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Gastbeitrag

Klares Zeichen gegen Hasskriminalität

Der Bundestag hat das Gesetzespaket gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität verabschiedet. Ein richtiger Schritt, sagt Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Doch zum Schutz der Kommunalpolitiker braucht es seiner Ansicht nach noch mehr Reformen.

In seiner Sitzung am 18.Juni 2020 hat der Bundestag das Gesetzespaket gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität verabschiedet. Das Gesetzespaket enthält vor allem Änderungen des Strafgesetzbuches, des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes und des Bundesmeldegesetzes mit denen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker besser vor Beleidigungen geschützt werden sollen.

Gesetz gegen Hasskriminalität geht nicht weit genug

Das Gesetz ist ein richtiger Schritt, auch wenn der Deutsche Städte- und Gemeindebund sich weiterreichende Reformen gewünscht hätte.  Nunmehr liegt die Verantwortung auch bei den Staatsanwaltschaften und den Gerichten, die den neuen Strafrahmen auch anwenden und Täter verurteilen müssen.

Kommunalpolitiker künftig stärker geschützt

Bei den Änderungen des Strafrechts ist insbesondere die Reform des § 188 StGB hervorzuheben. Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker werden ausdrücklich in den Schutzbereich der Norm einbezogen. Darüber hinaus wird der besondere strafrechtliche Schutz des §188 StGB vor Verleumdungen und übler Nachrede auch auf Beleidigungen erweitert. Beleidigungen zu Lasten von Kommunalpolitikern können zukünftig mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden, anstelle wie bisher mit maximal 1 Jahr. Daneben soll der Schutz von Notdiensten in § 115 StGB verbessert werden. Mancherorts ist es Alltag, dass Rettungskräfte, Ärzte und Pfleger attackiert werden. Rettungskräfte im Einsatz sind erst vor zwei Jahren strafrechtlich besser vor Attacken geschützt worden. Dieser Schutz wird nun auf Personal in ärztlichen Notdiensten und in Notaufnahmen ausgedehnt.

Soziale Netzwerke müssen Bundeskriminalamt informieren

Soziale Netzwerke sollen strafbare Postings künftig nicht mehr nur löschen, sondern in bestimmten schweren Fällen auch dem Bundeskriminalamt (BKA) melden müssen, damit die strafrechtliche Verfolgung ermöglicht wird. Um Täter schnell identifizieren zu können, müssen soziale Netzwerke dem BKA auch die letzte IP-Adresse und Port-Nummer, die dem Nutzerprofil zuletzt zugeteilt war, mitteilen. Das BKA prüft den gemeldeten Post und entscheidet dann ob eine weitere Identifizierung des Nutzers notwendig ist.

Auskunftssperre von Adressen Hasskriminalität-Betroffener

Weiter sollen Betroffene von Bedrohungen, Beleidigungen und unbefugten Nachstellungen leichter eine Auskunftssperre im Melderegister eintragen lassen können und so davor geschützt sein, dass ihre Adressen weitergegeben werden. Dazu wurde § 51 des Bundesmeldegesetzes geändert. Die Meldebehörden sollen berücksichtigen müssen, ob die betroffene Person einem Personenkreis angehört, der sich aufgrund beruflicher oder ehrenamtlicher Tätigkeiten in verstärktem Maße Anfeindungen oder Angriffen ausgesetzt sieht. Bei einer melderechtlichen Auskunftssperre wird (wie bisher) bei Kandidatinnen und Kandidaten auf Wahllisten nicht mehr die Wohnanschrift angegeben.

Vermehrt Beleidigungen, Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt

Die Reformen des Strafgesetzbuches sind ein richtiger Schritt, um den Schutz von Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern vor Beleidigungen, Bedrohungen und Angriffen strafrechtlich zu schützen. Die Meinungsfreiheit im demokratischen Diskurs ist ein hohes Gut, aber Grenzen müssen dort gesetzt werden, wo ehrverletzende Beleidigungen Menschen herabwürdigen und zu weiteren Taten anstacheln. Diese wurden und werden in den letzten Jahren vermehrt beleidigt und bedroht oder sogar körperlich angegriffen.

