Wie Kommunen auf die Hitzewelle reagieren - Tipps zum Nachmachen und langfristige Pläne zur Umsetzung
Wie Kommunen auf die Hitzewelle reagieren - Tipps zum Nachmachen und langfristige Pläne zur Umsetzung
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Extremwetter

Hilfe bei Hitzewelle: Welche Konzepte sich in Kommunen bewährt haben

Über 40 Grad wird es in diesen Tagen in Teilen Deutschlands heiß. Solche Hitzewellen gibt es statistisch betrachtet immer häufiger. Die Zahl der Tage mit über 30 Grad hat sich in den vergangenen fünf Jahren vervielfacht, wenn man das in Relation zu den letzten 50 Jahren sieht. Was Kommunen kurzfristig tun können, was langfristig hilft und welche Rolle die Politik spielt. Ein Überblick!

Ist die Hitzewelle erst da, ist es für eine langfristige Anpassung akut zu spät. Dabei steht die langfristige Anpassung an Hitzewellen im Vordergrund. Das gilt vor allem in größeren Städten. Denn im Schnitt ist es im Sommer in den Städten rund 1,5 Grad wärmer als in ländlichen Regionen. Viel Beton und Asphalt kann ein Stadtviertel sogar um mehr als vier Grad aufheizen, vor allem bei hohen Gebäuden. 

Wichtig sind daher vor allem Luftschneisen zischen den Neubauten, dann bleibt die Hitze nicht stehen. Parks und Erholungsflächen stehen dabei im Vordergrund. Wo das nicht geht, gilt der Grundsatz: Jeder Baum, jeder Trinkbrunnen hilft weiter. Überall dort, wo kein Asphalt sein muss, sollten Kommunen ihn etwa durch Rasen ersetzen. Auch helle Farben an Hauswänden können weiterhelfen - so kann die Hitze nicht absorbieren, sondern reflektieren.

Gegen Hitzewelle hilft nun eine langfristige Bauleitplanung 

Oft sind es auch kuriose Dinge, die direkt weiterhelfen. So kennt fast jede Kommune Straßen, die bei einer Hitzewelle komplett gesperrt werden mussten, weil der Asphalt aufgeplatzt ist. In den Niederlanden wird bei einer Hitzewelle daher Streusalz auf viele Straßen gestreut - Das Salz entzieht der Luft Feuchtigkeit und kühlt so den Asphalt. 

Die Faustformel, so hat ganz aktuell eine Studie ergeben: 40 Prozent Grünflächen in der Stadt mit Rasen, Wald und Gründächern kann den Hitzestress im Sommer auf die Hälfte Reduzieren, ohne dass sich der Kältestress im Winter erhöht.

Für Kommunen heißt das: Sie sollten diese Dinge nicht nur früh mitdenken sondern am Besten gleich in ihre Bauleitplanung aufnehmen. Spätestens bei der Beteiligung der Öffentlichkeit im Bauplanungsverfahren sollte den Bürgern aufgezeigt werden, welche Auswirkungen die geplante Bebauung auf die hitzegerechte Stadt hat. 

Und wenn die Hitzewelle schon da ist? Kurzfristige Tipps für Kommunen!

Das alles hilft zugegebenermaßen wenig, wenn die Hitzewelle schon da ist. Doch auch dann können Kommunen noch vieles tun, um das Wetter für die Menschen möglichst erträglich zu machen. Dazu gehört etwa das zur Verfügung stellen von kühlen Räumlichkeiten für gefährdete Personengruppen. Die örtliche Bücherei, das oft klimatisierte Stadthalle und ähnliches bieten sich da an. Zudem empfehlen wir allen Städten und Gemeinden mit Freibad, dieses an so heißen Tagen möglichst lange - auch über die üblichen Öffnungszeiten hinaus - offen zu halten. Je mehr Menschen sich möglichst lange im Freibad aufhalten, desto geringer ist die Sorge, dass Menschen überhitzen. Denn rechnerisch sind die heißesten Stunden des Tages kurioserweise nicht in der Mittagssonne, sondern am frühen Abend.

Sowohl kommunale als auch alle anderen Arbeitgeber sollten zudem auf möglichst flexible Arbeitszeiten achten. Home-Office ist ohnehin fast überall der Normalzustand. Das bringt aber nichts, wenn die Mitarbeiter daheim keine Möglichkeiten zur Kühlung haben. Im Zweifel also das klimatisierte Büro auch zu sonst nicht üblichen Zeiten öffnen und zur Verfügung stellen.

Wichtigster Punkt in Kommunen bei einer Hitzewelle ist und bleibt aber das Thema "Kommunikation". Oft sind es die kleinen Tipps, die immer wieder gesagt werden müssen. Etwa, dass Menschen bei einer Hitzewelle keine Gartenarbeit machen sollten. Ein Punkt, den man kaum oft genug betonen kann. Gleichzeitig können Kommunen über ihre Kommunikation auch Falschmeldungen entgegenwirken. "Beliebt" ist immer wieder die völlig falsche Behauptung, durch das Wetter könne es zu Waldbränden kommen. "Das Wetter ist daran nicht schuld" - genauso wenig, wie eine Holzbank in der Sauna bei 95 Grad Feuer fängt, kann ein Wald das tun. Dafür braucht es mindestens 250 bis 300 Grad. Es handelt sich fast immer um Brandstiftung oder fahrlässige Brandstiftung, etwa durch weggeworfene Zigarettenstummel. 

