Feuerwehrkräfte bei Übung
Schöna 2019 - eine grenzüberschreitende Übung für den Ernstfall.
© Landesdirektion Sachsen

Ob Hitzewelle oder Flut

Feuerwehr überwindet Grenzen

Die Hitzewelle hält Deutschland weiter in Atem. Gleichzeitig blicken viele Kommunen noch immer ins Ahrtal, wo auch nach einem Jahr die Aufräumarbeiten nach der Flutkatastrophe noch immer im Gang sind. Wenn es um Katastrophen geht, sind Kommunen zu oft auf sich allein gestellt. Umso wichtiger ist gerade dann die interkommunale Zusammenarbeit - etwa der Feuerwehren. Wir zeigen ein Mutmacher-Beispiel zum Nachahmen!

Brennt der Wald oder tritt ein Fluss übers Ufer, ist die Feuerwehr gefragt. Egal, ob sie aus dem eigenen Ort kommt oder aus anderen Regionen - im Katastrophenfall verlieren die von Menschen gezogenen Landesgrenzen ihre Bedeutung. Katastrophen machen nicht an der Grenze Halt und umso wichtiger ist in der konkreten Praxis die Zusammenarbeit der Einsatzkräfte hier und diesseits der Grenze. Einer, der weiß, was das bedeutet, ist Andreas Rümpel. Als langjähriger Leiter der Berufsfeuerwehr Dresden hat Rümpel bis zu seiner Pensionierung 2021 eine Großleitstelle direkt an der Landesgrenze koordiniert. Zudem ist er bis heute Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbands Sachsen, bei dem über 43.000 Feuerwehr-Leute aktiv sind – viele davon auch im grenznahen Gebiet.

Feuerwehr arbeitet grenzüberschreitend

Die Zusammenarbeit an der Grenze ist für Rümpel und seine Leute durch die Nähe zu Tschechien und Niederschlesien tagtägliche Praxis. Mit dem niederschlesischen Feuerwehrverband gibt es hierzu sogar eine konkrete Zusammenarbeitsvereinbarung, mit den tschechischen Nachbarn läuft die Kooperation über die eng vernetzten Leitstellen. Wird es ernst, sind die persönlichen Verbindungen und Absprachen aber noch einmal wichtiger als die offiziellen Bande. „Das Wichtigste ist, dass die Kameraden im grenznahen Bereich sich kennen“, so Rümpel. Im Notfall sei es entscheidend, dass man wisse, mit wem man zusammenarbeite und zudem informiert sei, welche Gerätschaften und welches Material wo gelagert seien. Um dies zu gewährleisten und den Kontakt lebendig zu halten, finden gegenseitige Besuche ebenso regelmäßig statt wie gemeinsame Übungen

„Schöna 2019“: Genzüberschreitende Übung

Ein Beispiel für eine solch intensive grenzüberschreitende Übung war die Übung „Schöna 2019“, die im August vor drei Jahren an der deutsch-tschechischen Grenze durchgeführt wurde. Daran beteiligt waren verschiedene professionelle und ehrenamtliche Einsätze beider Länder. Neben der Feuerwehr etwa auch die Rettungsdienste, die Landes- und Bundespolizei sowie das Technische Hilfswerk. Die Helfer gingen von einem „Bahnunfall“ in einem schwer zugänglichen Gebiet im Grenzbereich zur Tschechischen Republik in der Nähe des Bahnhaltepunkts Schmilka-Hirschmühle aus. Bei dem fiktiven schweren Zugunfall, der durch einen Hangabrutsch ausgelöst wurde, waren rund 300 betroffene Personen auf der internationalen Bahnstrecke Dresden-Prag zu versorgen.

grenzüberschreitende Übung
"Schöna 2019" - Probe für den Ernstfall an der deutsch-tschechischen Grenze

Feuerwerhr-Übung für den Ernstfall

Der "Praxistest" fußte auf einer Vereinbarung zwischen dem Sächsischen Innenministerium und dem Innenministerium der Tschechischen Republik aus dem Jahr 2000. Vertraglich wurde festgelegt, sich gegenseitig bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen Hilfe zu leisten.

