Mutter mit Kind Flüchtlinge Ukraine
Die Kommunen benennen die Probleme - nicht nur bei der Unterbringung von Flüchtlingen.
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Flüchtlingsgipfel

Flüchtlinge - Kommunen fordern Aktionsplan

Beim Flüchtlingsgipfel am heutigen Donnerstag, 16. Februar, verlangen die Kommunen einen Aktionsplan von Bund und Ländern. "Ein Weiter so darf es nicht geben." Was die Innenministerin dazu sagt.

Die Erwartungen zu diesem Flüchtlingsgipfel waren hoch, doch Innenministerin Nancy Faeser dämpfte sie schon vor Beginn. 2022 habe der Bund die Länder und Kommunen finanziell mit 3,5 Milliarden Euro unterstützt", sagte Faeser. Für dieses Jahr seien noch einmal 2,75 Milliarden Euro vereinbart. Sie machte klar, dass es dazu an diesem Donnerstag keinen weiteren Zusagen geben werde.

Im ARD-Morgenmagazin sagte sie, beim Gipfel solle konkret über Grundstücke, freistehende Wohnungen und Erleichterungen beim Thema Bauen gesprochen werden. "Grundstücke würden helfen, wo man Container drauf setzen kann", sagte sie. Freistehenden Wohnraum zu reaktivieren und Erleichterungen im Bauleitverfahren seien ebenfalls hilfreich. All das könne das Bauministerium anbieten. Auch die Mängel bei der Integration an Kitas und Schulen sollen besprochen werden.

Erster Flüchtlingsgipfel sorgte für Enttäuschung

Schon der erste Flüchtlingsgipfel im Oktober vorigen Jahres hatte bei den Kommunen für Enttäuschung gesorgt. Zwar zeigte sich der Bund bereit, die Kommunen zu entlasten, indem er weitere seiner eigenen Immobilien für die Flüchtlingsunterbringung bereit stellt. Doch das reichte den Städte und Gemeinden nicht, angesichts der sich immer mehr zuspitzenden Lage. Immer häufiger mussten Geflüchtete in Turnhallen, Containern oder gar in Zelten untergebracht werden, denn es fehlt an Wohnungen. Im November dann verständigten sich Bund und Länder in einer Besprechung zwischen Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten  darauf, den Kommunen zusätzlich Geld bereit zu stellen.

Flüchtlingsunterbringung: Lage weiterhin schwierig

Die Situation in den Städten, Gemeinden und Landkreisen hat sich jedoch nicht entspannt. In einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz und den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein haben Bürgermeister und der Landrat des Main-Taunus-Kreises in Hessen deshalb die Bundesregierung aufgefordert, in der Migrations- und Flüchtlingspolitik umzusteuern. Begründet wird das mit fehlenden Kapazitäten am Wohnungsmarkt, in Schulen und in den Ämtern. Gefordert werden auch mehr Abschiebungen, wie DIE WELT berichtete.

Flüchtlingsgipfel: Aktionsplan gefordert

"Die Kommunen erwarten von dem angekündigten Flüchtlingsgipfel ein konkretes Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Flüchtlingskrise", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, KOMMUNAL auf Anfrage.  "Die Städte und Gemeinden haben längst ihre Belastungsgrenze erreicht. Bund und Länder müssen jetzt gemeinsam mit den Kommunen einen konkreten Aktionsplan entwickeln", verlangt Landsberg. Der Bund müsse sofort zusätzliche Grundstücke und Gebäude bereitstellen und diese in den Zustand bringen, dass dort auch Personen untergebracht werden können. "Den Kommunen fehlt die Zeit für langfristige Baumaßnahmen, bei denen die Finanzierung durch Bund und Länder ungeklärt ist", unterstrich der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. Er machte deutlich: "Ein Weiter so darf es nicht geben."

