Geburtstag vor den Kommunalwahlen: Ein Tweet von Erlangens OB Florian Janik
Geburtstag vor den Kommunalwahlen: Ein Tweet von Erlangens OB Florian Janik
© twitter

Social Media Profile im Vergleich

Kommunalwahlen: Beobachtungen im Bayern-Wahlkampf

Drei amtierende Bürgermeister, drei sehr unterschiedliche Profile. Einer wird wiedergewählt, einer abgewählt, einer muss in die Stichwahl. Christian Erhardt nähert sich Erfolg und Misserfolg der Kandidaten über deren Profile in sozialen Medien. Spannende Beobachtungen zur Selbstdarstellung von Bürgermeistern.

Nein, eine Bürgermeisterwahl entscheidet sich definitiv nicht an der Darstellung der Kandidaten auf dem Nischenkanal Twitter. Und trotzdem sagen die Profile, die Kommunikation der Bürgermeister dort und deren Interaktion einiges aus. Die Analyse von drei Bürgermeistern ist daher schon sehr interessant. Zumal die drei Bürgermeister, die ich im Wahlkampf beobachtet habe, einiges gemeinsam haben. Alle drei setzten sich bei der letzten Wahl gegen jeweils amtierende Amtsinhaber durch, alle sind um die 40 Jahre alt.

Kommunalwahlen: Das sind die drei Kandidaten



Da wäre zunächst Thorsten Wozniak, 43 Jahre, Bürgermeister der Gemeinde Gerolzhofen. 320 Follower bei Twitter in einer Gemeinde mit 7000 Einwohnern. Gar nicht so schlecht. Bei den Kommunalwahlen am 15. März traute sich niemand mehr, gegen Wozniak anzutreten, er wurde entsprechend mit 84 % der Stimmen wiedergewählt. 

Anders erging es Raphael Bögge, 40 Jahre alt, Bürgermeister der Stadt Senden. Auch er rund 320 Follower bei Twitter, allerdings in einer Stadt mit 22.000 Einwohnern.  Bei der letzten Wahl wurde der parteilose von CSU und Grünen gemeinsam aufgestellt, dieses Mal stellte die CSU eine eigene Kandidatin auf, Bögge verlor die Wahl deutlich. 

Und dann ist da Florian Janisch, 39 Jahre alt, Oberbürgermeister in Erlangen. 1600 Follower, aber in einer Stadt mit 112.000 Einwohnern. Wie in vielen Großstädten gab es hier zahlreiche Kandidaten, nämlich acht. Janik gewann den ersten Wahlgang, verfehlte aber die absolute Mehrheit, muss in die Stichwahl. 

So geben sich die drei auf Twitter 

Doch das eigentlich spannende ist, was die drei Kandidaten unterscheidet. Thorsten Wozniak, der wiedergewählte Kleinstadtbürgermeister ist der Mann der Bilder bei Twitter. Seine Botschaften der vergangenen Wochen an seine Follower: „ein funktionierendes Gemeindeleben, ein Wahlkampf, der für Bürgergespräche genutzt wird, Servicetweets rund um das Coronavirus.“ Da heißt es in einem Tweet etwa: „120 bunte Eier hängen wieder an den Bäumen am Marktplatzbrunnen in Gerolzhofen. Bemalt von den Schülern der sechsten Klasse unserer Mittelschule, aufgehängt von frewilligen Helfern“. Dazu ein schönes, großes Foto. Wer etwas über das Gemeindeleben erfahren möchte, wird hier regelmäßig fündig. „Am Freitag finden die Sportlerehrungen der Stadt Gerolzhofen statt. Erstmals gibt es für die Kinder und Jugendlichen Medaillen aus Buchenholz, dazu Lanyard mit Gerolzhofen-Druck“, heißt es in einem anderen Tweet. Und wenn Wozniak mal politisch wird, dann mit einem großen Bild vom Wahlkampfstand und der kurzen Botschaft: „Stillstand ist keine Option. Wir bewegen Gerolzhofen“. Dazwischen auch immer wieder „private Tweets“ des 43 jährigen, etwa, wenn er das Bild des örtlichen Schwimmbads zeigt und dazu den kurzen Text: „Frühschwimmen im Schwimmbad Gerolzhofen“. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Kommunalwahlen

