Rebecca Weber (v.l.), Anna Verburg und Annika van Beek
Rebecca Weber (v.l.), Anna Verburg und Annika van Beek wollen ein Netzwerk bieten

© Annika van Beek Photography

Landbewohner

Heimatliebe fördern - auch zur "Pampa"

Drei junge Frauen aus dem Hochsauerland feiern ihre Heimat und wollen andere dazu bringen, es auch zu tun: Sie haben ein Start-Up-Unternehmen gegründet und sorgen nun dafür, dass junge Menschen ihrer Heimat noch stärker verbunden sind. Aktion gegen Wegzug ganz konkret im Sauerland.

Sie sind die Pampa-Explorer: Anna Verburg, 24 Jahre, Social-Media-Fachfrau, Mutter eines 18 Monate alten Jungen und einer wenige Wochen alten Tochter. Sie lebt im sauerländischen Eslohe. Knapp unter 10.000 Bürger. 113 Quadratkilometer Fläche. Ihre Partnerin Annika van Beek ist 21 Jahre alt. Die freiberufliche Fotografin ist in Winterberg zuhause. Etwas mehr als 13.000 Einwohner. 148 Quadratkilometer Fläche. Rebekka Weber hat einen ihrer Wohnsitze in Schmallenberg. Hier verteilen sich etwas mehr als 25.000 Bürger auf 83 Ortschaften. Zwischen den drei Städtchen liegen 20 bis 40 Kilometer Wälder, Wiesen und Felder. Pampa eben. Hier, sagen die drei schmunzelnd, ende die Zivilisation – und das Abenteuer beginne. Heimatliebe: Das ist für die drei kein altbackenes, verstaubtes Wort aus dem verbalen Antiquitätenschrank, sondern Lebensqualität auf der einen Seite und Verantwortung für die Region auf der anderen Seite. „Deine Heimat braucht Dich“ – darin sind sich Anna Verburg, Annika van Beek und Rebekka Weber einig.  

Landleben: Menschen dafür begeistern



Auch deshalb sind die Drei noch immer im heimatlichen Hochsauerlandkreis unterwegs, statt ihr Glück und ihren unternehmerischen Erfolg irgendwo in einer hippen  Großstadt zu suchen. In ländlichen Regionen wie dieser verschwinden viele junge Leute nach dem Abitur zum Studium in irgendeiner Metropole. Manche kommen zurück, viele andere aber nicht. Anna Verburg ist erst gar nicht aufgebrochen. Zwar war eine Weltreise vor zwei Jahren in der Planung, aber dann kam Corona. Die junge Freelancerin mit abgebrochenem Abitur wechselte flugs die Perspektive und wurde  Selfmade-Unternehmerin und eine Art Promoterin ihrer sauerländischen Heimat. Annika van Beek ist „kurz mal weg gewesen“, um Internationales Informationsmanagement in Hildesheim zu studieren. Ein Semester präsent vor Ort – dann das Pandemie-Aus. Alle weiteren Semester hat sie online – in Winterberg – studiert. Traurig deswegen? Nicht wirklich. „Ich wollte gar nicht mehr zurück in die Stadt. Ich will hier sein, junge Menschen für das Landleben begeistern und helfen, meine Region weiterzuentwickeln.

Pampa-Explorer-Community

Dafür räumen Annika van Beek und Anna Verburg erst einmal mit Vorurteilen gegenüber ihrer Heimat auf. Gemeinhin gelten die Sauerländer nämlich als stur, distanziert und ein wenig kaltherzig. Anna Verburg lacht: „Natürlich haben auch die Sauerländer ihren ganz eigenen Humor und Charakter, an den man sich aber schnell gewöhnt, wenn man erst mal in Kontakt ist. Gerade die jungen Leute machen es einem leicht, sich im Sauerland wohlzufühlen.“ Derzeit sind die drei dabei, ihr Unternehmen nach dem Ausscheiden einer Partnerin neu zu strukturieren. Wesentlicher Teil des Unternehmens wird die „Pampa-Explorer-Community, die Gleichgesinnte aus allen Bereichen der Gesellschaft verbinden soll: junge Menschen, Unternehmer, Organisationen, Vereine, Tourismusverbände – und die Kommunen im Sauerland und im benachbarten Siegerland. Eine Online-Werbeplattform für alle, die sich und die Vielfalt ihrer Region darstellen wollen, ist noch im Aufbau begriffen.

