In Ingelheim fahren die öffentlichen Busse schon bald mit Ökostrom
Neuer e-Bus für den Öffentlichen Nahverkehr vor der Ingelheimer Burgkirche
© Stadt Ingelheim

Klimaschutz

Klimaschutz: Ingelheim setzt auf E-Mobilität und Kreativität

Bremsen geopolitische Erdbeben und die Sorge um die Energiesicherheit hierzulande den Klimaschutz aus? Ganz bestimmt nicht in Ingelheim. Die Stadt im Landkreis Mainz-Bingen lässt sich einiges einfallen: E-Busse, kostenlose Tickets, KlimaWerkstatt, eine eigene Messe und Bedienstete, die mit gutem Beispiel vorangehen.

Künftig rollen im Öffentlichen Nahverkehr der Stadt Ingelheim acht e-Busse durch die Straßen. Dafür wurden auf dem Abstellplatz der Busse acht Ladepunkte errichtet - in gerade einmal sieben Monaten. Schon vor Weihnachten wurden vier in Betrieb genommen und erfolgreich auf Praxistauglichkeit getestet. "Ein weiterer lädt nur zu 80 Prozent, da sind wir noch auf Fehlersuche", sagt Christiane Döll, Beigeordnete der Stadt. Anfang Juli 2022 soll das komplette Netz mit 145 Haltestellen von e-Bussen angefahren werden, ausgenommen zu den Schulfahrtzeiten. In diesen wenigen Stunden morgens und abends verstärken die Dieselbusse den Öffentlichen Nahverkehr. 4,724 Millionen hat sich die 36.000-Einwohner-Stadt die neuen e-Busse kosten lassen. "Von der Gesamtfahrleistung - knapp 628.000 km pro Jahr - werden zukünftig fast 574.000 Kilometer mit Öko-Strom abgewickelt", erklärt Christiane Döll stolz.  

Neue Öffi-Kunden durch kostenlose Tickets

Auch die Nachtschwärmer können sich freuen. Seit 1. März  können Bürgerinnen und Bürger und natürlich Touristen Bus und Bahn mit dem sogenannten e-Ticket sogar unentgeltlich nutzen: montags bis donnerstags von 21 bis 4 Uhr, freitags ab 18 Uhr und am Wochenende sowie an Feiertagen sogar ganztags. Eine eigens dafür spezialisierte App erleichtet den Passagieren die Nutzung: Sobald die App gestartet wird - verfügt der Nutzer, die Nutzerin über eine gültige Fahrkarte. Abgerechnet wird erst an der Zielhaltestelle. Ein Service, der den Öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen und nach Abschluss der Pilotphase auch in die Region ausgedehnt werden soll. Für die ursprünglich in der Schweiz entwickelten App hat die Stadt noch einmal 160.000 in zwei Jahren in die Hand genommen. "Als neue Zielgruppe haben wir die Pkw-Nutzer in der Stadt ins Auge gefasst. Unsere Vision ist es, dass die Familien mittel- und langfristig den Zweit- und Dritt-PKW abmelden. Allein für den März haben wir errechnet, dass von 510 Fahrten 327 Fahrten in den kostenlosen Zeiten stattfanden", unterstreicht Christiane Döll.  

Klimaschutz und Photovoltaik: neue Förderrichtlinie

Im Februar hat Ingelheim zudem eine neue Förderrichtlinie für Photovoltaikanlagen beschlossen. Rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres fördert die Kommune die Anschaffung von PV-Anlagen für Privatpersonen mit eigener Immobilie sowie für Unternehmen, Organisationen, Vereinen, Wohnungsbau- und Bürgerenergiegenossenschaften mit Sitz im Ingelheimer Stadtgebiet. „Allen bieten wir mit der neuen Richtlinie eine attraktive Förderung von PV-Anlagen auf und an ihren Gebäuden. Mit Solar-Batteriespeichern, die ebenfalls gefördert werden, kann der tagsüber produzierte Strom zudem gespeichert und nachts zur Aufladung eines e-Autos verwendet werden“, erläutert die Umwelt- und Klimaschutzdezernentin  und sieht weitere Vorteile: „Mit einer eigenen PV-Anlage können unsere Bürgerinnen und Bürger sich von steigenden Strompreisen abkoppeln. Gleichzeitig werden die Antragsteller und Antragsstellerinne Teil der Energiewende und reduzieren so ihren persönlichen CO2-Fußabdruck!“

