Hütte in den Bergen in  Bayern
Urlaub auf der Alm, wie hier in Bayern - nicht für alle möglich.
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Kritik wächst

Beherbergungsverbot: Gerichte kippen Regelungen

Die Kritik am Beherbergungsverbot nimmt zu. KOMMUNAL hat sich in Urlaubsregionen und beim kommunalen Spitzenverband umgehört. Inzwischen haben Gerichte die Regelungen in Niedersachsen und Baden-Württemberg gekippt. Sachsen kündigte an, das Beherbergungsverbot für Reisende aus Risikogebieten aufzuheben.
Aktualisiert am 15. Oktober 2020

Das Beherbergungsverbot für Urlauber aus Corona-Hotspots steht auf dem Prüfstand. Denn die Kritik an der auch noch unheitlichen Regelung in den Bundesländern wird immer lauter. Inzwischen haben Gerichte die Regelungen in Niedersachsen und Baden-Württemberg gekippt. Bei ihrer jüngsten Beratung der Länderchefs mit Kanzlerin Angela Merkel war keine Einigung zustande gekommen.

Beherbergungsverbot Mecklenburg-Vorpommern mit Quarantäneregeln

Vor den Herbstferien hieß es: Eine Hotel- und Pensionsübernachtung ist nur mit bis zu 48 Stunden altem Corona-Test möglich oder es geht gar in Quarantäne, wie in Mecklenburg-Vorpommern. Dort sind derzeit für Besucher aus Risikogebieten mit über 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner ohne Corona-Test nicht einmalTagesbesuche erlaubt.

Städte-und Gemeindetag: Kontrollaufgaben werden abgewälzt

Klaus Michael Glaser, Jurist und Referent beim Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern kritisiert die strengen Regelungen. "Wir halten das Beherbergungsverbot für einen schweren Eingriff, der gut erwogen sein will", sagte er auf Anfrage zu KOMMUNAL. Die vergleichsweise geringen Corona-Infektionen in Mecklenburg-Vorpommern seien vor allem auf Familienfeiern und Rückkehrer aus Corona-Risikogebieten zurückzuführen, nicht aber auf Feriengäste, die sich in den Hotels oder Campingplätzen aufgehalten haben.

"Insofern sehen wir das Risiko als eher gering an,  der Verwaltungs- und Kontrollaufwand ist dagegen enorm und kaum umzusetzen", betonte Glaser, der für Ordnungsrecht zuständig ist.  Er betonte: "Es werden wieder Kontrollaufgaben auf Dritte - nämlich die Hotelbetreiber und Gastwirte - und die Ordnungsämter abgewälzt. Wir sollten sie nicht mit solchen Zusatzbelastungen weiterquälen." Weiter sagte er: "Mecklenburg-Vorpommern möchte ein gastfreundliches Land für alle Bundesbürger und auch für die Berliner sein. Die Suche nach Kennzeichen wie B für Berlin oder E für Essen oder M für München ist unwürdig und erinnert an nicht so schöne Zeiten."

Quarantäne in Mecklenburg-Vorpommern

In Mecklenburg-Vorpommern sei besonders hinderlich, dass dort nicht nur ein Corona-Test verlangt wird, sondern die Besucher 14 Tage in den Hotels in Quarantäne gehen sollen. Die Wartezeit kann durch das Gesundheitsamt verkürzt werden, wenn ein zweiter Test nach fünf bis sieben Tagen ebenfalls negativ ausfällt. Das belastet die Testkapazitäten.

Das Beherbergungsverbot hat zu massiven Stornierungen geführt. Nach  Schätzungen des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA fallen 30 bis 40 Prozent der Buchungen für die nächsten Wochen aus. "Auf Usedom, das als Badewanne Berlins bekannt ist, bleiben viele Gäste aus", sagte Glaser. "Andererseits wird auf der anderen Seite der Insel im polnischen Teil Swinemünde dicht an dicht gefeiert. "Was den Infektionsschutz betrifft, wären sie besser in Heringsdorf oder in Zinnowitz geblieben, also im sicheren Mecklenburg-Vorpommern. "Wir haben gute Hygienekonzepte", sagte Glaser.

