Büsum Strand bei Zweitwohnbesitzern beliebt
Büsum an der Nordsee - als Zweitwohnbesitz beliebt.
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Corona-Regeln

Zur Abreise vom Zweitwohnsitz gezwungen

Ein Rentnerehepaar mit Zweitwohnsitz bei Büsum an der Nordsee wird zur Abreise gezwungen - und das trotz Corona-Infektion. Die aktuelle Meldung erinnerte an die aufgeheizte Zeit aus dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020. Damals mussten Besitzer eines Zweitwohnsitzes in an der Küste in Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern ihre eigenen Wohnungen und Häuser zwangsweise verlassen. Was steckt hinter der aktuellen Meldung? KOMMUNAL fragte beim Landkreis Dithmarschen nach.

Diese Geschichte macht aktuell Schlagzeilen: Ein älteres Paar aus Baden-Württemberg lässt sich während seines Aufenthalts an seinem Zweiwohnsitz bei Büsum im Landkreis Dithmarschen auf Corona testen und wird nach einem positiven Ergebnis nach Hause geschickt. Das Zuhause liegt 800 Kilometer weit von der Küste entfernt - im Süden der Republik. Wie kann das sein - im doppelten Sinn? Müssen Zweitwohnbesitzer im aktuellen Lockdown doch wieder abreisen? Und das auch noch mit einer attestierten Corona-Infektion?

Streit um Zweitwohnsitz in Niedersachsen und  Mecklenburg-Vorpommern

Viele denken zuerst wohl an die Zeit des ersten Lockdown. Im Frühjahr 2020 wurden Besitzer eines Zweitwohnsitzes an der Küste in Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern gezwungen, wegen der Corona-Pandemie ihre eigenen Wohnungen und Häuser zu verlassen. Sie durften nicht mehr zu ihrem Zweitwohnsitz reisen und protestierten empört dagegen. Auch in anderen deutschen Urlaubsregionen war dies der Fall. Die Rede war mancherorts sogar von einer Vertreibungsjagd durch Einheimische.

Klagen von Zweitwohnbesitzern in Brandenburg erfolgreich

Zweitwohnbesitzer klagten gegen die Anordnungen vor Gericht: mit Erfolg. Zwei Berliner erreichten vor dem Vewaltungsgericht Potsdam, dass sie trotz der in Ostprignitz-Ruppin beschlossenen Regelung zu ihrem Zweitwohnsitz in Ostprignitz-Ruppin reisen dürfen. Anfang April 2020 kippte auch das Oberverwaltungsgericht Greifswald in zwei Eilverfahren das von der mecklenburg-vorpommerische Landesregierung verfügte Reiseverbot.

Touristische Reisen bleiben verboten

Seither bleibt für die Kommunen und Länder lediglich der Appell an die Zweitwohnbesitzer, nicht anzureisen. In den Kommunen wird befürchtet,  dass sich das Virus verbreitet und die Kapazitäten in den örtlichen Kliniken nicht ausreichen, sollten die Intensivfälle zunehmen. Touristische Reisen hingegen sind in ganz Deutschland seit Anfang November verboten. Das gilt vorerst weiterhin bis Ende Januar.

Rentnerpaar mit Zweitwohnsitz muss Schleswig-Holstein verlassen

Publik gemacht hat den aktuellen Fall des Rentnerehepaars die BILD-Zeitung. Sie ließ das Paar auch im Video erzählen, was es erlebt hat. Danach sollen das Gesundheitsamt im Kreis Dithmarschen und die Polizei die beiden Rentner gezwungen haben, die vielen Kilometer an ihren Erstwohnsitz zurückzulegen. "Kurz vor Weihnachten wurde Corona festgestellt", erzählte Wolfgang B. Seine Frau sagte: Wir sollten das Bundesland umgehend verlassen, trotz leichter Symptome." Ihr Mann sei mit seinen Kopfschmerzen gar nicht in der Lage gewesen, zu fahren", erklärte sie gegenüber  BILD.