Hitzewelle - Tipps

Kommunen rüsten sich gegen Hitzewellen - gute Beispiele!

An guten Ideen zur Anpassung an Hitzewellen  mangelt es in Kommunen - trotz oft schwieriger Finanzen - nicht. Denn die Anpassung an eine Hitzewelle ist - so hat die Bundesregierung jüngst erst wieder betont - kommunale Aufgabe. Nur eben keine Pflichtaufgabe, sondern freiwillige Aufgabe, was die Finanzierung oft schwierig macht. Dazu weiter unten in diesem Text daher Tipps und Forderungen, was passieren muss. 

Aber trotz dieser Probleme gibt es mehr als genug gute Beispiele, was Kommunen bereits tun. Manchmal sind es die kleinen Aktionen, manchmal die langfristigen, großen und teuren. Stollberg im Erzgebirge beispielsweise hat beim Bundespreis Stadtgrün gewonnen. Die Idee: Die Errichtung eines Stadtgartens auf dem Dach eines Discounters. Recht einfach zu organisieren, preislich mit Unterstützung möglicherweise des Discounters - machbar. 

Großstädte können da mehr machen - etwa Köln, einer der Vorreiter in Sachen Hitzeaktionspläne. Die Stadt hat ein umfangreiches Programm dafür aufgelegt. Der Fokus liegt hier darin, vor allem alleinlebende, ältere Menschen zu erreichen. Doch auch hier muss nicht jedes Projekt teuer sein. So wurde mit Hilfe der Stadt etwa ein Kölscher Hit produziert mit dem Namen: "Drinke" - "Drinke - immer wieder jet drinke" heißt der Refrain, der ältere Menschen daran erinnern soll, genügend zu trinken. 

HIER finden Sie den Hit zum Hitzeaktionsplan der Stadt: 

Einen umfassenden Aktionsplan hat auch die Stadt Münster verabschiedet. "Ein Schirm für Münster" heißt die Aktion, die mit dem Versuch beginnt, mehr grüne Dächer und Fassaden als "natürliche Dämmung" in der Stadt zu installieren und bis zu Förderprogrammen, etwa für klimafreundliche Wohngebäude, endet. So wird in der Stadt etwa der Einbau von Erdwärmepumpen finanziell gefördert. 

Hitzewelle und Aktionspläne - die Rolle von Bund und Ländern 

Wo Kommunen schon eine ganze Menge tun, stoßen sie aber immer wieder auf finanzielle Grenzen. Gerade verschuldete Städte, in denen weit über 95 Prozent der Ausgaben oft Pflichtaufgaben sind, haben ernsthafte Probleme, Aktionspläne gegen Hitzewellen aufzustellen. Denn die Prävention vor Hitzewellen fällt unter den Bereich der freiwilligen Aufgaben. So ergab eine Umfrage von KOMMUNAL Anfang des Jahres, dass von den 11.000 Kommunen in Deutschland bisher nur rund 800 Städte und Gemeinden einen Klimamanager beschäftigen. Diese werden vom Bund zwar bereits gefördert - in den ersten drei Jahren üblicherweise mit bis zu 65 Prozent der Lohnkosten - damit ist aber die langfristige Finanzierung nicht gesichert. Klamme Kommunen können sich zudem auch den vergleichsweise kleinen Eigenanteil oft nicht leisten. Über die durchaus sinnvollen Aufgaben dieser "Werbebotschafter für umweltfreundliches Verhalten vor Ort" haben wir vor einiger Zeit ausführlich berichtet.

Eine weitere Forderung vieler Kommunen an Bund und Länder: Vernetzungsangebote fördern! Denn in den Kommunen gibt es unendlich viele gute Ideen. Diese sind aber oft nicht allen bekannt. Zwar gibt es auch schon Handlungsempfehlungen des Bundes, aber auch diese sind nicht mit konkreten Beispielen unterlegt und vor allem nicht finanziell. Zu der Koordinierung kann etwa auch die Schulung von Personal in Krankenhäusern zu hitzebedingten Erkrankungen gehören. Häufig ist aber auch unbekannt, dass etwa in Apotheken aber auch daheim bei den Menschen einige Medikamente bei einer Hitzewelle möglicherweise kühler gelagert werden müssen. Dazu können auch Sozialämter und Gesundheitsämter in die Informationskampagnen eingebunden werden. 

Notfallpläne in Kommunen gibt es zumeist auch nur in Großstädten. Auch hier steht immer wieder die Forderung an Bund und Länder im Raum, einen Rahmen zu schaffen und zu finanzieren. In Frankreich etwa gibt es seit vielen Jahren nationale Notfallpläne. In diesem Rahmen existiert etwa ein Register mit alleinstehenden Personen über 60 Jahre - im Fall des Falles kann ein besonderes Augenmerk auf diese Gruppe gelenkt werden. Seit Einführung der nationalen Präventionspläne starben in Frankreich laut Statistik zwei Drittel weniger Menschen durch Hitze, als vor der Einführung der Pläne.