Falschparker anschwärzen - das ist mit Foto erlaubt - aber nur unter bestimmten Umständen, zeigt ein Gerichtsurteil
Falschparker anschwärzen - das ist mit Foto erlaubt - aber nur unter bestimmten Umständen, zeigt ein Gerichtsurteil
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Streit um Fotos

Gerichtsurteil: Bürger dürfen Falschparker anschwärzen

Die vermeintliche Jagd nach dreisten Falschparkern - immer wieder gibt es Streit zwischen Kommunen und Privatpersonen, die sich daran beteiligen, Sheriff in den Städten zu spielen. Viele Ordnungsämter fördern das, andere halten es für Denunziantentum. Nun hat ein Gericht in Bayern die rechtliche Lage bewertet - das Grundsatzurteil ist nun rechtskräftig. Wir erläutern es!

Das Fotografieren von Falschparkern ist erlaubt. Das ist verständlich und vereinfacht auf den Punkt gebracht, was das Verwaltungsgericht Ansbach in einem Grundsatzurteil entschieden hat. Inzwischen liegt auch die Begründung vor und das Urteil ist rechtskräftig. Im Besonderen ging es in dem Verfahren um die Frage, ob man gegen den Datenschutz verstösst, wenn man falsch parkende Autos ablichtet und die Bilder als Beweis an die Polizei weiterleitet. Dafür hatten zwei Männer aus Bayern Verwarnungen durch das Landesamt für Datenschutzaufsicht erhalten und waren vor Gericht gezogen. Sie hatten mehr als 20 Falschparker fotografiert und der Polizei gemeldet. Dafür sollten sie wegen des Dateenschutzverstosses jeweils 100 Euro zahlen. Vor Gericht wurden die beiden von der Deutschen Umwelthilfe unterstützt. Diese Organisation ist hoch umstritten, immer wieder forderten Politiker, ihr die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Wegen ihres Status ist sie jedoch abmahnbefugt, möglich macht es das sogenannte Verbandsklagerecht. Zudem kommt die Umwelthilfe so in den Genuss erheblicher öffentlicher Fördermittel.

Anzeigensteller müssen nicht persönlich betroffen sein

Viele Kommunen haben immer wieder mit solchen Anzeigen zu tun - dabei stören sie sich weniger daran, wenn eine Person einmalig eine Anzeige stellt. Doch häufig sind es Menschen, die dutzende Anzeigen einreichen. Das Ordnungsamt in Stuttgart etwa hatte einem Radfahrer vor einiger Zeit einen Brief geschickt, der täglich bis zu acht Anzeigen über Verstösse von Autofahrern meldete. Darin hieß es wörtlich: „Generell ist festzustellen, dass es nach dem Gesetz und der aktuellen Rechtsprechung der Inanspruchnahme privater Personen bei der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht bedarf. Die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten ist eine hoheitliche Aufgabe und obliegt in der Regel Behörden beziehungsweise Personen, denen solche hoheitlichen Befugnisse zugewiesen sind. Die Bußgeldstelle Stuttgart verschließt sich trotzdem nicht, in Einzelfällen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Anzeigen Privater zu verfolgen, wenn diese substantiiert und ausreichend dokumentiert sind und der Anzeigeerstatter durch die Ordnungswidrigkeit persönlich tangiert ist. Eine systematische Verfolgung durch Private indes ist nicht zulässig.“ 

In anderen Städten sieht man das weniger problematisch. Die Stadt Siegen etwa ermutigt Menschen in ihrem Internetangebot, entsprechende Hinweise zu geben. 

Aus dem Internetangebot der Stadt Siegen
Von der Internetseite der Stadt Siegen 

Wichtig für das Gericht in Ansberg war daher auch die Frage, ob es im Interesse der Allgemeinheit liegt, wenn Privatpersonen Falschparker bei der Polizei oder dem Ordnungsamt anzeigen - oder ob die Anzeigensteller persönlich betroffen sein müssen. Das Gericht stellte nun klar, dass auch die abstrakte Gefährdung ausreichen kann, dass Verstöße durch Bürger angezeigt werden können. 

