Schild zum Wahllokal - Landtagswahlen 2021
Sollen die Wahllokale zu den Landtagswahlen trotz Corona wirklich geöffnet werden?
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Corona-Pandemie

Erster Bügermeister fordert Verschiebung der Landtagswahl

In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind die Landtagswahlen weiterhin für den 14. März geplant. Thüringen will wegen der Corona-Pandemie dagegen vom 25. April auf den 26. September verschieben. Wäre es besser, die Landtagswahlen auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nicht wie geplant durchzuführen? Welche Alternativen werden diskutiert? Das sagen Bürgermeister und Bürgermeisterinnen dazu.

Aktualisiert am 25. Januar 2021

Der Bund und die Länder haben beschlossen, den Lockdown erneut zu verlängern. Fest steht: Die Corona-Pandemie wird Deutschland noch länger im Griff haben. Dennoch halten Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an ihren Terminen für die Landtagswahl am 14. März fest. Was bedeutet das für die Kommunen, vor welchen Herausforderungen stehen sie bei der Organisation vor Ort? Wie können sie sicherstellen, dass niemand sich im Wahllokal ansteckt - und was ist mit der Suche nach Wahlhelfern? 

Landtagswahlen: OB von Kehl für Verschiebung

Die Blitz-Umfrage von KOMMUNAL ergab: Trotz der Herausforderung sprechen sich die meisten Verantwortlichen vor Ort nicht dafür aus, die Wahlen wie in Thüringen zu verschieben. Bürgermeister und Bürgermeisterinnen hoffen in der angespannten Corona-Situation dafür auf eine höhere Briefwahlbeteiligung. Doch die Verunsicherung ist groß. Toni Vetrano, Oberbürgermeister der 35.000-Einwohner Stadt Kehl in Baden-Württemberg, plädiert inzwischen dafür, die Landtagswahl zu verschieben - wegen massiver Proteste der Wahlhelfer.  In einem Brief an Innenminister Thomas Strobl und die Präsidentin des Städtetags Gudrun Heute-Bluhm führt Vetrano aus, er könne sich nicht vorstellen, die Beschäftigten der Stadt Kehl sowie die Wahlhelfer aus der Bürgerschaft dem Infektionsrisiko auszusetzen.

„In einer Zeit, in der wir die Kollegen, wo immer möglich, ins Homeoffice schicken, in manchen Bereichen in Schichten arbeiten, um Kontakte zu minimieren und damit versuchen sicherzustellen, dass unsere kritische Infrastruktur funktionsfähig bleibt, kann ich mir nicht vorstellen, die Beschäftigten am 14. März einem solchen Infektionsrisiko auszusetzen", betont der Oberbürgermeister in dem Brief an die Zuständigen im Land.  "Deshalb halte ich auch im Rahmen meiner Fürsorgepflicht für unsere Mitarbeitenden die Verschiebung des Landtagswahltermins für dringend geboten.“

Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr: Briefwahl mit Vorteilen

Cornelia Weigand

Einige Befragte fänden es zumindest besser, die Landtagswahlen im März in ihrem Bundesland als reine Briefwahl abzuhalten. So hätte die Entscheidung, auf das Wahllokal vor Ort zu verzichten, aus Sicht der Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, Cornelia Weigand, mehrere Vorteile. "Die Ansteckungsgefahr  würde vermieden. Und die Bereitschaft, zu wählen, wäre vermutlich höher." Eine komplette Briefwahl würde auch verhindern, dass die Menschen sich in letzter Minute dafür entscheiden, doch nicht ins Wahllokal zu gehen - aus Furcht vor Ansteckung. 

Rheinland-Pfalz hat das Landeswahlgesetz so angepasst, so dass auf hohe Inzidenzen in den Hotspot-Regionen ausschließlich Briefwahl abgehalten werden kann.

Und was ist mit den Wahlhelfern?  "Die Ortsgemeinden tun sich sichtlich schwer, Wahlvorstände in der Corona-Pandemie zu organisieren", beobachtet die Bürgermeisterin der rund 11.000-Einwohner-Verbandsgemeinde in der Eifel ebenso wie wohl die meisten ihrer Kollegen  und Kolleginnen an der Spitze der Kommunen. Meist sind es Ehrenamtliche jenseits von 70 Jahren, die Aufgaben in den Wahllokalen übernehmen.

Hygienepaket für Wahlhelfer schnüren

Cornelia Weigand betont aber auch: "Die Verbandsgemeinde wird alles tun, damit bei einer regulär stattfindenden Wahl die Hygieneregeln eingehalten und Ansteckungsrisiken minimiert werden können. "Wir werden die größten Räume nutzen, die uns zur Verfügung stehen, und das mit einer Einbahnregelung", kündigt sie an. "Zudem stellen wir ein Hygienepaket zusammen, mit Hand- und Flächendesinfektion und FFP2-Masken und Spuckschutz für die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer."

Oberbürgermeister von Trier: Wahlen  durchführbar

Die neuen Virus-Varianten haben bereits Deutschland erreicht. Niemand kann absehen, wie sich die Corona-Lage trotz fortschreitender Impfungen entwickelt. Der Oberbürgermeister von Trier, Wolfram Leibe, zeigt sich gegenüber KOMMUNAL dennoch zuversichtlich, dass die Wahlen in Rheinland-Pfalz wie geplant durchgeführt werden können. "Sollte sich die Situation nicht dramatisch verschlechtern, ist eine Wahl im März aus heutiger Sicht auch unter Corona-Bedingungen durchführbar", betont Leibe. "Wir sind voll im Zeitplan und gehen davon aus, dass die Wahl reibungslos laufen wird."

