Die Grundsteuer steigt in so vielen Kommunen, wie seit Jahren nicht- das sind die Gründe!
Die Grundsteuer steigt in so vielen Kommunen, wie seit Jahren nicht- das sind die Gründe!
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Wohnen wird teurer

Hebesätze für die Grundsteuer steigen stark an

In möglicherweise mehr als 1000 Kommunen steigt im kommenden Jahr die Grundsteuer zum Teil kräftig. Experten warnen vor einem Belastungsschock für Eigentümer und Mieter, die Kommunen verweisen auf rechtliche Vorgaben und eigene Kostenexplosionen. Ein Überblick:

Die Last der Grundsteuer wird deutschlandweit im Durchschnitt um 10 bis 20 Prozent steigen. Diese Zahlen nennt der Hauseigentümerverband Haus und Grund und warnt vor einer Explosion der Wohnkosten. Hintergrund der Erhöhungen ist offenbar die neue Berechnung der Grundsteuer ab dem Jahr 2025. Das ist zumindest die Lesart des Lobbyverbands der Grundstückseigentümer. Ihr Präsident Kai Warnecke vermutet, dass die Erhöhungen rechtzeitig vor der großen Grundsteuerreform stattfinden, damit die Gemeinden anschließend erklären können, dass sie die Steuer nicht weiter anheben werden. Der Hintergrund: Die Lobbyverbände der Kommunen hatten immer wieder betont, dass die Städte und Gemeinden nicht vorhaben, die Regeländerung dazu zu nutzen, flächendeckend die Grundsteuer anzuheben. 

So deutlich steigt die Grundsteuer und das sind die Gründe aus kommunaler Sicht 

In der Tat ist auffällig, dass seit Jahren keine so flächendeckenden Erhöhungen mehr stattfanden, wie zum Jahreswechsel. In Niedersachsen etwa wollen laut einer Umfrage von Ernst and Young 35 Prozent aller Kommunen die Grundsteuer oder die Gewerbesteuer im kommenden Jahr anheben. Die Erhöhung fällt dabei teilweise sehr deutlich aus. Die Landeshauptstadt Hannover etwa erhöht den Grundsteuerhebesatz von 600 auf 700 Punkte. Die Stadt spricht selber von dem Ziel, damit im Jahr 25 Millionen Euro zusätzlich einnehmen zu wollen. Spitzenreiter in Niedersachsen war bisher Ritterhude mit einem Hebesatz von 640 Punkten. Die Marke von 600 Prozent wird im kommenden Jahr aber auch die Stadt Laatzen mit dann 610 Prozent übersteigen. 

Noch deutlich scheint die Anhebung in vielen Kommunen in Nordrhein-Westfalen auszufallen. Hier schlägt der Bund der Steuerzahler Alarm und sagt, dass in gut 60 Prozent aller NRW Städte- und Gemeinden im kommenden Jahr die Grundsteuer teurer werde. "Die nächste Steuererhöhungswelle fürs Wohnen naht", zitiert die Bild-Zeitung den NRW-Landesverband des Bundes der Steuerzahler. 

In Rheinland-Pfalz sorgen auch Vorgaben des Landes für flächendeckende Erhöhungen. Hier wird der kommunale Finanzausgleich zum Jahreswechsel reformiert. Dabei werden die sogenannten Nivellierungssätze für die Grundsteuern und die Gewerbesteuer erhöht, an der sich die meisten Kommunen orientieren. Konkret steigen die Nivellierungssätze für die Grundsteuer A in Rheinland-Pfalz von 300 auf 345 Prozent, für die Grundsteuer B, die für Eigenheimbesitzer und Mieter relevant ist, von 365 auf 465 Prozent und die Gewerbesteuer von 365 auf 380 Prozent. Im Schnitt sind das 84 Euro mehr Grundsteuer, teilte das Innenministerium mit. Demnach werden knapp 500 Kommunen ihre Hebesätze aufgrund des neuen Gesetzes erhöhen müssen. 

Wenn der Haushalt die Grundsteuer-Erhöhung nötig macht 

Es gibt aber auch Regionen, die von der Erhöhung der Grundsteuer überhaupt nicht betroffen sind. So heißt es laut Bild-Zeitung etwa aus Schleswig-Holstein vom Landesverband des dortigen Steuerzahlerverbandes, es gebe "keine Hinweise auf systematische Steuererhöhungen". In anderen Bundesländern sind es einzelne Kommunen, die deutlich erhöhen. So etwa die 4000 Einwohner-Gemeinde Neubukow in Mecklenburg-Vorpommern. In der amtsfreien Kleinstadt steigt die Grundsteuer A von 290 auf 330 Prozent, die wichtige Grundsteuer B von 360 auf 440 Prozent. "Die letzte Anpassung liegt schon einige Jahre zurück. Auch wir müssen uns gesetzlichen Vorgaben beugen", so Bürgermeister Roland Dethloff gegenüber der örtlichen Ostsee-Zeitung zur Begründung. Der Gemeinderat hatte die Erhöhung wenige Tage vor Weihnachten offiziell  im Rahmen der Haushaltssatzung beschlossen. 

Der Hintergrund in Neubukow ist einfach: Der Haushalt muss konsolidiert werden. Schon 2022 gab es einen Nachtragshaushalt mit einem Kassenkredit über drei Millionen Euro. Fördermittel fließen, so der Bürgermeister, zudem nur schleppend in seine Stadt. So muss die Stadt aktuell knapp 7 Millionen Euro für den Grundschulneubau mit Hort bezahlen. Bisher gingen aber nur rund 2,2 Millionen Euro an Fördermitteln ein. "Die Stadt muss so mit 4,7 Millionen Euro in Vorfinanzierung gehen, Aktuell sind aber noch 2,7 Millionen Euro an Fördermitteln offen", so Bürgermeister Dethloff. 

Und so wird in der Stadt nicht nur die Grundsteuer teurer, Auch wird die Straßenbeleuchtung umgerüstet und zum Teil nachts ausgeschaltet. "Wir haben die Prämisse, den Haushalt auszugleichen. Doch jetzt kommen wir als Kommune an unsere Grenzen", so der Bürgermeister. Denn auch die Stadt muss Mehrkosten für Trinkwasser, Personal und Energie einberechnen. 

Das Dilemma mit der Erhöhung der Grundsteuer und die Hintergründe 

Was der Bürgermeister der Kleinstadt mit den "rechtlichen Vorgaben" meint, ist der Artikel 106 des Grundgesetzes. Dort heißt es: "Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen". Damit geht aber eben auch die Verpflichtung einher, auch auf die Weise die Einnahmen so zu organisieren, dass der Haushalt ausgeglichen wird. Steigende Kosten für Energie, höhere Zinsen, Fachkräftemangel, mehr Öko-Auflagen beim Bauen und die drohende Rezession in Deutschland führen dazu, dass Kommunen neue Einnahmequellen erschließen müssen. 

Gleichzeitig rückt aber durch die Erhöhung dieser Steuern das Ziel der Bundesregierung in weite Ferne, deutlich mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Chef des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, drückt es wie folgt aus: "Der Staat klagt über Wohnungsnot und hohe Mieten, macht selbst aber das Wohnen teurer". Denn Die Kommunen berechnen die Grundsteuer zunächst den Eigentümern von Immobilien. Die Steuer wird aber über die Nebenkosten anschließend auch an Mieter weitergegeben. Somit steigen auch die Warmmieten.