interkommunale Zusammenarbeit im Bereich Feuerwehr, Schwimmbad und Verkehr
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Voller Erfolg: interkommunale Zusammenarbeit

Erfahren Sie hier, wie Kommunen herausfinden, in welchen Bereichen sie mit den Nachbarkommunen zusammenarbeiten können - und wieso sich die Kooperation nicht nur für große sondern auch für kleine Städte lohnt

Egal, ob Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Brandenburg oder ein anderes Bundesland: Hierzulande kommt man um die interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) nicht mehr herum. Unter der IKZ versteht man die Kooperation zwischen Städten und Gemeinden in bestimmten Themenbereichen, wie etwa der Feuerwehr, dem Tourismus, Klimaschutz oder Verkehr. In den letzten Jahren sind interkommunale Zusammenarbeiten beliebter geworden. Und trotzdem gibt es immer noch Städte und Gemeinden, die entweder gar nicht kooperieren, oder solche, die sich in ihrer Zusammenarbeit nur auf wenige Themen beschränken.

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Wer der IKZ jedoch keine Chance gibt oder sie nicht richtig nutzt, verschwendet Potential. Denn sie hat viele Vorteile: Sie stärkt die Leistungsfähigkeit der Kommunen, verbessert ihre Wettbewerbsfähigkeit und spart häufig Kosten sowie Personal. Viele Experten bezeichnen die IKZ deshalb auch als Alternative zu den umstrittenen Gemeindegebietsreformen. Denn sie erlaubt es Kommunen, bei Problemen wie etwa dem Bevölkerungsrückgang, dem Fachkräftemangel oder chronischer Finanznot zusammenzuarbeiten - ohne die kommunale Selbstverwaltung aufgeben zu müssen.

Interkommunale Zusammenarbeit bei der Feuerwehr und der Gebührenkalkulation

Wie eine Kooperation entstehen kann, erklärt Georg Gelhausen, der Bürgermeister der 10.000 Einwohner-Gemeinde Merzenich (Kreis Düren) in Nordrhein-Westfalen: „Angefangen hat alles im Jahr 2016, als uns ein Mitarbeiter in der Verwaltung gefehlt hat und wir die Stadt Kerpen (Kreis Rhein-Erft) nach Unterstützung gefragt haben. Im Gegenzug dafür haben wir angeboten, die Gebührenkalkulation für Kerpen zu übernehmen. Nachdem die beiden Kreise der Kooperation zugestimmt hatten, ging es los.“

Und da die IKZ zwischen den beiden funktionierte, weiteten sie die Zusammenarbeit aus. Sie richteten eine gemeinsame Krisenstabsstruktur ein, die sich insbesondere in den letzten Tagen bewährt hat. Denn Merzenich und Kerpen liegen im Bereich des Hambacher Forsts, der in den letzten Wochen Schauplatz von Auseinandersetzungen zwischen Umweltschützern und Braunkohle-Anhängern war. Demonstranten stürmten den Wald, besetzten Gleise und verletzten sich selbst. Polizei und Feuerwehr waren ständig im Einsatz. In den Kommunen herrschte Ausnahmezustand.

„Die Verwaltungs- und Feuerwehrleute aus Merzenich haben die Stadt Kerpen personell unterstützt. Zusätzlich wurde jeden Tag eine gemeinsame Lagebesprechung abgehalten“, erklärt Georg Gelhausen.

Merzenich und Kerpen – diese IKZ ist ein tadelloses Beispiel dafür, dass nicht nur große Kommunen kleinen helfen können, sondern dass es auch anders herum funktioniert.

Sie ist aber auch ein Beispiel dafür, dass eine interkommunale Zusammenarbeit auch über zwei Kreisgrenzen hinweg möglich ist.

Herausfinden in welchem Bereich man zusammenarbeiten kann!

Auf den Erfolg mit Kerpen folgten deshalb bald weitere Kooperationen mit anderen Kommunen. Um aber überhaupt herauszufinden, in welchen Themenbereichen Bedarf für eine IKZ bestand, wurde im Vorhinein eine Befragung unter den Städten und Gemeinden durchgeführt. Das Ergebnis: Viele Kommunen wünschten sich Unterstützung bei der fehlerfreien Gebührenkalkulation. „Die Rechtsprechung ändert sich ständig und die Kalkulation verschlingt viel Zeit, Mitarbeiter und Geld. Da sich die meisten Kommunen aber kein zusätzliches Personal leisten können, macht es gerade für kleinere Städte und Gemeinden Sinn, Wissen mithilfe einer IKZ zu bündeln“, weiß Bürgermeister Gelhausen aus der Erfahrung zu berichten.

interkommunale Zusammenarbeit in Merzenich
Bürgermeister Georg Gelhausen bezeichnet sich selbst als "Wiederholungstäter" wenn es um die interkommunale Zusammenarbeit geht

Gerade für kleinere Städte und Gemeinden macht es Sinn, Wissen mithilfe einer IKZ zu bündeln

Georg Gelhausen

Nebst Gebührenkalkulation arbeitet Merzenich auch bei der Beschaffung und Vergabe mit Nachbargemeinden zusammen. Denn der ständige Vergleich von Tagespreisen bestimmter Produkte, wie etwa Papier, kostet enorm viel Zeit. Bei einer IKZ jedoch kann diese Aufgabe von einer einzigen Kommune übernommen werden. Bei Vergabeverfahren hingegen kann eine IKZ helfen, die Qualität der Ausschreibungen zu verbessern, die Verfahrensdauer zu beschleunigen und die Rechtssicherheit zu erhöhen.

