Coronakrise Kommunen sind systemrelevant
"Städte und Gemeinden sind als entscheidende Akteure der Glokalisierung systemrelevant."
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Kreativität in der Krise

Coronakrise: Die Kommunen sind systemrelevant!

Die Coronakrise ist auch die Stunde der Kommunen. Städte und Gemeinden wurden zusammen mit den Bürgern in einen Stresstest geschickt. Ungeahnte Kräfte wurden freigesetzt. Die Kommunen zeigten, wozu sie fähig sind, wenn es wirklich drauf ankommt, meint Zukunftsforscher Daniel Dettling.

Nach der Krise werden die Beziehungen zwischen Kommunen und Bürgern besser sein als zuvor. Kommunale Politik wird ganzheitlicher und nachhaltiger und die Kommunen systemrelevant für die Zukunft der Demokratie. Denn die Coronakrise markiert den Anfang vom Ende der hyperschnellen Globalisierung. Die bisherige globale Vernetzung hat uns anfälliger für Krisen gemacht.

Nun wird eine neue Epoche beginnen: die Ära der achtsamen Glokalisierung. Im Kern geht es dabei um die Dezentralisierung von Märkten und Wertschöpfungsketten bei gleichzeitiger Intensivierung kooperativer Systeme auf globaler und regionaler Ebene. Glokalisierung ist damit auch eine zukunftsweisende Antwort auf die wachsende Nachfrage nach Heimat, Nachbarschaft und Regionalität.

Die Coronakrise ist eine Herausforderung vor allem für Städte und Ballungsgebiete

Die Pandemie ist vor allem die Krise der großen Städte und Ballungsgebiete, die anfälliger und nervöser sind als der ländliche Raum. Geschlossene Restaurants, Fitnessstudios, Kinos und Clubs: Das Leben in den Metropolen war auf einmal gefährlich öde. Insbesondere Megacitys wie New York, Singapur und London waren mit der Coronawelle schnell überfordert.

Auf dem Dorf oder in der Kleinstadt ist das soziale Abstandhalten leichter als in der Großstadt. Nachbarschaftshilfen, die sich in den großen Städten über technische Infrastrukturen bilden müssen, sind auf dem Land gelebter Alltag. Landluft macht virenfreier. Die Verbreitung des Virus ist vor allem in den neuen Bundesländern weniger stark, weil dort die Besiedelung geringer ist.

Die Coronakrise wird zum Treiber einer neuen Stadtflucht – und eines lokalen Versorgungspatriotismus, auf den schon vor der Krise immer mehr Regionen setzten. Die Post-Corona-Demokratie wird glokaler, bürgernäher, partizipativer– und den Kommunen und ihren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern eine ganz neue Relevanz verleihen.

Auf kreative Kommunen und ihre Bürgermeister kommt es an!

Deutschlands Rathäuser werden zu den Gewinnern der Coronakrise. In den Kommunen erfahren die Bürger den Mehrwert lokaler Politik unmittelbar. Das Vertrauen in die Bürgermeister und Kommunalpolitiker ist stark gestiegen. Es entsteht ein „inklusiver Lokalismus“. Dort, wo zuvor technologischer Fortschritt und Globalisierung Regionen und Kommunen gefährdet und abgehängte Regionen zum Nährboden für Populismus und Extremismus geworden waren, findet nun eine Verschiebung von Kompetenzen und Ressourcen in Richtung Städte und Gemeinden statt.

Es ist daher nur folgerichtig, wenn die Kommunen eine stärkere Unterstützung von Bund und Ländern fordern. Städte und Gemeinden sind als entscheidende Akteure der Glokalisierung systemrelevant. Die Zuständigkeit der Kommunen für den öffentlichen Gesundheitsdienst hat Zustände wie in Italien, Frankreich und Spanien verhindert. Ein gut funktionierender Föderalismus rettet Leben. Ohne die Kommunen werden Demokratie und Daseinsvorsorge in schwere Fahrwasser kommen. Auf kreative Kommunen und ihre Bürgermeister kommt es an!

Kreativer Pragmatismus erwies sich in der Coronakrise als Vorteil

Studien belegen: Kommunen, die auf Beteiligung, Lebensqualität und Offenheit nach außen setzen, haben glücklichere Bürger, sind wirtschaftlich erfolgreicher und sozial innovativer. Akteure und Avantgardisten dieser Pioniere sind die pragmatischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Sie verstehen sich als politische Unternehmer, sind volksnah, lassen sich an ihren Taten messen – und wirken über den eigenen Ort hinaus.

So wie Stephan Pusch, der Landrat des Kreises Heinsberg, wo das Corona-Virus in Deutschland seinen Lauf nahm. In der Krise kommunizierte er täglich auf Facebook über Videobotschaften mit den Bürgern der Region, stets begleitet von dem Hashtag #HSbestrong: Heinsberg als Ort der Hoffnung, der gemeinsam gegen Corona kämpft. Kreativer Pragmatismus erwies sich als Vorteil von Kommunen und Regionen. Als Atemmasken knapp wurden, setzte Pusch auf die Bundeswehr und erhielt Unterstützung, ohne die Bundes- oder Landespolitik einzuschalten.

Für die Zeit nach der Krise ist seine Vision eine Städtepartnerschaft mit Wuhan, der Region, in der das Virus zuerst auftrat. Solche Bündnisse braucht es viele, wenn Glokalisierung gelingen soll. Die Zeit nach Corona braucht starke Kommunen und glokale Bürgermeister und Bürger.