Landkreis Dithmarschen: Vergebliche Kontaktaufnahme

KOMMUNAL fragte beim Landkreis nach. Die Geschichte scheint verzwickt. Das Ehepaar hatte sich während ihres Aufenthalts am Zweitwohnsitz im Ärztezentrum auf Corona testen lassen. Als sich herausstellte, dass das Ergebnis positiv war, also eine Infektion vorlag, hätten sich die beiden laut dem Sprecher der Landesverwaltung umgehend beim Gesundheitsamt melden müssen. Das sei aber nicht geschehen. "Strikte Maßnahmen sind in einer solchen Infektlage erforderlich", sagte der Sprecher zu KOMMUNAL. "In diesem besonderen Fall ist zu berücksichtigen, dass das Kreis-Gesundheitsamt vier Tage lang vergeblich versucht hat, Kontakt aufzunehmen. Erst dann kam die Aufforderung, den Heimatort anzusteuern."

Polizei eingeschaltet

Ein zwischenzeitlicher Anruf durch den Arzt im Gesundheitsamt sei aus nicht bekannten Gründen  abgebrochen. "Danach war das Ehepaar nicht mehr telefonisch erreichbar", so der Sprecher. Dabei wären die Betroffenen auf Grundlage der anliegenden Allgemeinverfügung 136/2020 verpflichtet gewesen, sich unverzüglich mit Bekanntwerden des positiven Testergebnisses mit dem Kreis-Gesundheitsamt in Dithmarschen in Verbindung zu setzen.

Das Amt habe also unmittelbar mit Bekanntwerden des Testergebnisses im Gesundheitsamt in Heide die Versuche gestartet, Kontakt zum Ehepaar aufzunehmen. Über die vor der Testung angegebene Handynummer sei das Paar aber nicht erreichbar gewesen. Schließlich wurde die Polizei eingeschaltet.

Zweitwohnsitz nicht angemeldet

Warum aber konnten die Rentner nicht am Zweitwohnsitz in Quarantäne bleiben? "Der Zweitwohnsitz war nicht angemeldet", führt der Sprecher an. Die Behörden waren davon ausgegangen, dass sich das Ehepaar aus touristischen Gründen im Landkreis Dithmarschen aufhielt. Damit hätte es gegen die Corona-Landesverordnung und das Beherbergungsverbot verstoßen. Später stellte sich heraus, dass das Paar offenbar nicht gemeldet war, aber Zweitwohnungssteuer zahlte.

"Mit dem zwingend erforderlichen und hier nicht erfolgten Eintrag des Zweitwohnsitzes im Melderegister und der verpflichtenden aktiven Kontaktaufnahme der Betroffenen mit dem Gesundheitsamt wäre allen einiges an Aufwand und Schwierigkeiten hätte erspart bleiben können",  zeigt sich der Sprecher überzeugt.

Quarantäne - und trotzdem mit dem Auto unterwegs?

Bleibt noch eine Frage offen: Warum werden zwei Infizierte 800 Kilometer weit an ihren Erstwohnsitz im Landkreis Enzkreis in Baden-Württemberg geschickt?  "Eventuelle Symptome waren nach unserem Kenntnisstand nicht Gegenstand der Gespräche mit dem Kreis-Gesundheitsamt und der Polizei und waren von dieser am Tag der Abreise auch nicht offensichtlich zu erkennen", argumentiert der Sprecher. Er kündigte an: "Wir werden ab sofort jedoch regelhaft bei jedem Quarantänefall die Fahrtauglichkeit erfragen, zum Beispiel bei in Quarantäne befindlichen Kontaktpersonen, wenn es um das Zurücklegen einer Strecke für die zweite Testung geht."

Es ist  wohl auch davon auszugehen, dass das Amt kein zweites Mal zwei Infizierte auf den langen Weg schicken würde, der Zwischenstopps wie eine Tankstelle erfordert.

Wie sind die Regeln für Zweiwohnbesitzer?

Das Verbot der Beherbergung gilt im aktuellen Lockdown nicht für Eigentümer von Zweitwohnungen, sofern sie diese selbst nutzen. Das gleiche gilt für Mieter von Zweitwohnungen, die diese auf Grundlage von langfristig abgeschlossenen Mietverträgen selbst nutzen. Allerdings sollte derzeit auf nicht notwendige private Reisen verzichtet werden.