Am Oberverwaltungsgericht Greifswald liegen derzeit drei Eilanträge gegen die Quarantäneregeln Mecklenburg-Vorpommerns für Urlauber vor. Sie stammen von Hoteliers beziehungsweise Beherbergungsbetrieben, teilte ein Sprecher am Donnerstag mit. Dies berichtet der Nordkurier.

Spreewald-Region leidet unter Beherbergungsverbot

Im brandenburgischen Spreewald, der 2019 mit einem neuen Übernachtungsrekord von 2 Millionen Gästen aufwartete, sorgt das Beherbergungsverbot ebenfalls für Ernüchterung. Die Berliner können dort zwar ohne aktuellen Corona-Test einen Ausflug machen, doch wer in Hotels oder in einer Pension übernachten will, braucht einen Nachweis. Das ist gerade in Bezug auf die Wochenend-Kurzurlauber ein Problem. Der Sprecher des Tourismusverbandes Spreewald, Denis Kettlitz, sagt: "Wir hoffen, dass sich da noch was ändert. Jeden Tag pendeln die Menschen zwischen hin und her und sich in Kontakt, aber übernachten dürfen sie im Spreewald nicht so einfach." Er fordert: "Die Politik muss sich nochmals zusammensetzen. Ein Beherbergungsverbot löst die Probleme nicht, sondern wirft noch mehr Fragen auf." 

Ganz pessistisch zeigt er sich aber nicht. "Es gibt Stornierungen aus dem Berliner Raum, dafür kommen mehr Gäste aus anderen Bundesländern. Beim Landkreis Dahme-Spreewald heißt es: "Wir bedauern es sehr, dass aufgrund des Anstiegs der als positiv getesteten Coronafälle ein Beherbergungsverbot notwendig geworden ist. Vor allem für die hiesige Tourismus- und Gastronomiebranche bedeutet dies wieder starke Einnahmeverluste. Aber es gilt die Sicherheit und Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen."

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hat  ebenfalls mehrere  Eilanträge gegen das Beherbergungsverbot für Menschen aus Corona-Risikogebieten erhalten. Das teilt eine Sprecherin dem rbb am Donnerstag auf Anfrage mit.

Bayerischer Wald - "Beherbergungsverbot ist ein Witz"

Im Bayerischen Wald machte sich erst einmal Erleichterung breit, nachdem die Staatsregierung in München klargestellt hat, dass zumindest die Bayern auch aus Hotspots Urlaub im eigenen Bundesland machen kann. "Zu uns kommen in den letzten Jahren sehr viele Urlauber aus Bayern", sagte der DEHOGA-Kreisvorsitzende von Freyung-Grafenau, Bernhard Sitter, zu KOMMUNAL. "Vor allem aus München". Der Chef des Hotel- und Gaststättenverbandes sagt: "Bisher war ich sehr zufrieden mit dem, was die Bayerische Staatsregierung macht. Doch das Beherbergungsverbot ist ein Witz. Den Besucher aus Mecklenburg-Vorpommern darf ich ohne Test nehmen, den Berliner aber nicht." Er hat selbst einen Beherbergungsbetrieb - das "Bier- und Wohlfühlhotel Gut Riedelsbach".

Sitter beklagt: "Es kann nicht sein, dass Hoteliers vielleicht auch noch Detektive einstellen müssen, um herauszufinden, ob der Gast vorher sich in einem Risikogebiet uafgehalten hat. Seine Erwartung? "Eine praktikable Lösung für die Hoteliers. In Deutschland soll jeder hinfahren können, wo er mag." Hotels gelten bislang nicht als Corona-Infektionsquelle, bei privaten Feiern hingegen gibt es keine Maske. "Da wird gebusselt und geschmust", sagte der DEHOGA-Chef.

Gerichte kippen Beherbergungsverbot in Baden-Württemberg und Niedersachsen

In Baden-Württemberg hat der Verwaltungsgerichtshof  einem Eilantrag außer Vollzug gesetzt. Es können laut Gericht aber Rechtsmittel gegen den Beschluss eingelegt werden. Zudem hat auch das  Oberverwaltungsgericht das Beherbergungsverbot in Niedersachsen in einem Eilverfahren für rechtswidrig erklärt. Der Beschluss sei unanfechtbar, wie das Gericht am Donnerstag in Lüneburg mitteilte.In Sachsen kündigte die Regierung inzwischen an, die Regelung wieder aufzuheben.