Die Wohnsituation ist laut Forsa Chef Manfred Güllner weniger problematisch als öffentlich beschrieben
Die Wohnsituation ist laut Forsa Chef Manfred Güllner für die Deutschen weniger problematisch als öffentlich beschrieben

Deutsche mit Wohnsituation sehr zufrieden

Mit der Forderung nach der Enteignung von Wohnungsunternehmen machen sich Politiker keine Freunde. Zumal nur jeder zehnte Deutsche mit seiner Wohnungssituation unzufrieden ist, erklärt Forsa Chef Manfred Güllner. Zahlen, Daten, Fakten und ein Kommentar!

Die Diskussion über die Lage am Wohnungsmarkt und die Wohnsituation der Deutschen wird von den Bürgern mit regem Interesse verfolgt. Schon 2017 gaben bei einer forsa-Untersuchung für den Zentralen Immobilien Ausschuss e.V. 62 Prozent aller Bundesbürger an, sie hätten in der letzten Zeit Berichte zum Thema „Wohnen“ und insbesondere über steigende Mieten wahrgenommen. Die seit 2017 noch intensiver gewordene öffentliche Diskussion über den Wohnungsmarkt führt dazu, dass vielerorts immer mehr Bürger die „Wohnungsnot“ als eines der großen Probleme in ihrer Stadt bewerten. Besonders groß ist dieser Anteil in urbanen Metropolen wie München oder Berlin, wo 83 bzw. 70 Prozent die Wohnungsnot als eines der drei größten Probleme empfinden. In den drei Großstädten des Ruhrgebiets - Dortmund, Essen, Duisburg – geben allerdings nur 18, 11 bzw. 7 Prozent an, fehlende Wohnungen seien ein großes Problem. Dabei empfinden in Berlin nicht wie zu erwarten wäre die unteren sozialen Schichten (Hauptschulabsolventen), sondern die privilegierten Schichten mit Abitur oder Studium die Lage am Wohnungsmarkt in überdurchschnittlich hohem Maße als großes Problem.

Forsa-Grafik

Obwohl recht viele Bürger meinen,  es gäbe eine große Wohnungsnot, ist nur eine Minderheit von 10 Prozent aller Bundesbürger mit ihrer aktuellen Wohnsituation unzufrieden. 90 Prozent aber sind mit ihrer Wohnsituation zufrieden (46 %) oder sogar sehr zufrieden (44 %). Auch von den Mietern sind nur 17 Prozent mit ihrer Wohnsituation weniger oder gar nicht zufrieden. Zufrieden sind 87 Prozent der Mieter mit der Lage ihrer Wohnung, 79 Prozent mit der vorhandenen Wohnfläche und 75 Prozent auch mit der Höhe ihrer Miete. Dementsprechend ist die Bekämpfung von steigenden Wohnungskosten auch nicht das drängendste Problem, um das sich die Politik nach Meinung der Bürger in der nächsten Zeit besonders kümmern sollte. Eine höhere Priorität hat für die Bürger eine gute Bildungs- und Schulpolitik, die Sicherung der Altersversorgung, ein gutes Gesundheitssystem, die Bekämpfung der Kriminalität und Gewalt sowie der Umwelt- und Klimaschutz. Als besonders drängendes Problem schätzen die Wohnungsnot lediglich die Anhänger der Linkspartei ein. 

Wohnsituation auch in Berlin für die Bürger kein extremes Problem 

Den in Berlin diskutierten Ankauf von Wohnungen durch den Senat halten nur 38 Prozent der Berliner für eine geeignete Maßnahme, um etwas gegen den knappen Wohnraum in ihrer Stadt zu tun. Deutlich mehr (63 bzw. 67 %) halten den Bau neuer Wohnungen oder eine Begrenzung der Mieten in bestimmten Gegenden für sinnvoller. Enteignungen von Wohnungsunternehmen hält auch eine Mehrheit von 56 Prozent aller Bundesbürger für keine sinnvolle Maßnahme, um etwas gegen die Verknappung des Wohnraums oder gegen hohe Mieten zu tun. Nur 35 Prozent aller Bundesbürger halten das laut einer aktuellen forsa-Untersuchung im April dieses Jahres für eine sinnvolle Maßnahme. In den urbanen Regionen (Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern) steigt der Prozentsatz derer, die eine Enteignung für eine sinnvolle Maßnahme halten, zwar auf 42 Prozent; doch auch hier hält eine Mehrheit wenig von Enteignungen. Und in Berlin hat die heftige Diskussion über Enteignungen von Wohnungsunternehmen und die Kampagne der Enteignungsbefürworter seit Anfang des Jahres nicht zu einer höheren, sondern einer deutlich verringerten Akzeptanz von Enteignungen geführt. Fanden es zu Beginn des Jahres noch 44 Prozent aller Berliner für sinnvoll, wenn Vermieter mit mehr als 3.000 Wohnungen gegen eine Entschädigung enteignet und die Wohnungen vom Senat übernommen würden, waren es im April nur noch 35 Prozent; 58 Prozent aber halten Enteignungen nicht für sinnvoll. 

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Vor allem scheint ein Argument gegen Enteignungen von Wohnungsunternehmen die Bürger nachdenklich zu machen, nämlich dass durch Enteignungen und die dadurch fälligen hohen Entschädigungszahlungen kaum neue Wohnungen entstehen werden. Deshalb meinen auch 66 Prozent der Berliner, dass Steuermittel nicht für die Zahlung von Entschädigungen für enteignete Wohnungsunternehmen, sondern für den Bau neuer Wohnungen verwendet werden sollten. Dies finden vor allem Anhänger der CDU und der FDP, aber auch Anhänger der SPD und der Grünen. Lediglich die Anhänger der Linkspartei sind in ihrer Einschätzung gespalten.

Die intensive öffentliche und politische Debatte zur Lage am Wohnungsmarkt und über die Zweckmäßigkeit von Enteignungen großer Wohnungsunternehmen wird von den Bürgern recht aufmerksam verfolgt. Vor allem in einigen urbanen Metropolen werden Wohnungsknappheit und steigende Mieten auch als großes Problem gesehen. Doch nur eine Minderheit der Bürger ist davon bislang auch betroffen. Eine große Mehrheit auch der Mieter ist mit ihrer augenblicklichen Wohnsituation und auch der Höhe der Miete zufrieden. Enteignungen von Wohnungsunternehmen werden deshalb nur von einer Minderheit für sinnvoll gehalten – trotz des großen medialen Echos, für das Befürworter von Enteignungen gesorgt haben. 

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