Wie organisiert Trier die Wahlen? Es werde weniger Wahllokale geben, so der Oberbürgermeister.  "Wir sorgen dafür, dass diese Wahllokale groß genug sind, um die nötigen Abstände sicher stellen zu können. Zugleich werden die Wahlvorstände verkleinert."  Der Oberbürgermeister kündigt zudem an, die Zahl der Briefwahlvorstände erheblich erhöhen. "Wir gehen von einem größeren Briefwahlanteil aus."

Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen: Notfalls reine Briefwahl

Auch die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen am Rhein, Jutta Steinruck, spricht sich gegen eine Verschiebung der Landtagswahl  aus. Sie verweist ebenfalls auf die  Alternative. "Im Hinblick auf die Corona-Pandemie schafft das Land derzeit die Voraussetzung, die Landtagswahl gegebenenfalls als reine Briefwahl zu organisieren", unterstreicht sie. Darüber hinaus bereite sich die Stadt mit verschiedenen Maßnahmen auf Wahlen unter Corona-Bedingungen vor.

In Ludwigshafen steht noch weit vor den Landtagswahlen, nämlich am 24. Januar, die Stichwahl für die Wahl des Ortsvorstehers der Nördlichen Innenstadt an. "Es werden, wie beim ersten Wahlgang am 10. Januar, zahlreiche Maßnahmen zum Schutz der Wählerinnen und  Wähler sowie Wahlhelfer in den Wahllokalen vor Ort getroffen", erläutert die Oberbürgermeisterin. Solche Vorkehrungen greifen dann auch bei der Landtagswahl.

  • Alle Wahlhelfer erhalten FFP2-Masken.
  • Desinfektionsspender werden aufgestellt.
  • Spukschutze werden aufgestellt.
  • Wahlkabinen werden nach jeder Wählerin/jedem Wähler desinfiziert.
  • Es gibt in den Gebäuden Einbahnstraßenregelungen und Beschilderungen
  • Wähler erhalten einen eigenen Stift.
  • Abstandsregeln werden eingehalten.
  • Wählerinnen und Wähler werden aufgerufen,  Briefwahl zu nutzen.

Bürgermeister Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues zu Wahlvorständen

Leo Wächter, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues mit rund 28 000 Einwohnern in 23 Orten, setzt auch auf die Briefwahlen, sollten die Infektionszahlen sich stark erhöhen. Eine Verschiebung der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz sei nicht notwendig, meint der Bürgermeister. Würde die Landesregierung über den Wahltag hinaus im Amt bleiben müssen, müsste das wohl auch gesetzlich geregelt werden. In Thüringen wird über den Weg noch diskutiert: Für die nun auf September verschobene Landtagswahl muss möglicherweise die Thüringer Verfassung geändert werden. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz geht allerdings auch von einer höheren Briefwahlquote aus als bei bisherigen Wahlen. Und auch er bestätigt: "Das Problem, Wahlvorstände zu finden, wird durch Corona noch verschärft."

Oberbürgermeister von Karlsruhe:  Situation nicht vergleichbar

Frank Mentrup OB Karlsruhe

Der Karlsruher Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup verweist nachdrücklich darauf, dass die Situation in Thüringen und Baden-Württemberg nicht vergleichbar ist. Denn in dem ostdeutschen Bundesland regiert Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke)  seit März vorigen Jahres mit einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung, die auf Stimmen der oppositionellen CDU-Fraktion angewiesen ist. Die Parteien haben sich zu Beginn dieses Regierungsmodells versprochen, nach der Verabschiedung des Haushalts den Weg für eine Neuwahl am 25. April frei zu machen. Regulär gewählt würde erst 2024.

"Bei uns in Baden-Württemberg finden die Landtagswahlen regulär alle fünf Jahre statt und werden daher seit langem gut vorbereitet", sagt Mentrup. Wie bei den Stichwahlen zum Oberbürgermeister im Dezember rechnet er auch bei der Landtagswahl mit einer höheren Briefwahlbeteiligung als sonst. Mentrup  spricht sich dafür, den Wählern beides anzubieten: Das Wählen im Wahllokal und per Brief.  Er erinnert an die Bedingungen bei der Stichwahl. "Diejenigen, die wählen gingen, haben Abstand gehalten und ihr eigenes Schreibgerät mitgebracht."  Die Stadt habe die Zahl der Wahlvorstände in den Wahllokalen reduziert und dafür mehr Helfer für die Auszählung bei der Briefwahl eingeteilt. "Diese Vorsorge werden auch bei den Landtagswahlen treffen", so der Karlsruher Oberbürgermeister.

Städte- und Gemeindebund: Wahlen sollten machbar sein

Was sagen die kommunalen Verbände? Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, zeigt sich optimistisch, dass die Landtagwahlen regulär stattfinden können. "Ich glaube, dass man das im März machen kann", sagte er auf Anfrage von KOMMUNAL. "Die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen ist ja auch gelaufen. Und es gibt ja auch noch die Briefwahl".

Karl-Heinz Frieden, der Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, verweist darauf, dass es vielen Kommunen schwerfalle, genügend Wahlhelfer zu finden. "Wir müssen da kreativer werden, um mehr Wahlhelfer zu finden", betont er. Hygienekonzepte und Maskenpfilcht machten die Durchführung zudem schwerer. "Trotzdem ist das Infektionsgeschehen nicht so unüberschaubar, dass eine Wahl nicht durchgeführt werden kann", betont Frieden. So lange das öffentliche Leben nicht total zum Erliegen kommt, sehe er  keinen Grund eine Wahl zu verschieben oder eine landesweite Briefwahl anzuordnen.

Fotocredits: Foto Cornelia Weigand privat; Foto Frank Mentrup, Stadt Karlsruhe.