Damit unterscheiden sie sich etwa von der bisherigen Kommunikation vieler Polizeibehörden in der Vergangenheit. So hatte etwa die Polizei in München immer wieder auch auf Twitter zwar zum Melden von Verstößen aufgerufen aber immer als Voraussetzung genannt, dass es eben eine persönliche Betroffenheit gibt. 

Polizei München

Das Urteil ist aber kein Freibrief - vor allem nicht in Sachen Datenschutz 

Nicht nur die Münchener Polizei weist schon länger darauf hin, dass die Fotos mit Autokennzeichen aber nicht in den sozialen Medien verbreitet werden dürfen. Es gilt auch nach dem Urteil des Gerichts in Ansbach deutlich das Prinzip der Datenminimierung. So dürfen keine anderen Autos oder Radfahrer auf den Bildern zu sehen sein. 

Ohnehin richtet sich dieses Urteil nur auf Fotos von Autos mit Autokennzeichen. Ganz anders ist die Situation, wenn Fotos von Personen eingereicht werden. Dazu hatte das Landgericht in Bonn schon vor Jahren ein Grundsatzurteil gefällt. Es besagt, dass Privatpersonen keine Fotoaufnahmen von anderen Personen anfertigen dürfen, die eine Ordnungswidrigkeit begehen. In dem der Entscheidung des Landgerichts zugrunde liegenden Fall fertigte ein selbst ernannter Ordnungshüter Fotos von Hundehaltern an, die entgegen der Vorschriften ihre Hunde in einem Naturschutzgebiet unangeleint herumlaufen ließen. Das Gericht hielt dies für unzulässig (Landgericht Bonn, Urteil vom 07.01.2015, Az. 5 S 47/14).

Kommunen sind nicht verpflichtet, Fremdanzeigen nachzughen

Mit dem Urteil ist klar, dass Kommunen nicht gegen Recht verstoßen, wenn sie solchen Fremdanzeigen nachgehen. Gleichzeitig bleibt aber auch klar, dass sie nicht verpflichtet sind, solche Anzeigen auch zu verfolgen. 

Grundsätzlich werden Bußgeldverfahren von Amts wegen nach Ermessen eingeleitet (§ 47 Abs.1 OWiG). Somit ist eine Anzeige durch eine Privatperson zunächst vom Ordnungsamt als Anregung zu sehen, eine bekannt gewordenen Sachverhalt zu überprüfen. Sprich: Es handelt sich um einen Anfangsverdacht. 

Im nächsten Schritt ist also der von Amts wegen bekannt gewordene Sachverhalt zu prüfen. Es geht vor allem darum, ob genügend Anhaltspunkte aufgezeigt werden, die auf das tatsächliche Begehen der Ordnungswidrigkeit hindeuten (§152 Abs 2 StPo). Hier gibt es kein Ermessen! Das Ordnungsamt muss den Tatbestand untersuchen. 

ABER: Der Anfangsverdacht ist nur dann stichhaltig, wenn diese folgende Punkte aufzeigen. 

Die Anzeige darf nicht anonym erfolgt sein - diese müssen nicht weiterverfolgt werden. Immerhin muss die Privatperson, die die Anzeige erstattet hat, im Fall des Falles auch vor Gericht oder in einem sonstigen Bußgeldverfahren gehört werden können. 

Die Stadt Düsseldorf etwa, die Fremdanzeigen ausdrücklich befürwortet, schreibt dazu auf ihrer Homepage: "Die Anzeige setzt voraus, dass Sie bereit sind, Ihre Feststellungen ggf. auch vor Gericht als Zeuge zu bestätigen. Spätestens dann erfährt der Betroffene ihren Namen". 

Denunziantentum ist damit also zumindest ein kleiner Riegel vorgeschoben. 

Die Anzeige muss außerdem Mindestkriterien aufweisen, damit das Ordnungsamt sie weiterverfolgen kann/muss: 

Nämlich Name und Anschrift, genauer Inhalt des Verstoßes, Adresse, Tatzeit und ähnliches zur Tat. Ist das nicht der Fall, kann die Anzeige auch nicht weiterverfolgt werden.