Corona: Beihilferecht für kommunale Unternehmen
© Adobe Stock

Autor erklärt Rechtslage

Corona: Unterstützung von kommunalen Unternehmen

In Bundes- und in Landesministerien aber auch in Rathäuser und Landratsämtern stellt man sich die Frage, ob und wie die öffentliche Hand Unternehmen finanziell unterstützen darf, die durch die Ausbreitung des Corona-Virus in die Krise geraten. Dabei stehen im Vordergrund Unternehmen in privatem Anteilseigentum. Deren vorhersehbare finanzielle Nöte bestimmen aktuell die Diskussion.

Allerdings werden in den Kämmereien und kommunalen Beteiligungsverwaltungen auch wirtschaftliche Schieflagen kommunaler Unternehmen deutlich werden. Es geht hier um diejenigen Unternehmen des kommunalen Konzerns, die entweder von dem Zusammenkommen von Menschen leben, wie Kultur- und Freizeitunternehmen (zum Beispiel Theater-, Stadion-, Zoobetreiber) oder die Infrastruktur für Transport und Logistik bereitstellen (Flughafen- und See- und Binnenhafenbetreiber und ÖPNV-Unternehmen).

Nun kommt das Beihilfenrecht ins Spiel

Das Beihilfenrecht bestimmt den Rechtsrahmen, den die Kommunen auch in der Corona-Krise einzuhalten haben, wenn sie ihre Unternehmen durch Zuschüsse, verbilligte Darlehen, kommunale Bürgschaften oder in anderer Form unterstützen. Dazu drei Ansätze:

Erstens lässt sich in Kommunen, die in einiger Entfernung von Grenzen zu anderen Mitgliedstaaten liegen, recht häufig vertreten, dass es nicht dem Beihilfenrecht unterfällt, wenn diese öffentliche Mittel erhalten. Dies gilt wenn die Unternehmenstätigkeit lokal ausgerichtet ist und der Eintritt auf den lokalen Markt von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten nicht behindert wird. Die Europäische Kommission (KOM) – als Hüterin des Beihilfenrechts - ist hier in den letzten Jahren deutlich großzügiger geworden. Ihre Rechtsauffassung hat das Europäische Gericht in einer ersten Entscheidung vom 14. Mai 2019 zur kommunalen Marina von Izola (Slowenien) bestätigt.

Zweitens können Kommunen ihren Unternehmen bis zu EUR 200.000 sogenannter De-minimis-Beihilfen gewähren. Erbringen die Unternehmen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, also Daseinsvorsorgenaufgaben, beläuft sich diese Grenze auf EUR 500.000. Die Beträge beziehen sich jeweils auf einen Dreijahreszeitraum. Dabei spricht nichts dagegen, erst einmal eine De-minimis-Beihilfe bis zur Höchstgrenze auszuzahlen, um schnell einen Liquiditätsbeitrag zu leisten. Sollten später weitere Beihilfen erforderlich werden, sind die bereits gezahlten Beträge zu berücksichtigen.

Corona: Hilfe für die Wirtschaft

Drittens hat Wettbewerbskommissarin Magrethe Vestager signalisiert, dass die KOM das Beihilfenrecht in der Krise so anwenden wird, dass die Mitgliedstaaten die Wirtschaft bestmöglich unterstützen können. Hierzu hat die KOM auch die Mittel in der Hand. Zum einen kann die KOM Beihilfenregelungen und Beihilfen zügig prüfen und genehmigen, für die keine Freistellungen bestehen. Sie hat bereits unter Beweis gestellt, dass sie hierzu willens ist. Am 11. März 2020 notifizierte Dänemark eine Beihilfenregelung für Unternehmen, die zur Eindämmung des Virus öffentliche Veranstaltungen absagen oder verschieben mussten und durch den Staat entschädigt werden sollen. Die Beihilfenregelung gilt dabei für Veranstaltungen in der Zeit vom 6. bis zum 31. März 2020 und hat ein Volumen von EUR 12 Millionen. Die KOM genehmigte die Beihilfe bereits am 12. März 2020 (SA.56685). Grundlage war Art. 107 Abs. 2 lit. b Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Unio. Nach dieser Vorschrift sind Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar, die Schäden ausgleichen, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind. Als ein solches außergewöhnliches Ereignis ordnete die KOM den Corona-Virus ein. Zum anderen sollte die KOM den Rechtsrahmen des Beihilfenrechts an die Krise anpassen. Hierzu bieten sich zunächst zwei Maßnahmen an. Erstens werden die Unternehmen – wie schon in der Lehmann-Krise im Jahr 2009 – nur schwer Darlehen erhalten, wenn öffentliche Bürgschaften grundsätzlich nur 80 % der besicherten Kreditverbindlichkeiten ausmachen dürfen. Hier sollte die zulässige Bürgschaftsquote erhöht werden. Zweitens sollte die KOM eine Freistellungsvorschrift für Beihilfen zur Finanzierung von Schäden aus dem außergewöhnlichen Ereignis Covid 19 schaffen. Art. 50 Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) enthält bereits eine Freistellungsmöglichkeit. Art. 50 AGVO bezieht sich jedoch nur auf Naturkatastrophen (Erdbeben, Lawinen, Überschwemmungen, etc.). Epidemien sind noch nicht erfasst. Art. 50 AGVO sollte entsprechend erweitert werden, um auch Beihilfen freizustellen, die Schäden durch das Corona-Virus ausgleichen.

In schwierigen Zeiten ein gutes Fazit: Am Beihilfenrecht wird es nicht scheitern, wenn die Städte und Gemeinden ihre von der Krise betroffenen Unternehmen unterstützen wollen.