Städte- und Gemeindebund: Politiker-Stalking soll strafbar sein

Trauriger Höhepunkt war der Mord an dem Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes wäre, um Strafbarkeitslücken zu schließen, noch die Einführung eines Straftatbestandes zum Politiker-Stalking notwendig gewesen. Durch aggressives Auftreten bis hin zu Morddrohungen werde nicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, sondern auch der politische Diskurs in der demokratischen und pluralistischen Gesellschaftsordnung angegriffen.

Politiker, die auch einen überwiegenden Teil ihrer Freizeit und ihres Privatlebens in die lokale Demokratie stecken, dürfen nicht allein gelassen werden. Gerade in den „sozialen“ Medien ist die Hemmschwelle für ein derartiges Handeln gesunken, von daher sind auch die Änderungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes richtig und zu begrüßen. 

Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen Taten konsequenter verfolgen

Die strafrechtlichen Änderungen werden weiter ins Leere laufen, wenn die Staatsanwaltschaften und die Gerichte nicht konsequenter als in der Vergangenheit entsprechende Taten zu Lasten von Kommunalpolitikern ernst nehmen und die Täter dann konsequent verfolgt und verurteilt werden. Es ist zwingend notwendig, dass Schwerpunktstaatsanwaltschaften in den Ländern eingerichtet und der Informationsaustausch verbessert wird.

Richtlinien für Einstellung der Verfahren gefordert

Die ZAC NRW (Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime) und ZIT Hessen (Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität) sind Vorbilder. Ebenso hilfreich sind Richtlinien, in denen Einstellungen von Ermittlungsverfahren wegen Geringfügigkeit bei Hasskriminalität, Attacken und Übergriffen gegen Amtsträger, Rettungssanitäter, Polizisten und Hilfeleistende an konkrete Kriterien geknüpft werden und das öffentliche Interesse nicht einfach verneint werden kann. Um gegen Bedrohungen, Beleidigungen und Gewalt entschlossen vorzugehen brauchen wir einen wehrhaften Rechtsstaat, der die bestehenden strafrechtlichen Vorschriften konsequent umsetzt.

Prävention und Opferschutz besser verankern

Jedoch ist neben gesetzlichen Regelungen der Strafverfolgung insbesondere die Präventions- und Sensibilisierungsarbeit der Zivilgesellschaft ein unabdingbarer Bestandteil einer erfolgreichen Bekämpfung von Hasskriminalität. Die Präventionsarbeit und der Opferschutz müssen gesetzlich besser verankert werden. Zur Anerkennung von kommunalen Amts- und Mandatsträgern und anderen Politkern brauchen wir mehr Aufklärung, mehr politische Bildung in den Schulen, mehr offenen Austausch von Angesicht zu Angesicht.

Politik braucht respektvollen Umgang untereinander

Was im Netz gesagt wird, wird in der Regel in diesem Tonfall im persönlichen Gespräch nicht eins zu eins wiederholt. Zudem kann in persönlichen Gesprächen viel mehr getrennt werden zwischen dem, was wirklich als Problem angesehen wird, und der Person, die für die Politik vor Ort steht. Die Probleme müssen ernst genommen und sachlich diskutiert werden, während zugleich persönliche Anfeindungen als Mittel der Kommunikation ausgeschlossen werden müssen. Die Politik sollte sich zum respektvollen Umgang untereinander verpflichten.

Politische Bildung für alle Alterklassen ausbauen

Auch die Medien können einen maßgeblichen Beitrag leisten, indem berichtet und dargelegt wird, wie gerade Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie kommunale Mandatsträger arbeiten und was hinter ihrer Arbeit steckt. Durch den Ausbau der politischen Bildung in allen Altersklassen muss über Zusammenhänge und Entscheidungsprozesse in den Kommunen informiert werden, damit  Vorurteile, die teilweise sogar durch Kinderserien gefördert werden, sich nicht verfestigen und bereits Kinder und Jugendliche sind ein wirkliches Bild von der Arbeit der Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger machen können.

Bürger sollen sich hinter Amts- und Mandatsträger stellen

Dies beginnt mit der Stärkung der politischen Bildung in den Schulen, der Jugendarbeit bis zu Demokratiewerkstätten vor Ort. Letztlich sind aber auch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort aufgerufen, sich hinter ihre Amts- und Mandatsträger zu stellen und sie vor den Anfeindungen zu schützen.