Stein

Junge Menschen mit Attraktionen in der Natur locken



Ganz besonders die Jungen haben sich die drei Frauen als Zielgruppe ausgesucht. Sie wollen dazu beitragen, den Nachwuchs zurückzuholen und die hier Gebliebenen darin unterstützen, sich in der Heimat zu verwirklichen. „Viele junge Menschen kennen ihre Heimat nur sehr wenig und schauen nicht über den Tellerrand. Dabei gibt es hier mehr coole Events und Veranstaltungen, als so mancher glaubt. Außerdem wollen wir jungen Sieger- und Sauerländern den Weg vom Sofa zurück in die Natur zeigen“, erklärt Annika van Beek und verweist auf viele Attraktionen, die es abseits von Mountainbiketouren und Skipisten zu entdecken gebe: ein Wald-Skulpturenweg etwa, Wanderwege für Kinder, Fliegerhorste und Tauchangebote in stillgelegten Bergwerken. Anna Verburg lacht: „Während der Corona-Pandemie haben wir den Begriff Biernick geprägt. Warum nicht mal sein Feierabend-Bierchen mit einem Picknick auf einer Aussichtsplattform verbinden?  Das kann ein schöner Tagesausklang sein.“  Und sie fügt an: „Menschen für Umwelt- und Naturschutz zu begeistern, fällt natürlich wesentlich leichter, wenn die Menschen wieder hautnah erleben, was es da zu schützen gilt.“ Einen Teil der Abo-Erlöse soll in den Naturschutz in der Region fließen. Dabei sollen die Abonennten selbst entscheiden dürfen, welche Projekte unterstützt werden.

Social-Media vermitteln



Neben einer Community für alle wollen die Unternehmerinnen regionalen Firmen und Start-ups dabei helfen, sich auf einem Unternehmens-Campus der „Pampa Explorer“ fachkundig und zielgruppenorientiert darzustellen und ihre Social-MediaKanäle bestmöglich zu bespielen. Etwa indem sie in der Zusammenarbeit mit den Social-Media-Expertinnen lernen, Geschichten zu erzählen statt Anzeigen zu schalten oder neue Produkte in coolen Videoformaten oder anhand gemeinsam entwickelter Kampagnen zu vermarkten. Als weitere mögliche Kooperationspartner haben die Pampa Explorer die Kommunen des Sauer- und Siegerlandes ausgemacht. Anna Verburg erläutert: „Wir wollen, dass das Beste des Sauerlands herausgestellt wird und für dieses Ziel können wir uns eine  Zusammenarbeit mit den Kommunen des Sauerlands sehr gut vorstellen. Wir bieten ein umfassendes Netzwerk, mit dessen Hilfe junge Leute erreichbar werden, die einzelnen Regionen sich verbinden und mit unserem know-how können wir die vielleicht noch fehlenden Lücken im kommunalen Stadtmarketing bestimmt prima ergänzen.“ Eine Stadt, sagt sie, sei nur dann stark, wenn sie zufriedene Bürgerinnen und Bürger beherberge. Zufrieden mit ihrer Arbeit und ihren Unternehmen. Zufrieden aber auch mit der Lebensqualität, die ihnen ihre Kommune bietet. „Dafür brauchen Kommunen eine bessere Repräsentation ihrer Arbeit, ein umfassendes Netzwerk und zielgruppenorientierte Ansprachen. Das gilt ganz besonders dann, wenn sie die jungen Leute erreichen und an die Region binden wollen. Dabei können wir Pampa-Explorer hilfreich sein. Denn wir haben festgestellt, dass viele Kommunen überhaupt nicht wissen, was junge Menschen für ein gutes Leben auf dem Lande brauchen.“    

Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmen

Ganz wichtig: Die drei Frauen wollen nur mit Unternehmen, Organisationen, Vereinen und Kommunen zusammenarbeiten, die im Sauer- oder Siegerland beheimatet sind. Zweite Voraussetzung für eine Kooperation ist eine glaubwürdige und mit der Unternehmensphilosophie der PampaExplorer in Einklang stehende Haltung in Sachen Klimaschutz sowie Umwelt- und Naturschutz – ein wesentlicher Teil der Pampa-Explorer-Unternehmenskultur. Die drei Frauen wollen mit ihrer Arbeit nicht nur die Heimat vermarkten, ohne einen Massentourismus zu befördern. Sie wollen auch einen Teil ihrer Gewinne wieder in die Natur investieren, in dem sie Umweltschutzmaßnahmen in der Region aktiv unterstützen oder eigene organisieren.

Anna Verburg, Annika van Beek und Rebekka Weber: Drei Frauen, die die Sicherheit eines abhängigen Broterwerbs gegen die Unsicherheit einer unternehmerischen Existenz auf dem Lande abgewogen – und für gut befunden haben. Annika van Beek hat jedenfalls keine Angst vor der Selbstständigkeit: „Mein Vater wurde schwer krank, da war ich gerade einmal sechs Jahre. Ich habe früh gelernt, dass es keine Sicherheit gibt.“ Und Anna Verburg ergänzt: „Wir drei wollen etwas aufbauen, das einen Mehrwert hat: für die Natur, für unsere Städte, unsere hier beheimateten Unternehmen und für alle Menschen, die in dieser Pampa ihre Wurzeln haben.“