Mit einer Interkommunalen Zusammenarbeit Geld sparen - für das städtische Schwimmbad

Die 14 Städte und Gemeinden des Kreises Groß-Gerau und der Kreis Groß-Gerau haben ebenfalls unterschiedliche Themenfelder in interkommunaler Kooperation bearbeitet.

Hierzu gehören unter anderem die Gründung eines kommunalen Vergabezentrums, das E-Government, die Klärschlammverwertung, das Streusalzmanagement, des elektronischen Rechnungsworkflows und die Aktivierung von Wohnraumpotenzial.

Das mit Methoden des Projektmanagements organisierte Vorgehensmodell gilt landesweit als beispielhaft. 12 Kommunen und 11 kommunale Unternehmen des Kreises kaufen außerdem zusammen Strom und Gas ein.

Und das Ergebnis lässt sich sehen: Die Gesamteinsparung der interkommunalen Zusammenarbeit beläuft sich auf rund 4,5 Millionen Euro in den Jahren 2016 und 2017.

Zusätzlich haben die drei Städte des Kreises Groß-Gerau - Rüsselsheim, Raunheim und Kelsterbach – ihre Friedhofsverwaltungen zusammengelegt und dadurch insgesamt 44 Prozent der Kosten eingespart. Für die Stadt Raunheim belaufen sich die Einsparungen sogar auf 74 Prozent.

Geld sparen durch eine interkommunale Zusammenarbeit

Raunheim will die IKZ deshalb auch auf weitere Bereiche, wie etwa die Bäder, ausweiten: „Der Betrieb solcher Einrichtungen verläuft im Wesentlichen gleich, weshalb die Aufgabe statt von zwei, auch von einer Kommune übernommen werden kann.

In Zukunft soll deshalb das Raunheimer Schwimmbad von Rüsselsheim mit verwaltet werden. Hierdurch sparen wir Kosten und können das Bad wirtschaftlicher betreiben“, weiß Marion Götz, die Fachbereichsleiterin für zentrale Dienste und Finanzen bei der Stadt Raunheim, die auch Leiterin der IKZ-Lenkungsgruppe im Kreis ist.

Kleinere Kommunen wie Luckenwalde in Brandenburg arbeiten häufig auch im Verkehrsbereich zusammen: „Wenn wir als ländlicher Raum nicht abgehängt werden wollen, sollte die Mobilität nicht an irgendwelchen Stadtgrenzen aufhören. Deshalb arbeiten wir eng mit den umliegenden Großstädten wie Berlin oder Potsdam zusammen, wenn es um den ÖPNV oder den Radverkehr geht“, erklärt Peter Mann, Amtsleiter des Stadtplanungsamt Luckenwalde.

Eine Grundsatzfrage, die sich vielen stellt, bleibt jedoch: Was ist zwingende Voraussetzung dafür, dass eine IKZ funktioniert? „Dass die Chemie zwischen den Bürgermeistern stimmt“, antwortet Bürgermeister Gelhausen. „Sympathie ist wichtig, damit Bürgermeister und Landräte die Motivation zur Zusammenarbeit an die Verwaltungsmitglieder weitergeben können.

Gleichzeitig sollte die IKZ aber auch immer auf Augenhöhe stattfinden – selbst wenn es einen großen und einen kleinen Partner gibt“, erklärt Gelhausen. Neben diesen Faktoren setzt der Bürgermeister auch auf eine geografische Zusammengehörigkeit. In Raunheim rät man unabhängig davon zu einer strukturierten und systematischen Vorgehensweise. „Dabei ist es sinnvoll, dass eine Stelle den Hut aufhat und die vielfältigen Handlungsstränge koordiniert“, berichtet Marion Götz. „IKZs sind in der Vergangenheit aber auch zuweilen gescheitert, wenn Verwaltungen lange Zeit an einem Konzept gearbeitet haben, die Gremien bis zum Schluss nicht eingebunden waren und es dann zum Ende hin plötzlich hieß, dass diese das Projekt schnellstmöglich umsetzen müssen“, weiß Götz. Da die Kommunikation somit ein weiterer Erfolgsfaktor der IKZ ist, treffen sich die Stadtoberhäupter im Kreis Groß-Gerau ebenso wie in Merzenich mehrmals im Jahr. Bei den Treffen werden Projektstände, Probleme, Verzögerungen oder Fragen direkt angesprochen.

Auch von Njema Drammeh