Bürgermeisterin mit 27, vorher Gemeinderätin, auf dem Land hat die Jugend - und in diesem Fall auch noch die weibliche - eine echte Chance!
Bürgermeisterin mit 27, vorher Gemeinderätin, auf dem Land hat die Jugend - und in diesem Fall auch noch die weibliche - eine echte Chance!
© Benjamin Lassiwe

Bürgermeisterin: Allein unter 12 Männern

Annika Popp ist 32 Jahre alt und seit fünf Jahren Bürgermeisterin von Leupoldsgrün. Im Gemeinderat war sie schon immer die Jüngste, deutschlandweit gehört sie zu den jüngsten Bürgermeisterinnen.

Im Büro von Annika Popp steht ein Babybettchen. Die Bürgermeisterin von Leupoldsgrün ist vor einem halben Jahr Mutter eines Sohnes geworden. „Wenn ich ihn zum Gratulieren auf einen 85. Geburtstag mitnehme, ist er der Star“, lacht die 32jährige Realschullehrerin, die seit 2014 im Ehrenamt Erste Bürgermeisterin der Gemeinde Leupoldsgrün ist.

Leupoldsgrün – das ist ein kleines, 1250 Einwohner zählendes Dorf im östlichen Oberfranken, nur sieben Kilometer von der kreisfreien Stadt Hof entfernt. Ein Ort, direkt an der Autobahn gelegen, Heimat von landwirtschaftlichen Betrieben ebenso wie von Logistikfirmen. Vor allem aber ein Ort, der für Annika Popp die Heimat ist. Hier ist sie in einer großen Familie aufgewachsen. Hier hat sie sich als Jugendliche im Kindergottesdienst engagiert, hier hat sie die Junge Union mitgegründet. „Ich wollte mich einfach noch mehr für das Dorf engagieren“, sagt Popp. „Damals haben ein paar alte CSUler gesagt, uns gehen die Leute aus, wir brauchen Nachwuchs.“ Und als 2008 die Kommunalwahlen anstanden, wurde die damals 20jährige zusammen mit einem anderen Vertreter der Jungen Union in den Gemeinderat gewählt. „Es gab in Leupoldsgrün noch nie jemanden, der jünger war.“

Bürgermeisterin sieht ihre CSU als frauenfreundlich an 

Dass ihre Partei, die CSU, nicht in erster Linie mit dem Engagement von Frauen in der Politik verbunden wird, ärgert Annika Popp. „Es gibt in der CSU ganz viele, ganz tolle Frauen“, sagt die Bürgermeisterin. „Aber oft kommen sie nur bis zu einem gewissen Grade in der Politik vor.“ Sie frage sich schon, „warum eine Dorothee Bär nur ein Ministerium ohne Ministerium kriegt, oder Frauen nur stellvertretende Parteivorsitzende werden.“ Sie vermutet, dass das eine Generationenfrage sei. „Ich erlebe, dass man als Frau bei vielen Terminen zuerst ganz komisch angeschaut wird: Man ist ja meist die einzige Frau und dann auch noch jung“, sagt Popp. „Aber durch Auftreten, Engagement und Sachverstand kann man die Männer dann auch überzeugen – wenn man einmal den steilen Gipfel erklommen hat, läuft es ganz von alleine.“  

In Leupoldsgrün hat sich die Bürgermeisterin mittlerweile etabliert. Und während es anderswo vielleicht zu Problemen führen könnte, wenn eine Bürgermeisterin im Amt ein Kind bekommt, freuten sich die Leupoldsgrüner mit Annika Popp. „Ich habe aber auch schon vor meiner Wahl gesagt, dass ich mit meinem Mann auch eine Familie gründen möchte“, sagt Popp. Die Gemeinde sei also darauf vorbereitet gewesen, dass sie schwanger werden könnte. Manchmal arbeite sie von zu Hause, der Vater des Kindes nehme vier Monate Elternzeit, und wenn es darauf ankomme, wohne ja auch die ganze Großfamilie im Ort oder wenigstens im selben Landkreis. Denn für Annika Popp ist es selbstverständlich, auch weiter für die Menschen in Leupoldsgrün dazusein. „Man sollte nicht abheben“, sagt die junge Bürgermeisterin. „Man sollte als Bürgermeisterin bürgernah bleiben – und jedes noch so kleine Anliegen ernst nehmen, und authentisch und transparent bleiben.“ 

Die Liste der Erfolge der jungen Bürgermeisterin ist lang - von Bürgerbus bis zum Landarzt...

Was sie politisch bislang bewirkt hat? Schon in ihrer Zeit als Gemeinderätin entstanden ein kommunales Mitteilungsblatt, ein Sommerferienprogramm für Kinder und Jugendliche und Jungbürgerversammlungen, auf denen Jugendliche ihre Meinungen zum Dorfgeschehen einbringen konnten. Dann war da die Arztpraxis: In Leupoldsgrün hatte schon seit über 15 Jahren kein Arzt mehr praktiziert, da wurde eine Mietwohnung im Rathaus frei. Und Annika Popp gelang es, eine Praxisgemeinschaft für die Räumlichkeiten zu interessieren. Denn die Kassenärztliche Vereinigung hatte in der Region einen Arztsitz frei. Mit dieser Information versehen, schaffte sie es, gleich fünf Bewerber für die freien Räume zu finden. Schon in ihrem ersten Amtsjahr eröffnete eine Gemeinschaftspraxis eine Filliale in Leupoldsgrün.

Annika Popp ist seit 5 Jahren im Amt: Unsere Bürgermeisterin des Monats
Annika Popp ist seit 5 Jahren im Amt: Unsere Bürgermeisterin des Monats

Neu geschaffen hat Annika Popp auch einen Bürgerbus, der zwei Mal pro Woche durch das ganze Dorf und in die Nachbargemeinden Selbitz und Konradsreuth fährt. Denn während es nach Hof einen Linienbus gibt, sind die anderen Orte für ältere Menschen ohne Auto unerreichbar. Und die Mittelgebirgsregion und das langgezogene Gemeindegebiet macht es gerade Gehbehinderten schwer, sich im Ort fortzubewegen. Und auch für die Frauen gibt es in Leupoldsgrün nun ein neues Angebot: Einen Frauenstammtisch, an dem sich alle zwei Monate bis zu 20 Frauen treffen. „Die Männer gehen abends ins Wirtshaus oder gucken zusammen Bundesliga“, sagt Annika Popp. „Aber für Frauen fehlte lange ein Angebot, wo man sich vernetzen konnte.“ Bei jeder Runde des Stammtischs gibt es einen kurzen inhaltlichen Impuls – zu Themen aus dem Ort ebenso wie aus dem Alltagsleben. „Und natürlich hoffe ich auch darauf, dass sich die eine oder andere Frau dann irgendwann auch in den Gemeinderat wählen lässt“, sagt Annika Popp. „Damit ich nicht mehr die Einzige unter 12 Männern bin.“