Hühner
Wo ehemals Hühner lebten, treffen sich jetzt die Jugendlichen.
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Jugendkultur

Vom Hühnerstall zum Jugendclub – eine kreative Verwandlung

Im Erzgebirge hat eine Gruppe Jugendlicher mit handwerklichem Geschick und Kreativität ihren eigenen Treffpunkt gebaut. Aus einem ehemaligen Hühnerstall wurde ein Jugendclub – unterstützt durch die kommunale Jugendarbeit.

Eine gute Idee, Engagement und Durchhaltewillen – das waren die Zutaten für eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte im Erzgebirge, bei der Jugendliche einen ehemaligen Hühnerstall zu ihrem neuen Jugendclub verwandelt haben. Begleitet wurden sie dabei vom örtlichen Kreisjugendring und zahlreichen Helfern aus der Region. Mittlerweile ist der in Stand gesetzte Bauwagen rege im Einsatz und weitere Umbaupläne sind bereits vorhanden.

Ehemaliger Hühnerstall als neuer Jugendtreff

Jugendliche brauchen Treffpunkte, Rückzugsorte und Spielbereiche. All das vermissten 2020 ein paar Freunde im kleinen Ort Drebach im Erzgebirge, die sich seit der gemeinsamen Grundschulzeit immer mehr aus den Augen verloren hatten. So waren sie auf der Suche nach einem eigenen Treffpunkt für Vierzehn- bis Sechzehnjährige, an dem sie regelmäßig zusammen kommen konnten. Möglichst ungestört und frei wollten sie dabei sein, also niemanden stören und selbst nicht gestört werden.

Schließlich entdeckten sie bei einer Radtour auf einem Bauernhof einen alten Bauwagen, der früher einmal als Hühnerstall benutzt worden war. Eine Idee entstand und die Vision eines Jugendtreffs in den Wänden eines ehemaligen Hühnerstalls: So halfen die Jugendlichen dem Bauer den Sommer über am Hof, im Gegenzug schenkte der Landwirt den Jugendlichen den alten Bauwagen und transportierte ihn mit dem Traktor nach Drebach auf das Privatgelände einer der Familien der Jugendlichen.

Umfangreiche Sanierung nötig

Doch bis zum Jugendtreff war es ein langer Weg: „Der Bauwagen war in einem sehr schlechten Zustand und musste kernsaniert werden“, erzählt Oliver Seidel, der für den Kreisjugendring Erzgebirge im Bereich flexibles Jugendmanagement arbeitet und das Projekt intensiv begleitet hat. Vom Ausmisten über das Entkernen und die Entfernung der maroden Teile bis hin zum Anbringen neuer Holzbalken wurde die Hauptarbeit von den Jugendlichen selbst übernommen, in Folge wurde mit Unterstützung örtlicher Firmen der Innenausbau vorangetrieben samt Einbau einer neuen Elektrik und eines Laminatbodens.

Förderung durch „RE:Start Jugendräume“

Für die Instandsetzung des Bauwagens haben die Jugendlichen eine Förderung in Höhe von 1.500 Euro durch das Programm „RE:Start Jugendräume“ erhalten, das von der Sächsischen Jugendstiftung 2022 im Rahmen des Aktionsprogrammes „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ und in Kooperation mit dem Landjugend Sachsen e.V. ausgerufen worden war. „Jugendräume schaffen – erhalten – wiederbeleben – stärken“ war das Motto des Programms, beim Projekt in Drebach wurde es praktisch umgesetzt. Ergänzt wurde die Fördersumme durch Spenden und Hilfe durch die Bevölkerung aus der Region. „Hier lief vieles Hand in Hand und die Familien der Jugendlichen haben ebenso mitgeholfen wie die Bürger Drebachs und regionale Firmen“, sagt Seidel.

Unterstützung durch den Kreisjugendring

An den Kreisjugendring gelangte das Projekt über den örtlichen Jugendsozialarbeiter in Drebach und wurde bald von Seidel übernommen. Im Laufe des Prozesses war der Mitarbeiter mit den Jugendlichen regelmäßig im Austausch und hat die motivierten Handwerker vor Ort besucht und bei ihrem Vorhaben unterstützt. Eine wesentliche Unterstützung lag dabei auf der Begleitung beim Beantragen von Fördermitteln. Zudem wurde zum Beispiel ein Bus organisiert, um das benötigte Material im Baumarkt zu kaufen. Dabei betont Seidel: „Die Jugendlichen waren bei allem mit dabei und es waren ihre Ideen, ihre Arbeit und ihre Konzepte, die wir dann unterstützt und begleitet haben“.

Gruppe bei Einweihung des Bauwagens
Bei der Eröffnungsfeier des neuen Jugendtreffs: v.l.n.r.: Jens Haustein – Bürgermeister der Gemeinde Drebach, Nick Seidel & Clemens Förster – Jugendtreff „Hühnerwagen Drebach“, Oliver Seidel – Kreisjugendring Erzgebirge e.V., Rico Anton – Landrat des Erzgebirgskreises.

Bauwagen umgebaut

Mittlerweile ist der Umbau abgeschlossen, der Bauwagen ist winterfest und kann genutzt werden. Strom, Licht und Heizung wurden installiert, im Innenraum befindet sich ein kleiner Ofen, ein Sofa, eine Holzbar, Sessel und Decken. „Die Jugendlichen treffen sich hier regelmäßig zum Chillen und zum Klönen, machen Grillfeste und sitzen um die Feuerstelle herum“, erzählt Seidel. Im November 2022 gab es eine große Einweihungsfeier, zu der auch Landrat Rico Anton und Bürgermeister Jens Haustein kamen. „Das haben die Jugendlichen als große Wertschätzung empfunden“, so Seidel. Sie seien sehr stolz auf ihr Projekt. „Sie sind Feuer und Flamme für ihren neuen Treffpunkt – das ist ein kleines Heiligtum für sie“, sagt der Mitarbeiter. So sind heute rund 20 Jugendliche im Alter von 13 bis 17 Jahren rund um den Bauwagen aktiv und schmieden bereits neue Pläne.

Demokratische Prozesse und Selbstwirksamkeit erfahren

Auch wenn am Ende ein einfacher Jugendtreff steht – die Umgestaltung des Bauwagens war aus Sicht von Seidel weit mehr. So fanden während der Umbauphase etliche demokratische Prozesse statt, schließlich gab es immer wieder etwas abzustimmen und kreative Lösungen zu finden. Dabei hätten die Jugendlichen intensiv erlebt, wie sie mit Kreativität, Beharrlichkeit und Gemeinschaftssinn etwas Nachhaltiges auf die Beine stellen können. „Die Jugendlichen haben gezeigt: Sie wollen mitgestalten, sind engagiert und übernehmen Verantwortung – das hat eine Wirkung über dieses Einzelprojekt hinaus."

Neue Ziele für 2023

Die größten Bauarbeiten sind fürs Erste abgeschlossen  – die Jugendlichen haben längst Ideen für die weitere Verschönerung ihres neuen Treffs. So sollen im Frühjahr die Grünanlagen um den Bauwagen herum hergerichtet werden, außerdem planen die Jugendlichen die Anlegung einer Terrasse und eine Überdachung des Eingangsbereichs. Dabei können sie sich schon jetzt der Unterstützung des Kreisjugendrings sicher sein, wie Seidel sagt. „Wir bleiben dran und helfen auch in Zukunft“, verspricht Oliver Seidel.

Fotocredits: Landratsamt Erzgebirgskreis – Fachstelle Ehrenamt