KlimaWerkstatt: Impulse und Kritik erwünscht

Keine CO2-neutrale Stadt ohne die Bürgerinnen und Bürger: In Ingelheim setzt die Kommune konsequent nicht nur auf Wissensvermittlung, sondern auch auf Dialog. In der Klima-Werkstatt, die coronabedingt erst am 2. Mai Eröffnung feiern wird, werden Besucher über Förderprogramme und kommunale Klimaschutzmaßnahmen der Kommune informiert. Geplant sind zudem wechselnde Ausstellungen, die Wissen über den aktuellen Stand der Klimaforschung transportieren und gleichzeitig die Besucherinnen und Besucher zum Nachdenken über die eigenen Möglichkeiten zum Klimaschutz im Alltag anregen. Anregungen und Kritik? Ausdrücklich erwünscht.     

Besichtigung der Klimawerkstatt: Dr. Christiane Döll (Beigeordnete und Klimaschutzdezernentin), Daniel Diehl (Projekt KlimPraxIng), Elisa Michel-Karacic (Klimaschutzmanagerin), Georg Leufen-Verkoyen (Klimaschutzmanager) und Roland Beek (Leiter des Umwelt- und Grünflächenamtes). Am 02. Mai wird die KlimaWerkstatt dann auch für Besucher geöffnet
Daumen hoch für die KlimaWerkstatt: v.l.n.r Christiane Döll (Beigeordnete und Klimaschutzdezernentin), Daniel Diehl (Projekt KlimPraxIng), Elisa Michel-Karacic (Klimaschutzmanagerin), Georg Leufen-Verkoyen (Klimaschutzmanager) und Roland Beek (Leiter des Umwelt- und Grünflächenamtes)

Großer Erfolg: die Aktion Klimacoach 

Bei all ihren Maßnahmen gehen auch die städtischen Angestellten mit gutem Beispiel voran. Vor drei Jahren veranstaltete die Kommune in Zusammenarbeit mit der Energieagentur Rheinland-Pfalz den sogenannten Klima-Coach-Wettbewerb. Vom 6. Februar bis zum 6. März 2019 erwarben die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung zunächst umfangreiches "Klimawissen", bevor sie in acht Teams gemeinsam zum CO2-Sparen antraten. Eine einzige Mitarbeiterin erreichte - durch den Umstieg vom Auto in den Öffentlichen Nahverkehr alleine 465 kg CO2-Einsparung. Mit Hilfe des Onlinetools "Klimacoach" der Energieagentur konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jederzeit nachverfolgen, welche Umstellungen im eigenen Verhalten welche Einsparungen möglich macht. Innerhalb eines Monats sparten alle Teams gemeinsam 2.800 kg CO2 ein. Dies entspricht - so die Energieagentur - etwa der Menge Kohlendioxid, die eine einzelne Buche in 230 Jahren aufnimmt. 

Klimaschutz: So soll es weitergehen

Aber damit ist in Ingelheim in Sachen kreativer Klimaschutz noch lange nicht am Ende. Vom 20. bis zum 22. Mai findet in der Stadt am Rhein eine Nachhaltigkeitsmesse mit einer angeschlossen Klimaschutz-Woche statt. Neben Angebote für Bürgerinnen und Bürger gehören Fachtagungen für kommunale Entscheidungsträger zum Programm. Zusätzlich wird die Anschaffung von Lastenfahrrädern in der Stadt gefördert. Angedacht ist zudem ein sogenanntes Agri-PV-Programm. In Zusammenarbeit mit den heimischen Landwirten und Weinbauern sollen Photovoltaikanlagen über Anpflanzungen errichtet werden, die nicht nur Strom erzeugen, sondern auch sonnenempfindliche Pflanzen vor zu viel Hitze und Hagelschlag schützen. Christiane Döll: "In Deutschland gibt es so eine Anlage über Weinbergen bislang gar nicht, da wollen wir Vorreiter sein. Das Interesse der so oft als konservativ bezeichneten Landwirte ist jedenfalls riesig." Aus Ingelheim wird in Sachen Klimaschutz also noch einiges zu erwarten sein.      

Fotocredits: Stadt Ingelheim