen das Personal, das sich um Integrationsaufgaben kümmert und Anträge bearbeitet."

Die Städte stemmen den Großteil der Unterbringung und Integrationsarbeit vor Ort. Dafür brauchen wir aber Planungssicherheit und mehr Unterstützung."

René Wilke, Oberbürgermeister von Frankfurt an der Oder

Mehr als eine Million Menschen seien seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut einem Jahr aus der Ukraine nach Deutschland geflohen, so Wilke. Gleichzeitig steige die Zahl der Asylanträge von Menschen aus anderen Ländern wieder deutlich an. "Wenn sich der Trend der ersten drei Monate dieses Jahres fortsetzt, werden allein die fünf ostdeutschen Bundesländer 2023 mehr als 52.000 Erstanträge auf Asyl verzeichnen", erläutert der Oberbürgermeister. Die finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern für die Städte muss sich deshalb den steigenden Flüchtlingszahlen anpassen.“

Länder und Bund sollen Aufnahmekapazitäten ausbauen

Schon jetzt sei klar, dass die im vergangenen Jahr zusätzlich zugesagten Mittel des Bundes von 1,5 Milliarden Euro für die Geflüchteten aus der Ukraine und die verstetigte flüchtlingsbezogene Pauschale von 1,25 Milliarden Euro für dieses Jahr nicht reichen werden.  "Mit Geld allein ist den Städten aber nicht geholfen", sagte Oberbürgermeister Wilke. "Es gibt vielerorts praktisch keine kommunalen Gebäude und Flächen mehr, um Geflüchtete unterzubringen. Die Länder müssen ihre Aufnahmekapazitäten deutlich ausbauen und dauerhaft vorhalten. Aber auch der Bund muss in einem mit Ländern und Kommunen abgestimmten Konzept eigene Unterbringungskapazitäten zur Erstaufnahme schaffen."

Längst gehe es nicht mehr nur um finanzielle Unterstützung, sagte auch der Essener Oberbürgermeister und Vorsitzende des Städtetages in Nordrhein-Wesfalen, Thomas Kufen  der Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ): "Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung und auch die Rückführung von Menschen ohne Bleibeperspektive muss prominenter auf die politische Agenda gesetzt werden. Diese Erwartungshaltung gibt es bei vielen, die in der Kommunalpolitik Verantwortung tragen."