Kochel am See - Pfingsten-Kollaps
Kochel am See ist ein beliebtes Ausflugsziel. Der Bürgermeister schickt einen Appell.
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Befürchtungen in Corona-Krise

Droht an Pfingsten Urlaubsregionen der Kollaps?

Einige Touristenregionen haben Angst vor Pfingsten - sie fürchten an den Feiertagen den Kollaps und rufen die Besucher zu mehr Rücksicht auf. Andere freuen sich, dass die Reisesaison endlich beginnen kann. KOMMUNAL hat sich bei den Tourismusverbänden umgehört und ein Stimmungsbild eingefangen.

Bayerns Alpenregion, die Küsten Schleswig-Holsteins und das Mittelgebirge im Thüringer Wald - das bevorstehende Pfingsten lädt zum Urlaubmachen ein. Die Lockerungen rund um die Corona-Maßnahmen erlauben es wieder, weiter wegzufahren. Da die Krise noch lange nicht vorbei ist, dürfte das vor allem dem Inlandstourismus zu Gute kommen. Beim Rathauschef von Kochel am See löst dies aber nicht nur Vorfreunde, sondern auch Beunruhigung aus.

Kochel am See: Rücksichtslose Touristen

"Wir freuen uns wirklich jeder über jeden Gast. Aber wir ärgern uns über die Rücksichtslosigkeit vieler Touristen, zum Beispiel wenn Straßen, Privatgrundstücke oder sogar Rettungswege zugeparkt werden oder Müll liegen gelassen wird", sagte  Bürgermeister Thomas Holz im Interview mit Antenne Bayern. Oft kämen die Anwohner nicht mehr durch.

Polizeiverstärkung gefordert

Laut BR24 fordert der Bürgermeister in einem Brief an Bayerns Innenminister Joachim Herrmann außerdem eine bessere Personalausstattung der Polizeistation in Kochel und Unterstützung durch zusätzliche Polizisten: "Denn eine Polizeistreife hat halt eine ganz andere Wirkung als kommunale Verkehrsüberwachung."

Trotzdem: Die Tourismusbranche dürfte das langerwartete Geschäft erstmal freuen. Auf Nachfrage bei den Touristenverbänden wird aber auch klar, dass die Regionen unterschiedlich davon profitieren werden.

In Schleswig-Holstein werden zu Pfingsten vor allem die Hotspots gebucht

Ob die Krise die große Chance für den Inlandstourismus ist? Da möchte sich Manuela Schütze von der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein nicht festlegen. Mit seinen Küsten an der Nord- und Ostsee zählt das Land definitiv zu den beliebteren Reisezielen Deutschlands. Dennoch: Die Buchungszahlen fallen sehr unterschiedlich aus und konzentrieren sich vor allem auf die Hotspots. Während es auf der Nordseeinsel Föhr kaum noch freie Unterkünfte gibt, liegen die Buchungen in Husum noch unter Vorjahresniveau. „Es kann auch lohnen, die Süßwasseralternativen in Betracht zu ziehen“, sagt Schütze dazu. Immerhin verfüge das Land auch über 300 Binnenseen, die bei der Reiseplanung oft übersehen werden, so scheint es.

Notfalls wird der Strand gesperrt

Darüber, dass die Infrastruktur mit dem Aufkommen der Touristen überfordert sein könnte, macht sich Schütze keine Sorgen. Schließlich stehe den Kommunen für ein erhöhtes Reiseaufkommen ein Set an Lenkungsmaßnahmen – wie zum Beispiel Parkplatzsperrungen, Strandsperrungen und Einbahnstraßenregelungen - zur Verfügung. Das bisherige Verhalten der Gäste bewertet Schütze positiv. „Über das Himmelfahrt-Wochenende haben wir gute Erfahrungen gemacht“, sagt sie. „In Bezug auf die Hygienebestimmungen in der Gastronomie und in den Unterkünften waren die Gäste verständnisvoll und verantwortungsbewusst.“

Tagestouristen dürfen nicht auf Nordseeinseln

Zudem gelten weiterhin die Zugangsbeschränkungen zu den Nordseeinseln des Landes. Demnach bleibt es Tagestouristen untersagt, die Inseln zu betreten. Hinzu kommen die Abstandsregeln und die Hygienebestimmungen, die von Gastronomie und Beherbergungsbetrieben ernst genommen werden, so Schütze. Ein Beispiel dafür findet sich auch auf der Insel Sylt, auf der die Campingplätze für alle sich „autark versorgenden Camper“ wieder geöffnet sind. Duschen und Gemeinschaftsräume bleiben aber geschlossen.

Im Mittelgebirge Thüringer Wald freut man sich über neue Urlauber

Auch in Thüringen freuen sich die Tourismusverbände über den Beginn der Reisesaison. Sicher gebe es mancherorts aber auch einen Zustrom an Wanderern und Radfahrern, sagt Thomas Waap vom Regionalverbund Thüringer Wald. Auch der ein oder andere Geheimtipp, wie zum Beispiel der Bergsee Ebertwiese, sei mittlerweile stärker frequentiert als sonst. Grundsätzlich begrüßt er aber das Aufkommen der Gäste. „Der ein oder andere Einheimische oder Individualtourist mag das anders sehen“, gibt Waap zu, „aber aus Branchenperspektive freuen wir uns natürlich.“ Der anfallende Müll auf den Wanderwegen und in den Schutzhütten sei das kleinere Übel.

Im Gothaer Land nehmen die Buchungen langsam zu

„Nach Wochen der Dürre freue ich mich über neue Urlauber“, sagt Bettina Aschenbrenner, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Gothaer Land. Das mögliche Tourismusaufkommen sieht sie vergleichsweise gelassen. „Die Mittelgebirge wird das eher weniger betreffen“, glaubt sie. „In den Küstenregionen sieht das sicherlich anders aus.“ Der Betrieb laufe erst seit einer Woche und die steigende Nachfrage mache sich langsam bemerkbar. „Zahlen habe ich nicht, aber ich habe das Feedback von den Unterkünften“, so Aschenbrenner. Sorgen um Corona machen sich lediglich am Telefon bemerkbar, da sich Gäste vorab über die Lage erkundigen.

Hygieniekonzepte einhalten

Wie auch in Schleswig-Holstein vertrauen die Thüringer Tourismusverbände ihren Leistungsträgern. „Die Häuser haben ihre Hygienekonzepte und daran werde sich gehalten“, bestätigt Aschenbrenner. Den Vorfall im niedersächsischen Landkreis Leer habe sie schließlich aufmerksam verfolgt. Der Fall aus Niedersachsen erregt immer noch Aufsehen: Mittlerweile sind es 14 Personen (Stand 26. Mai), die sich bei einem Restaurantbesuch angesteckt haben sollen. So etwas will man auf jeden Fall verhindern. Daran sollte allen – Gastronomie, Beherbergungsbetrieben und Gästen - gelegen sein. Fest steht: Das Pfingstwochenende wird nach Ostern die nächste Herausforderung für die Kommunen.