Grundsteuerreform
Grundsteuer - Hebesätze und Neuberechnung sorgen für Aufruhr
Den Kommunen bleibt oft keine andere Wahl, als die Hebesätze für die Grundsteuer zu erhöhen, beteuern die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände. Denn die Ausgaben steigen immens: vor allem im Sozialbereich. Grundstückseigentümer-Verbände hingegen werfen den Städten und Gemeinden seit Monaten vor, gezielt die Hebesätze noch vor der Grundsteuerreform zum 1. Januar 2025 anzuheben. Denn die Grundsteuerreform soll nach dem Willen des Gesetzgebers "aufkommensneutral gestalten werden". Es sollte darüber also nicht mehr Geld eingenommen werden als vor der Reform. Und diese käme vielen Grundstückseigentümern aufgrund der Neubewertung ihrer Immobilien ohnehin teuer zu stehen. Berlin will den Hebesatz absenken, um das auszugleichen. Die Grundsteuerreform soll insgesamt nicht zu höheren Einnahmen führen.
Grundsteuer steigt teilweise drastisch
Berlin verringert den Hebesatz laut Senatsbeschluss daher von 810 Prozent auf 470 Prozent. Es soll nicht mehr als bisher eingenommen werden, die Immobilienbesitzer und Immobilienbesitzer und schließlich auch die Mieter sollen nicht stärker belastet werden. Der Hintergrund: Die Auswertung aller Grundsteuerwerte habe gezeigt, dass die vom Bundesgesetzgeber vorgegebenen Messzahlen in Berlin zu einer stärkeren Belastung von Wohngrundstücken führen würde, so die Senatsverwaltung für Finanzen.
Berlin: Erste Grundsteuerbescheide verschickt
Doch die ersten Grundsteuerbescheide, die in der Hauptstadt jetzt verschickt worden sind, schockierten so manchen Immobilienbesitzer. Die Grundsteuer steigt für die jährliche Grundsteuer nach der neuen Berechnung laut Berliner Morgenpost zum Beispiel für eine 35 Quadratmeter-Wohnung im Bezirk Mitte um knapp 40 Prozent. Denn dort wurde der Bodenrichtwert höher angelegt als bisher. Es gibt aber auch Gegenden, wo die Grundsteuer sinkt: etwa in Westend im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Das bedeutet: Die einen müssen künftig mehr bezahlen, andere weniger.
DIHK-Erhebung: Grundsteuer und Gewerbesteuer steigen
Wie die neue Erhebung der Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) zu den Hebesätzen von Grundsteuer und Gewerbesteuern zeigt, stieg der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B in den zu den Hebesätzen 2024 befragten Kommunen in Deutschland von 554 auf 568 Prozent. "Die Folgen der aktuellen Krise kommen in den Haushalten der Kommunen an", kommentierte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben die Ergebnisse. Die Gewerbesteuer erhöhte sich gegenüber 2023 von 435 auf 437 Prozent. "Die Hebesätze in der Grundsteuer B erreichten in der Zehn-Jahres-Betrachtung einen neuen Höchstwert."
"Größte Erhöhung der Grundsteuer B seit zehn Jahren"
Die Hebesätze der Grundsteuer B klettern 2024 erneut um 14 Prozent auf 568 Prozent. Die Spannbreite der Erhöhungen in den 160 Kommunen (Vorjahr: 103), die den Hebesatz der Grundsteuer B angehoben haben, falle sehr groß aus, so die Industrie- und Handelskammer. So erhöhten 66 Gemeinden den Hebesatz zwischen vier und 49 Prozentpunkten, 59 Gemeinden jeweils zwischen 50 und 100 Punkten, 20 Gemeinden zwischen 100 und 200 Punkten und 16 Gemeinden sogar um mehr als 200 Prozentpunkte. Absoluter Spitzenwert ist die Erhöhung der Grundsteuer um jeweils 410 Prozentpunkte in Niederkassel (Nordrhein-Westfalen, 1.100 Prozent) und Rheinberg (Nordrhein-Westfalen, 920 Prozent), gefolgt von Eschweiler mit einem Plus von 375 Punkten (Nordrhein-Westfalen, 895 Prozent), Xanten mit einem Plus von 345 Punkten (Nordrhein-Westfalen, 995 Prozent) sowie Darmstadt mit einem Anstieg um 340 Punkte (Hessen, 875 Prozent).
