Der Finanzausgleich sorgt teils dafür, dass sich neue Gewerbegebiete nicht lohnen
Der Finanzausgleich sorgt teils dafür, dass sich neue Gewerbegebiete nicht lohnen
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Finanzausgleich: Wenn mehr Einnahmen zu Verlusten führen

Die Steuerverteilung in Deutschland ist zugegeben kompliziert. Und immer wieder erleben auch Städte und Gemeinden böse Überraschungen, wenn sie nachrechnen. So haben viele Städte das Problem, dass sich neue Gewerbegebiete negativ auf ihren Haushalt auswirken.

Gerade im Osten Deutschlands ist es ein besonderes Problem: Da plant die Stadt für ein neues Gewerbegebiet Millionen an Geldern für Infrastruktur ein. Das Unternehmen kommt, schreibt Gewinne, zahlt fleissig Steuern. Und am Ende stellt der Kämmerer fest: Über den Finanzausgleich verliert die Kommune mehr Geld, als sie je durch das Gewerbegebiet wird einnehmen können.

Es sind Szenarien wie diese, die viele Bürgermeister, Kämmerer und Stadträte als ungerecht empfinden. Darum wollen sie ran an den Finanzausgleich. An diesem Mittwoch stellt Sachsen-Anhalt ein neues Konzept zur besseren Steuerverteilung vor. In der Hoffnung, dass auch andere Bundesländer ähnlichen Bedarf sehen. 

Dass ausgerechnet das kleine Sachsen-Anhalt hier den Vorstoß macht, hat Gründe. 

Finanzausgleich: trauriges Beispiel Weißenfels 

In Sachsen-Anhalt haben die 23 einnahmestärksten Städte und Gemeinden (insgesamt sind es 220 Kommunen) rund zwei Drittel der gesamten Gewebesteuersumme im Land eingenommen. Zu diesen Städten gehört auch Weißenfels, eine 34.000 Einwohner Stadt mit insgesamt 10 Ortsteilen im Burgenlandkreis. 

Ihr Bürgermeister Robby Risch fasst das Problem wie folgt zusammen: "Wenn eine Stadt durch eine Investition in einem Gewerbegebiet Ansiedlungen ermöglicht, werden zwar die höheren Steuereinnahmen im Finanzausgleich berücksichtigt - die damit verbundenen Kosten aber nicht. So bleibt uns bei höheren Steuereinnahmen wegen der geringeren Zahlungen aus dem Finanzausgleich unterm Strich weniger Geld. Die Belastung liegt bei uns, der Benefit landet woanders", so der Oberbürgermeister in einem Interview. 

Er verweist auch auf die Belastungen für Bürger, die so ein neues Gewerbegebiet mit sich bringt. Lärm, Lieferverkehr, Emissionen u.s.w. 

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Steuerverteilung muss auf den Prüfstand 

Eine Tatsache, die auch die Kommunenvertreter erkannt haben. "Das System der Steuerverteilung muss auf den Prüfstand" fordern Städte-und Gemeindebund und Landkreistag. Ihr Ziel: Die Gewerbesteuer muss dort verrortet werden können, wo die eigentliche Wertschöpfung entsteht. Mit dieser Forderung zielt der Geschäftsführer des Gemeindebundes in Sachsen-Anhalt, Jürgen Leindecker vor allem auf folgenden Umstand: Unternehmen mit mehreren Standorten dürfen ihre Gewinne und Verluste verrechnen. Damit ist nicht immer klar, welcher Standort wie viel zur Gesamt-Gewerbesteuer beigetragen hat. "Wenn die Werkbank in Sachsen-Anhalt steht, muss auch hier die Steuer anfallen, denn hier wird die nötige Infrastruktur zur Verfügung gestellt", so Leindecker. 

Finanzausgleich kommt bundesweit auf den Prüfstand

Die Debatte wird nun politisch angestoßen - Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haselhoff hat Kernpunkte eines Konzepts für eine bessere Steuerverteilung vorgestellt. "Bei der Frage gleichwertiger Lebensverhältnisse spielt die finanzielle Ausstattung von Ländern und Kommunen die maßgebliche Rolle", so Hasselhoff. Ob sein Vorschlag - den er gemeinsam mit dem Landkreistag im Details ausgearbeitet hat - aber bundesweit mehrheitsfähig ist, ist noch fraglich. Denn gleichzeitig kündigte Hasselhoff an, von seinem Konzept werde der Osten Deutschlands besonders profitieren. Fraglich, ob auch die westdeutschen Bundesländer-Chefs daher nur Vorteile sehen... Die Details stehen noch aus, KOMMUNAL wird Sie im Newsletter "KOMMUNE.HEUTE"  mit allen Hintergründen auf dem Laufenden halten. 

So soll das Konzept konkret aussehen 

Kern des Vorschlags ist, den auszubauenden kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer zu einem Teil nicht nach Wirtschaftskraft, sondern nach Einwohnern zu verteilen. Ministerpräsident Haseloff schlug auf der Tagung in Brandenburg zur Gewerbesteuer wörtlich vor: „Unternehmen, die in den ostdeutschen Ländern ihr Geld verdienen, sollen auch hier ihre Gewerbesteuern bezahlen." Kommunen im Osten fehlten Steuereinnahmen, weil die Konzerne sie lediglich am Sitz der Zentrale in Westdeutschland entrichteten. „Ostdeutschland ist keine verlängerte Werkbank, sondern verfügt über nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Potenziale.

Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Henneke, erklärte: „Wesentlich ist, dass sich eine Neuverteilung des kommunalen Umsatzsteueranteils auf einen zusätzlichen Teil der Steuermittel bezieht. Nimmt man beispielsweise die über die Umsatzsteuer zu verteilenden 2,4 Mrd. € aus dem 5-Mrd.-Paket zur Entlastung der Kommunen, würde der Osten hiervon profitieren."