Wie können die Kommunen ihre Altschulden tilgen?
Wie können die Kommunen ihre Altschulden tilgen?
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Einigung beim Thema Altschulden in Sicht?

Der 2018 beschlossene Finanzausgleich ist noch nicht einmal in Kraft und schon beginnt die nächste Diskussion um die Steuerverteilung. Es geht vor allem um die Gewerbe- und die Umsatzsteuer. Aber auch in Sachen Altschulden könnte es wieder Bewegung geben.

Sie ist nun wirklich mit viel Tamtam angekündigt worden, die Regierungskommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse". Immerhin nimmt sie nun ihre Arbeit mit dem gleichen großen Tamtam auf. Und mit ziemlich schweren Brocken, die zwar alle nicht gerade neu sind, aber zumindest jetzt wieder neu auf den Tisch kommen. 

Geführt wird die Kommission vom Finanzministerium um Olaf Scholz. Und so ist es wenig verwunderlich, dass es zunächst einmal um das Thema Geld geht, oder besser gesagt um die Verteilung der Milliarden. Denn um nichts wird bekanntlich im Finanzministerium so sehr gestritten wie darum, wer welchen Anteil vom Kuchen über welche Haushaltstellschrauben und Töpfe bekommt.

Einige wünschen sich, dass die Umsatzsteuer nicht an der Wirtschaftskraft, sondern zudem an der Einwohnerzahl ausgerichtet wird. Hier könnte es tatsächlich eine Einigung geben!

Christian Erhardt, KOMMUNAL-Chefredakteur

Die Begehrlichkeiten sind groß, die ideologischen Gräben ebenfalls 

In diesem Fall heißen die Fleischtöpfe Gewerbesteuer, Mehrwertsteuer und Töpfe zur Altschuldentilgung. Doch der Reihe nach. Insgesamt hat die Kommission zehn Vorschläge zur Tilgung der Altschulden und zur Vermeidung neuer kommunaler Schulden gesammelt. 

Um zu verstehen, wo die Trennlinien bei der Deutung der Fleischtöpfe liegen, muss man wissen, wer wie stark betroffen ist. Da sind einerseits die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. Hier haben besonders viele Kommunen extrem hohe Schulden, allen voran laufende Kassenkredite. Und das, obwohl sich in diesen Bundesländern viele Firmenzentralen größerer Unternehmen befinden. 

Auf der anderen Seite stehen die ostdeutschen Bundesländer, die insgesamt strukturschwach sind, kaum größere Industrieunternehmen haben (zumindest nicht die Hauptsitze dort sind) und die insgesamt bei der Wirtschaftskraft den "alten Ländern" hinterherhinken.

So ist es wenig verwunderlich, dass die ostdeutschen Länder - allen voran Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Hasselhoff (KOMMUNAL berichtete in der vergangenen Woche ausführlich) fordern, die Gewerbesteuer künftig an der Wertschöpfung auszurichten. Sprich: Dass Unternehmen dort ihre Gewerbesteuer zahlen müssen, wo die Leistung erbracht wurde, etwa in einem Zweigwerk und nicht an Hauptsitz des Unternehmens. Denn besagte Firmenzentralen befinden sich häufig in den westdeutschen Bundesländern. 

Zudem wünschen Sie sich, dass die Umsatzsteuer nicht an der Wirtschaftskraft, sondern zudem an der Einwohnerzahl ausgerichtet wird. Hier könnte es tatsächlich eine Einigung geben, denn auch einwohnerstarke Regionen wie das Ruhrgebiet in NRW könnten davon profitieren. Generell gilt: Wirtschatsstarke Kommunen werden durch die jetzt Berechnung des kommunalen Anteils der Umsatzsteuer gestärkt, strukturschwache Regionen geschwächt. 

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Auch das Thema Altschulden spielt eine große Rolle 

In der Tat ist das eine Begründung, die der Bund gerne anführt, wenn er nicht bereit ist, den kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer zu erhöhen.

Reiche würden so reicher, Arme ärmer. Und so überlässt der Bund es gerne den Ländern, das Geld an die Kommunen zu verteilen. Ausnahmen, wie jüngst beim Digitalpakt für Schulen führen zudem zu erheblichen Diskussionen und sich nur mit Grundgesetzänderungen machbar. Bisher waren die Gräben aber auch hier immer zu groß, als dass es zu Änderungen kam. 

Bleibt das Thema Altschulden: Hier argumentieren einige, es seien ja vor allem die Sozialkosten, sprich: Pflichtaufgaben, die viele strukturschwache Kommunen erst in die Miesen geführt hätten. Und so wünschen sich Teile der Kommissionsmitglieder, dass genau hier zumindest für die Zukunft Änderungen vorgenommen werden. Hauptthema: Die Unterbringungskosten für Langzeitarbeitslose. Gesamtkosten für die Kommunen pro Jahr: 14 Milliarden Euro. Nimmt nun Der Bund den Kommunen hier Lasten ab, profitieren voraussichtlich vor allem die Städte. Denn hier ist die Zahl der Hartz IV Empfänger meist höher, als auf dem Land. Das finden wiederum diejenigen nicht gut, die vor allem die ländlichen Räume stärken wollen. 

Auf welchem Weg Altschulden erlassen werden können, ist zudem in der Kommission noch unklar. Diskutiert wird vor allem die Frage, welche Rolle der Bund bei den Altschulden übernehmen darf und soll. Rechtlich schwierig, doch auch die Länder bewegen sich hier bisher nur wenig. Immerhin erste Erfolge gab es etwa in Hessen. Dort gab es ein Entschuldungsprogramm für Kommunen.

Klar ist zum jetzigen Stand nur: Die Diskussionspapiere liegen immerhin auf dem Tisch - mit dicken Brettern, die es anzubohren gilt. 

Zeitpunkt für erste Ergebnisse und realistische Chance auf Einigung: Kaffeesatzleserei!