In welchem Bundesland die Grundsteuer B am meisten steigt
Unter den Flächenländern blieb der Hebesatz der Grundsteuer B im Jahr 2024 laut DIHK nur in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen unverändert. Besonders stark stiegen die Grundsteuer B-Hebesätze in Niedersachsen (plus 31 Punkte im Landesdurchschnitt), Hessen (plus 26 Punkte) und Rheinland-Pfalz (plus 23 Punkte). Oberhalb des Bundesschnitts von 568 Prozent liegen bei den Flächenländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Sachsen.
NRW mit den höchsten Hebesätzen
Nordrhein-Westfalen bleibt mit der abermaligen Zunahme des durchschnittlichen gewogenen Hebesatzes auf 632 Prozent unter den Flächenländern einsame Spitze. Mittlerweile haben 46 Städte (Vorjahr 25) mit mehr als 20.000 Einwohnern einen Grundsteuer B-Hebesatz von 800 Prozent und darüber, unter anderem sind dies Niederkassel (1.100 Prozent), Xanten (995 Prozent), Alfter (995 Prozent), Riedstadt (985 Prozent) und Gladbeck (950 Prozent).
Diese Gemeinden senkten den Hebesatz
Nur noch drei Gemeinden haben in diesem Jahr ihren Hebesatz der Grundsteuer B gesenkt. Dies sind Herne (Nordrhein-Westfalen, minus 60 Punkte), Magdeburg (Sachsen-Anhalt, minus 5 Punkte) und Büren (Nordrhein-Westfalen, minus 1 Punkt). Den niedrigsten Hebesatz weist seit vielen Jahren Ingelheim mit 80 Prozent aus.
"Erhöhungen zeigen angespannte kommunale Finanzen"
"Insgesamt sind die Erhöhungen ein Beleg dafür, wie angespannt die kommunalen Finanzen derzeit sind", betonte der DIHK-Hauptgeschäftsführer. "Der Reflex, die Steuern zu erhöhen, ist aus Sicht der Kommunen zwar nachvollziehbar", unterstrich er, warnte aber zugleich vor den Folgen auf mittlere und längere Sicht. Denn weitere Erhöhungen der Steuerbelastungen für die Betriebe verschlechterten deren Wettbewerbsposition, "was sich unmittelbar negativ auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen und damit auf die wirtschaftliche Stärke der Regionen auswirkt". Es dürfe nicht weiter an der Steuerschraube gedreht werden. "Manche Unternehmen vermuten einen Zusammenhang mit der Umstellung auf die neue Grundsteuer im nächsten Jahr, zumal die Politik Aufkommensneutralität versprochen hatte."
Finanzschwache Kommunen: Oft keine andere Wahl
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund, wie auch der Deutsche Städtetag betonen, dass die Kommunen finanziell auf die Grundsteuer angewiesen sind. "Keine Kommune erhöht gerne die Grundsteuer. Die Kommunen sind aber zum Ausgleich ihrer Haushalte verpflichtet. Deshalb haben die Kommunen oftmals keine andere Wahl angesichts deutlich steigender Sozial- und Personalausgaben, und nur mäßig wachsender Steuereinnahmen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy.
In ihrer Realsteuer-Hebesatzumfrage ermittelt die DIHK jährlich die Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B in allen Gemeinden ab 20.000 Einwohnern.
Weitere Informationen zur Grundsteuer- und Gewerbesteuer-Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer finden Sie hier.
Die Hebesätze-Erhebung über zehn Jahre als PDF: