Manfred Güllner, Geschäftsführer von Forsa
Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein, meint Manfred Güllner

Digitalisierung: Fluch oder Segen für die Bürger?

Die Digitalisierung der Verwaltung ist eine Chance. Dabei müssen die Behörden aber mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse der Bürger neh-men, meint Forsa-Chef Manfred Güllner.

Eine beachtliche Minderheit von einem Viertel der Befragten einer aktuellen forsa-Umfrage klagt des Öfteren über die Verwaltung und ist unzufrieden mit deren Leistungsfähigkeit. 

Bei dieser Einschätzung finden sich deutliche regionale Unterschiede: So sind die Bayern mit ihren lokalen Verwaltungen am zufriedensten, die Bürger an Rhein und Ruhr am unzufriedensten. Das liegt unter anderem daran, dass in Nordrhein-Westfalen als Folge einer radikalen Gebietsreform nur noch relativ große Gemeinden vorhanden sind. In Bayern hingegen gibt es über 2.000 kleine Gemeinden. Und in kleinen Gemeinden ist die Zufriedenheit mit der Kommunalverwaltung am größten. 

Diejenigen, die mit ihrer Verwaltung vor Ort eher unzufrieden sind, beklagen neben konkreten Problemen, in etwa gleichem Maße auch strukturelle Probleme. Probleme, die durch Flüchtlinge und deren Integration verursacht werden, werden von den Bürgern – anders als es die aktuelle politische Situation vermuten ließe – kaum als Grund für eine nicht so gute Bewertung der Kommunalverwaltung genannt. 

Durch die fortschreitende Digitalisierung könnte sich die Leistungsfähigkeit der lokalen Verwaltungen nach Meinung einer Mehrheit der Bürger verbessern. Gesehen wird auch die Chance, dass die Verwaltung dadurch kostengünstiger arbeiten könnte. Dass sie durch die zunehmende Digitalisierung auch bürgerfreundlicher würde, glaubt nur eine Minderheit. 

 

 

 

 

Während eine große Mehrheit der Bürger glaubt, dass durch die fortschreitende Digitalisierung nicht die Menschen, sondern in erster Linie die Unternehmen Vorteile hätten, glauben bezogen auf die Kommunalverwaltungen rund drei Viertel, dass nicht nur deren Beschäftigte davon profitieren, sondern auch die Bürger. Und den Eindruck, den die Bürger von vielen Unternehmen haben, dass nämlich Dienstleistungen nur digitalisiert werden, weil es technisch möglich ist, nicht aber um den Menschen Vorteile zu verschaffen, haben sie bei ihrer Kommunalverwaltung nicht. 

 

Statistik Forsa
Auszug aus den Statistiken von Forsa - alle Grafiken finden Sie in der aktuellen Ausgabe der KOMMUNAL (September) 

 

Vertrauen in die Digitalisierung der Verwaltung ist vorhanden 

 

So würden es rund 60 Prozent vorziehen, wenn sie möglichst viele Verwaltungsvorgänge per Internet erledigen könnten. Die in anderen Bereichen – etwa bei Versicherungen oder Banken - vorzufindende Präferenz für einen persönlichen Ansprechpartner findet sich hier nur bei 37 Prozent. Der Wunsch nach einem trotz aller Digitalisierung immer noch möglichst persönlichen Kontakt zur Verwaltung ist in überdurchschnittlichem Maße ausgeprägt bei Bewohnern kleinerer Gemeinden, älteren Bürgern, den unteren sozialen Schichten sowie bei denjenigen, die bei der Nutzung des Internets bei Behördenkontakten Schwierigkeiten haben. 

Während die zunehmenden Möglichkeiten der Speicherung und Verknüpfung von persönlichen Daten generell bei 61 Prozent aller Bundesbürger Ängste auslöst, sind die Befürchtungen im Hinblick auf eine missbräuchliche Nutzung der eigenen Daten durch die Kommune mit 35 Prozent deutlich geringer. 

Alles in allem wird die Digitalisierung möglichst vieler Verwaltungsvorgänge von den meisten Bürgern positiv bewertet. Nur: Die Digitalisierung muss dabei Rücksicht auf die Bedürfnisse der Bürger nehmen. Die Vorgänge dürfen durch die Digitalisierung nicht verkompliziert, sondern müssen einfacher werden. Dort, wo die Bürger heute aber mit ihrer Verwaltung vor Ort unzufrieden sind sollten auch schon vor weiteren Digitalisierungen Defizite in den gegenwärtigen Strukturen der Verwaltungen abgebaut werden. 

 

 

Statistik Forsa
Auszug aus den Grafiken der aktuellen Ausgabe von KOMMUNAL - alle Statistiken exklusiv im Magazin

Digitalisierung ist kein geeignetes Mittel der Bürgerbeteiligung  

 

Weniger geeignet ist die Digitalisierung hingegen zu einem Abbau der generellen Entfremdungsprozesse zwischen Bürgern und den politisch Verantwortlichen in einer Kommune. Angebote zu mehr Bürgerbeteiligung per Internet dürften die heute schon bestehende Gefahr noch vergrößern, dass lautstark artikulierende Minderheiten ihre Partikularinteressen bei politischen Entscheidungsprozessen zu Lasten der Interessen der Mehrheit durchsetzen. Hier hilft nur die Rückbesinnung der kommunalen Politikebene auf ihre ureigenste Aufgabe, nämlich einen Ausgleich zwischen den verschiedensten Interessen der Bürger einer Gemeinde zu finden. 

 

 

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