Die Briefwahl und das Recht, wann und wie gewählt werden darf, könnte künftig immer mehr Wahlen entscheiden
Die Briefwahl und das Recht, wann und wie gewählt werden darf, könnte künftig immer mehr Wahlen entscheiden

Kommunalwahlen

Nach US-Wahl: Diskussion um Reform der Briefwahl in Deutschland

Wie umgehen mit der Briefwahl? Auch in Deutschland nimmt die Zahl der Briefwähler massiv zu - nicht erst seit der Corona-Pandemie. Regionen, in denen bald wieder Wahlen anstehen, denken daher nach, wie sie damit umgehen wollen. Und auch in unserem Nachbarland Österreich ist die Diskussion wieder voll entbrannt.

In Deutschland ist es ähnlich wie in den USA gar nicht so einfach, Briefwahl zu machen. Denn zunächst wird zwar die Wahlbenachrichtigung verschickt. Dann muss der potentielle Briefwähler aber noch einmal aktiv werden und die Unterlagen für die Briefwahl beantragen. Diese muss er dann ausfüllen und rechtzeitig abschicken, damit die Stimme am Wahlabend auch sicher bei der Kommune angekommen ist und gewertet wird.

Im März stehen nun die nächsten Landtagswahlen in Baden-Württemberg an. Viele Kommunen fürchten schon jetzt, dass zahlreiche Bürger aus Angst vor Infektionen den Gang in ein Wahllokal scheuen werden. Dazu kommen möglicherweise Menschen, die unter Quarantäne stehen oder aus anderen Gründen gar nicht in ein Wahllokal gehen können. Kurzum: Die Zahl der Briefwähler dürfte - ähnlich wie wir das bei den Kommunalwahlen in NRW im Herbst gesehen haben - auf ein Rekordniveau steigen. Der Gemeindetag fordert daher schon länger eine Änderung des Wahlrechts. Und auch die Regierungskoalition im Stuttgarter Landtag diskutiert nun - allerdings noch mit offenem Ausgang, denn eine Reform ist umstritten. 

Die Briefwahl soll leichter möglich werden 

Die Befürchtung vor allem von Grünen und Gemeindetag: Ist die Briefwahl zu umständlich, sinkt die Wahlbeteiligung spürbar. Der Vorschlag daher: Die Briefwahlunterlagen könnten direkt mit der Wahlbenachrichtigung verschickt werden. Das könnte noch ein zweites Problem lösen - denn in den Kommunen zeigt sich schon jetzt, dass es in Pandemie-Zeiten - aber nicht nur in diesen - immer schwerer wird, Wahlhelfer zu finden, die in den Wahllokalen den Tag verbringen. Mit geringeren Hürden für die Briefwahl würden weniger Wahlhelfer benötigt. Damit die Kommunen die Unterlagen für die Briefwahl aber direkt mit der Wahlbenachrichtigung verschicken dürfen, müsste das Landtagswahlgesetz geändert werden. Und da kommt das nächste Problem ins Spiel: Inklusive aller Fristen und Abläufe ist das Zeitfenster für eine Rechtsänderung schon jetzt denkbar knapp. 

Warum eine schnelle Einigung zur Briefwahl nicht in Sicht ist 

Es sieht jedoch nicht danach aus, dass das noch vor der Landtagswahl gelingen kann. Denn zu weit sind die Positionen von Grünen und CDU, den Regierungsfraktionen in Baden-Württemberg, auseinander. Während die Grünen argumentieren, die Wahlen "müssen nicht nur frei und fair sein, sie müssen auch sicher sein unter Pandemiebedingungen", wie es ihr Parlamentarischer Geschäftsführer formuliert, bremst die CDU. Sie sieht vor allem verfassungsrechtliche Bedenken. "Die Briefwahl ist nur als Ausnahme und Ergänzung zur Urnenwahl zulässig, eine generelle Übersendung der Briefwahl-Unterlagen gefährdet die Wahlgrundsätze", so der CDU-Fraktionschef im Landtag. 

Rheinland-Pfalz ist in Sachen Briefwahl deutlich weiter 

Auch in der Pfalz wird am 14. März ein neuer Landtag gewählt. Hier könnte die Wahl sogar erstmals in der Geschichte als reine Briefwahl stattfinden. Landeswahlleiter Marcel Hüther teilte offiziell mit: "Im Extremfall wird mit dem Druck von 3,2 Millionen Briefwahlumschlägen ein 100-prozentiger Briefwahlbedarf abgedeckt." In dem Land gibt es 3,1 Millionen Wahlberechtigte - die 3,2 Millionen wären also eine ausreichende Reserve sogar für etwaige Pannen. 

Auch unser Nachbarland diskutiert nach der US-Wahl über die Briefwahl 

Der Österreichische Gemeindebund verlangt nun eine Vorverlegung des Zeitpunkts, ab dem Wahlvorschläge eingebracht werden können. Damit soll sichergestellt werden, dass die Wahlkarten so produziert und versendet werden können, dass die Stimmabgabe rechtzeitig erfolgen kann. Außerdem sollen die Bürger nach Meinung der Kommunenvertreter künftig die Wahlkarte gleich nach der Beantragung - etwa bei der Abholung im Rathaus - abgeben dürfen. Eine Wahl wäre damit deutlich früher und somit weit vor den Wahlen möglich. Was erhebliche Auswirkungen auf den Wahlkampf hätte - denn der "Last-Minute-Wahlkampf" und Ereignisse, die erst kurz vor der Wahl passieren, würden damit nicht mehr in die Wahlentscheidung einfließen können. 

In Österreich erlauben einige Gemeinden jedoch schon jetzt Wahlen sehr früh im Rathaus. Unsere Kollegen von KOMMUNAL in Österreich haben über die geplanten Änderungen und Forderungen einen ausführlichen Beitrag verfasst, den Sie HIER nachlesen können. 

Wie Briefwähler eine Wahl massiv beeinflussen können 

Fakt ist: Auch in Deutschland und Österreich hätte eine Briefwahlreform schon bei kleinen Änderungen erhebliche Wirkung. Gerade bei knappen Ergebnissen zählt eben doch jede Stimme und vor allem die Frage der Wahlbeteiligung, wir die US-Wahl gezeigt hat.

Fakt am Rande: Noch US-Präsident Donald Trump hat bei der Zahl der Gesamtstimmen (rund 71 Millionen) das zweitbeste Ergebnis erzielt, das je ein Präsident in der Geschichte der USA bekommen hat. Weit mehr etwa, als Ex-Präsident Obama oder John F. Kennedy. Sein einziges Problem: Der Kandidat mit den meisten Stimmen in der Geschichte heißt ausgerechnet Joe Biden. Und die kamen vor allem über die Briefwähler.