Zusammenarbeit im Ernstfall

Was bei dieser Übung im großen Rahmen erprobt wurde, funktioniert laut Rümpel auch in der konkreten Praxis. Verwaltungsfragen und juristische Aspekte stehen dabei im Zweifelsfall erst an zweiter Stelle. „Als Feuerwehrleute sind wir unkompliziert und praktisch unterwegs. Wir lösen zuerst die Aufgabe und eine Zusammenarbeit ist für uns selbstverständlich“, so der Verbandsvorsitzende. Im Einsatzfall sind die Wege aufgrund der intensiven Vorarbeit eingespielt und die Drähte kurz. Brennt etwa ein Wald im grenznahen Bereich, so stimmen sich die Feuerwehren auf beiden Seiten auf Zuruf ab und helfen sich gegenseitig mit Material und Personal. Von Vorteil sei hier, dass die einzelnen Leitstellen eng miteinander verbunden sind und sich im Krisenfall sofort intensiv abstimmen. Und auch die technischen Herangehensweisen würden sich sehr ähneln. „Die Sprache von uns Feuerwehren ist international die Gleiche“, sagt Rümpel, das erleichtere die Sache sehr. Was die verbale Sprache anbelangt, gibt es ebenfalls überraschend selten Probleme – vor allem dank der Deutsch-Kenntnisse vieler tschechischer Kollegen, wie Rümpel sagt. „Viele können hier sehr gut Deutsch und gerade, was die konkreten Begrifflichkeiten für den Einsatz anbelangt, funktioniert das gut.“

Andreas Rümpel, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbands Sachsen e.V.
Andreas Rümpel, erfahrener Feuerwehrmann und Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbands Sachsen e.V.

Verlässlichkeit seit Jahrzehnten

Es läuft also an der Grenze und die Nachbarn können gegenseitig aufeinander zählen, wenn es im wahrsten Sinne des Wortes wieder einmal brennt. Die Erfahrungen, die die Einsatzkräfte dabei machen, reichen weit über den konkreten Einsatz und die Bewältigung der Katastrophe hinaus. So wird an der Grenze erlebt, wie gemeinsame Ziele verbinden können. „Ich glaube, dass die Feuerwehr richtig gut vorlebt, was auch in der breiten Bevölkerung Standard sein sollte. Wir halten zusammen und treten für die gleichen Ziele ein. Das verbindet und schafft Vertrauen“, so Rümpel, und gerade die gemeinsamen Einsatzerlebnisse würden die Feuerwehrleute eng zusammenschweißen.

Größte Herausforderung: der Feuerwehrnachwuchs

Was unter der aktuellen Generation der Einsatzkräfte gut funktioniert, gilt es auch für die nächste Generation am Leben zu erhalten. Aus Sicht von Rümpel ist dies die größte Aufgabe und Herausforderung – nicht nur für die freiwilligen Feuerwehren. „Es gibt große Veränderungen im Ehrenamt und es ist umso wichtiger, diese enge und aktiv gepflegte Verbundenheit zwischen den grenznahen Einsatzkräften auch an die nächste Generation weiterzugeben und weiterhin junge Menschen fürs Ehrenamt zu gewinnen“, so der Vorsitzende. Im Landesfeuerwehrverband Sachsen versucht man das auf verschiedenen Wegen. Aktuell ist ein Sommerlager mit „Spiel, Spaß und Sport“ in Planung, wie Rümpel sagt. Damit auch die Jugend begeistert wird für die Feuerwehrarbeit hier und manchmal auch diesseits der Grenze.

Fotocredits: Landesfeuerwehrverband Sachsen e.V.