Die Forderungen des Städte- und Gemeindebundes:

  • Wir brauchen mehr Erstaufnahmeeinrichtungen, sowohl von den Ländern als auch in der Zuständigkeit des Bundes. In der Migrationspolitik fahren wir viel zu sehr auf Sicht, anstatt langfristige Lösungen anzustreben und umzusetzen.
  • Wir erwarten auch klare zusätzliche Finanzzusagen des Bundes für die Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten. Es braucht zusätzliche Plätze in den Schulen und Kitas, sowie eine Wohnraumoffensive. Bisher ist zum Beispiel völlig unklar, wie die Finanzierung 2024 aussehen soll. Das widerspricht dem Grundsatz der Nachhaltigkeit.
  • Die Staats- und Regierungschefs der EU müssen sich auf eine abgestimmte Migrationspolitik verständigen und eine angemessene Verteilung zwischen den EU Staaten gewährleisten.
  • Wir brauchen klare Regelungen, damit Personen, die kein Bleiberecht haben, schnell abgeschoben werden können. Es ist auch Aufgabe der EU dafür zu sorgen, dass die Länder ihre Staatsbürger auch tatsächlich zurücknehmen und die Verfahren nicht unnötig verlängern. Dazu kann es auch gehören, durch die Visa-Politik entsprechenden Druck auszuüben.
  • Notwendig sind klare Abkommen, die auch die Zahlung oder das Einfrieren von Wirtschaftshilfen und ermöglichen und Fragen zur erleichterten Arbeitsmigration enthalten.
  • Der Bundeskanzler soll an dem Gipfel teilnehmen.

Flüchtlingsaufnahme: Landkreistag  kritisiert Bund

Die Innenministerin habe anlässlich ihres bisher einzigen Gesprächs mit den kommunalen Spitzenverbänden im Oktober 2022 verdeutlicht, dass sie keine Zuständigkeit in Finanzfragen habe, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager. Der Landrat des Kreises Ostholstein sieht deshalb  Bundeskanzler Olaf Scholz in der Pflicht, an dem Gipfeltreffen teilzunehmen.  "Nur er hat die übergreifende Kompetenz in allen uns berührenden Fragen", betonte Sager. 

Auch der Landkreistag-Präsident lässt keinen Zweifel an der schwierigen Lage:„Die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten in den Landkreisen stößt immer stärker an Kapazitätsgrenzen. Es fehlt an Wohnungen, an Kitaplätzen, an Lehrern für Schulen und Sprachkurse. Auch deshalb vergrößern sich die gesellschaftlichen Spannungen."

Seit 2014 seien etwa 1,4 Millionen Asylbewerber und zuletzt über 1 Million ukrainische Geflüchtete aufgenommen, untergebracht und betreut worden. "In dieser Situation brauchen die Landkreise dringend politische Unterstützung aus dem Kanzleramt", unterstreicht Sager. Für ihn gehören dazu eine Begrenzung der irregulären Zuwanderung, größte Anstrengungen für eine gerechtere europäische Verteilung, ein starkes Engagement des Bundes und der Länder bei der Unterbringung sowie eine vollständige Entlastung der Landkreise von den mit der Flüchtlingsaufnahme verbundenen Kosten. 

Bund soll Wohnkosten komplett übernehmen

"Es geht auch um die Übernahme von Wohnkosten, Gesundheitskosten, Bauen und andere Themen“, erklärte der Präsident des Landkreistages. „Gerade die Wohnkosten anerkannter Geflüchteter sollte der Bund direkt und zu 100 Prozent übernehmen. Das hat der Bundeskanzler den kommunalen Spitzenverbänden im April 2022 in Aussicht gestellt, passiert ist bislang aber nichts. Allein dabei geht es um mindestens 2 Milliarden Euro."

Auch helfe es den Kommunen im Grundsatz nicht, auf pauschale Bundeszahlungen an die Länder verwiesen zu werden: „Uns geht es um eine wirkungsvolle und direkte Unterstützung der Kommunen seitens des Bundes. Gerade deshalb muss man sich auf höchster Ebene mit den kommunalen Spitzenverbänden abstimmen, die sonst bei den Treffen der Ministerpräsidenten immer nur im Nachgang über die Ergebnisse informiert wurden. Das muss sich ändern“, so Sager. Zur Erklärung.

Zu dem Treffen waren auch die  Innenminister der Länder, kommunale Spitzenverbände sowie die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung sowie Vertreter des Bundesbau- und -finanzministeriums eingeladen

Dieser Artikel erschien zuerst am 7. Februar 2023 und wurde jetzt aktualisiert.