Eine junge Frau macht Online Werbung für Geschäfte der Stadt
Eine junge Frau macht Online Werbung für Geschäfte der Stadt

Wenn Influencer die Innenstadt wiederbeleben

Viele stationäre Einzelhändler leiden unter der Digitalisierung. Das hat auch die Stadt Hof erkannt – und setzt seit ein paar Monaten auch auf eine Influencerin, die in den Sozialen Medien die Hofer Läden bewirbt.

In einem Online-Artikel berichtete KOMMUNAL über die Stadt Hof, die mithilfe einer Influencerin den Einzelhandel ankurbeln will. Die Reaktionen auf die Idee waren überwältigend. Ein Zeichen für uns weiter nachzuhaken und zu fragen, ob es sich bei der Kooperation um ein langfristiges Projekt handelt, was die Händler dazu sagen und was die Stadt für die Zukunft plant. 

Bloggen für die Innenstadt 

Seit drei Jahren arbeitet Debora Fikentscher als Bloggerin. Im Januar begann ihre Arbeit für die Stadt Hof. Seitdem bestückt sie den Hofer Blog www.einkaufen-in-hof.demit Fotos und Texten und macht auf Instagram Werbung für die kleinen Läden in der City. Und das Projekt sorgt bundesweit für Aufsehen: „Uns haben sehr viele Kommunen kontaktiert, die mehr über die Zusammenarbeit erfahren wollten“, erklärt Rainer Krauß, Pressesprecher der Stadt. Und auch in der eigenen Stadt ist der Zuspruch hoch: „Die Händler merken, dass wir mit der Online-Strategie eine hohe Aufmerksamkeit erfahren und wieder mehr junge Kunden in die Innenstadt locken“, erklärt die Influencerin. Für ihre Arbeit setzt Fikentscher vor allem auf gute Fotos, lebendige Texte und Hintergrundinformationen zu den Läden. Dabei berichtet sie keinesfalls nur über Klamottenläden, sondern auch über Möbel-, Elektro- oder Gastronomie - Geschäfte.

Mit der Influencerin hat der Hofer Blog in 5 Monaten rund 3400 Follower in den sozialen Netzwerken gewonnen. Eine ordentliche Zahl, wenn man bedenkt, dass Hof nur 47.000 Einwohner hat. „Wenn ich ein Outfit poste, ist es manchmal innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Außerdem merke ich im Alltag, dass sehr viele Hofer ihre Stadt gar nicht richtig kennen und die Stadt noch großes Potential hat. Ein Beispiel dazu: Vor ein paar Wochen habe ich ein Foto gepostet, auf dem ich ein Kleid trage, das es in einem Hofer Laden zu kaufen gibt. Daraufhin haben mich sehr viele Follower angeschrieben und gefragt, wo denn der Laden sei, weil sie ihn noch nie gesehen haben. Dabei gibt es ihn seit über 50 Jahren!“, erklärt Fikentscher und freut sich über den kleinen Erfolg.

Praktische Tipps aus dem Babygeschäft beleben die Innenstadt

Und auch die Store-Managerin von Babyloft, einem Babyfachgeschäft in Hof, hat gute Erfahrungen mit Fikentscher gemacht: „Debora hat nicht nur wunderschöne Fotos von Babyloft gemacht, sondern auch praktische Tipps für den Social-Media-Auftritt gegeben. So hat sie mir erklärt, welche Hashtags ich unter die Posts setzen muss, um mehr Menschen zu erreichen. Dass ich meine Posts zielgruppenspezifischer aufbereiten muss und in welchen Regionen ich gezielt Werbung schalten kann“, erzählt Jutta Hager. Die Store-Managerin will in Zukunft weiter auf Social Media setzen: „Mit einer Anzeige in einer Tageszeitung erreiche ich keine jungen Menschen mehr. Die lesen kein Print, sondern hängen Tag und Nacht am Handy. Langfristig will ich mich deshalb auf Instagram fokussieren. Da bin ich natürlich froh, wenn mir jemand gute Tipps gibt.“ Und die Ratschläge der professionellen Bloggerin kommen auch bei den Kunden gut an: Viele haben Babyloft erst durch Fikentschers Arbeit entdeckt.

Auch Pressesprecher Rainer Krauß bekommt gutes Feedback: „Wir haben den Vertrag in Absprache mit dem Handel nun um ein weiteres Jahr verlängert, sehen also definitiv Zukunftspotential in der Kooperation. Nichts desto trotz weiß ich, wie viele Kommunen an dem Projekt interessiert sind. Deshalb ist es mir wichtig zu betonen, dass wir den Einzelhandel unserer Stadt nicht komplett auf die Schultern einer einzelnen Person legen, sondern sie mit weiteren Maßnahmen unterstützen“, erklärt Rainer Krauß. 

Konkret heißt das, dass die Idee mit der Bloggerin nur ein Mosaikstein eines großen Maßnahmenpaketes ist. So werden mit einem Rathausanbau, einer neuen Volkshochschule und einem Sportzentrum drei Einrichtungen geschaffen, die weitere Frequenz in die Innenstadt bringen sollen. Parallel soll ab Ende des Jahres ein neues Einkaufszentrum samt modernem Busbahnhof entstehen. Zudem sollen umfangreiche Beratungsangebote wie ein digitales Gründerzentrum entstehen. Rainer Krauß: „Wir sehen, dass sich viele etablierte Händler durchaus mit den neuen, digitalen Zeiten schwer tun, den längst stattfindenden Wandel unterschätzen oder sich ihm schutzlos ausgesetzt fühlen.“ Klar ist: Es genügt nicht mehr eine gepflegte Website mit Onlineshop zu haben. Heute geht es darum, sich seinen Google-Business-Eintrag zu sichern, die Findbarkeit in den Suchmaschinen zu optimieren, immer wieder interessante Inhalte für die sozialen Medien zu generieren, diese über die richtigen Hashtags an die Zielgruppen zu bringen und Kunden für sich zu begeistern sowie sie zu binden. All das versucht die Stadt Hof den Händlern zu vermitteln.

Im Hofer Kernstadtkonzept 2020 geht es darüber hinaus auch um bauliche Veränderungen der Innenstadt, um neue Mobilitätskonzepte und um die Parkraumkonzepte der Zukunft. 

Bloggerin Debora Fikentscher gibt zwar selbst keine Worskshops, unterstützt die Händler aber mit ihrer Expertise direkt vor Ort. Trotz guter Ergebnisse will sie sich aber keine Illusionen machen: „Ich werde niemals verhindern können, dass Menschen online shoppen gehen. Aber ich kann mit meiner Arbeit mehr Menschen in die Innenstadt zu ziehen.“ 

Auch von Njema Drammeh