Ganz anders liest sich da das Profil von Raphael Bögge. Der 40 jährige hat es im Wahlkampf schwer, muss sich gegen eine CSU Bewerberin durchsetzen, wird „nur“ noch von einer örtlichen Bürgergruppe unterstützt. Private Informationen finden seine Follower hier vergebens. Der im Münsterland groß gewordene Bögge hat in Senden keinen „Einheimischenbonus“, muss anders punkten, setzt voll und ganz auf seine Erfolge als Bürgermeister. Ein typischer Tweet, der in ähnlicher Form seit Wochen sein Profil dominiert: „Versprochen, geplant, umgesetzt. Vor sechs Jahren habe ich die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft für Senden vorgeschlagen. 2017 hat der Stadtrat die Gründung beschlossen. Seitdem sind 59 Wohnungen entstanden.“ Bögge zählt einen Erfolg seiner Amtszeit nach dem anderen auf. Auffällig: Bilder finden sich auf seinem Twitter Profil überhaupt nicht. Nahezu alle Tweets verweisen auf sein Instagram-Profil, viele Texte sind aufgrund der kurzen Zeichenzahl bei Twitter nicht komplett zu lesen, enden mitten im Satz. Wer Informationen will, muss zwangsläufig dem Link auf Instagram folgen. Eine persönliche Note fehlt auch in den Tweets, die nicht von Instagram stammen, etwa: „Immer aktuelle Informationen zur Situation rund um den Coronavirus finden Sie auf der Homepage der Stadt Senden“. Dann der Link zur Stadthomepage. Fast 3000 Tweets dieser Art hat Bögge in den letzten Jahren abgesetzt. 

Kommunalwahlen Bögge

Das Muster ist durchaus vergleichbar mit dem Twitter Profil von Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik. Rund 2500 Tweets, keine Bilder, fast alle Tweets verweisen auf Instagram. Dafür hagelt es eine Flut sogenannter Hashtags, #erlangen fehlt faktisch in keiner Meldung. Die Botschafen, anders als bei Raphael Bögge extrem kurz: „Die Wahllokale sind geöffnet“, hießt es da morgens am Wahltag, leicht ironisch am gleichen Tag der Tweet „Wählen mit dem Lieblingsstift“, eine Andeutung auf die Besonderheit, dass in den Wahlkabinen wegen der Angst vor dem Coronavirus viele ihre eigenen Kugelschreiber mitbrachten. Dazu aber auch persönliche Tweets, etwa: „Was Schönes zwischendurch aus den heutigen Mails von Bürgern: Blühende Krokusse entlang des Adenauer Rings“. Wer das Bild sehen will, muss aber wieder zu Instagram wechseln. Der Blick auf die Bilder lohnt sich bei Janik jedoch, etwa zu seinem Geburtstag am 6. März als er twittert: „Ein schöner Start in das neue Lebensjahrzehnt“, versehen mit einer Reihe von Smileys. Das Bild bei Instagram zeigt dann vier Geburtstagskerzen, die gerade ausgepustet werden, während der Kuchen schon komplett verspeist ist. 

Kommunalwahlen Janik

Welchem Kandidaten wären Sie vor der Kommunalwahl am liebsten gefolgt? Christian Erhardt legt sich fest 

Drei Bürgermeister, drei sehr unterschiedliche Kommunikationstypen. Welchen Einfluss die Profile auf den Wahlerfolg haben, mögen andere entscheiden. Persönlich freue ich mich aber vor allem, Thorsten Wozniak weiter als Bürgermeister folgen zu dürfen. Hier habe ich am ehesten den Eindruck, einem Bürgermeister nahe zu kommen und gleichzeitig alles Wichtige aus der Gemeinde zu erfahren! 

Kommunalwahlen Wozniak
Viele Bilder, wenige Worte, klare Aussage, viel Privates und doch alles Wichtige aus dem Gemeindeleben: Der Twitter-Favorit von Christian Erhardt