Brandschutz
Die Feuerwehr als attraktiver Arbeitgeber
In die Feuerwehr Falkensee wird kräftig investiert. Auch das ein Zeichen, dass es aufwärts mit ihr geht. Ich treffe Stadtwehrführer Daniel Brose im zwei Jahre alten Neubau der Feuerwehr in der brandenburgischen Kleinstadt, die direkt an Berlin-Spandau angrenzt. Durch das Fenster ist die alte Feuerwache zu sehen. „Freiwillige Feuerwehr – Stadt Falkensee“ steht auf dem Schild am Turm des Altbaus. Das Gebäude mit den rot lackierten Fensterläden wird gerade modernisiert. Ehe ich mich auf einen Rundgang in der Feuerwache mache, setzen wir uns an den großen ovalen Tisch, an dem bei Großschadenslagen der Einsatzstab tagt.
Eine freiwillige Feuerwehr reicht nicht immer aus
Brose ist Falkensees oberster Feuerwehrmann – und hat damit gleich zwei Funktionen. „In Personalunion bin ich der Leiter des Stabsbereichs 37-Feuerwehr und gleichzeitig Stadtwehrführer der Freiwilligen Feuerwehr.“ Dies macht durchaus Sinn in Kommunen, die nicht allein mit Freiwilligen auskommt. In Falkensee leben viele Pendler, Tausende verlassen morgens die Stadt, um allein in der angrenzenden Hauptstadt zu arbeiten. 1990 zählte die Stadt im Landkreis Havelland noch um die 21.000 Einwohner, jetzt hat sich die Einwohnerzahl mit über 46.000 mittlerweile mehr als verdoppelt.
Als Stabsbereich der Stadt untersteht die Feuerwehr direkt Bürgermeister Heiko Müller. Brose leitet den Stabsbereich. „Da wir auch eine Freiwillige Feuerwehr sind, gibt es auch einen Stadtwehrführer“, erläutert Brose. Der Stadtwehrführer könnte alle sechs Jahre gewählt werden. Das ist nach dem neuen Brandschutzgesetz aber nicht mehr notwendig, wenn die Aufgabe von einem Hauptamtlichen übernommen wird. „Weil beides die gleiche Arbeit beinhaltet, ist es in vielen Kommunen so üblich, dass die hauptamtliche Leitung auch die ehrenamtliche übernimmt“, sagt Brose. So macht er seit neun Jahren also beides.
Auch die Einwohnerzahl entscheidet, welche Feuerwehr in Frage kommt
Eine größere Kommune kann wählen: Will ich eine Berufsfeuerwehr oder eine freiwillige Feuerwehr? Falkensee hat sich für eine freiwillige entschieden. Das Brandschutzgesetz sieht vor, dass ab 30.000 Einwohnern eine hauptamtliche Feuerwehr in Staffelstärke eingerichtet werden kann. Ab 80.000 Einwohnern beziehungsweise in Oberzentren ist eine Berufsfeuerwehr Pflicht. Denn mit der Einwohnerzahl nehmen auch die Einsätze zu. In Falkensee sind das im Schnitt zwei am Tag und rund 600 Einsätze im Jahr. „Staffelstärke heißt sechs Personen - ein Trupp sind zwei, eine Staffel sind sechs, eine Gruppe sind neun und ein Löschzug sind 22 Personen bei der Feuerwehr“, erklärt Brose.
Ein Gong ertönt. „Das ist kein Alarm“, klärt Feuerwehrmann Brose mich auf. „Bei einem Alarm wäre der Gong akustisch anders und lauter.“ Es erklingt eine tiefe Stimme: „Eins, Zwei, Drei.“ – Es ist nur ein Test. Kurz darauf steht Wachabteilungsleiter Bernd Rebschläger in der Tür und nimmt mich mit auf einen Rundgang. Solange kein Ranghöherer eintrifft, hat er bei einem Einsatz das Sagen. Polizei und Rettungsdienst müssen sich der Rangreihenfolge nach unterordnen. Neben Bränden handelt es sich bei den meisten Feuerwehr-Einsätzen um Verkehrsunfälle und Türöffnungen von Wohnungen, zum Beispiel für den Rettungsdienst oder weil ein Brandmelder Alarm schlägt. Katzen auf Bäumen gehören genauso zum Einsatzrepertoire wie umgefallene Bäume.
Rebschläger zeigt mir die Ruheräume für den Bereitschaftsdienst. „Wir ruhen hier nur, schlafen dürfen wir nicht“, erklärt mir der Wachabteilungsführer. Außerdem gibt es eine Küche mit Essbereich, Aufenthaltsräume, einen Mehrzweckraum für Veranstaltungen und zwei Flurzugänge zu den berühmten Rutschstangen Er schlägt mit der flachen Hand auf den Knopf neben der roten Schleuse, die sofort aufspringt. Oben blinkt ein Lämpchen, wir gucken den Schacht hinunter. „Die Rutschhöhe von maximal neun Metern ist von der Feuerwehrunfallkasse vorgegeben“, sagt der Wachabteilungsleiter. Damit die Feuerwehrleute nicht mit voller Kraft auf den harten Boden prallen, ist rund um die Stange ein Gummikissen eingelassen.
So viel Wasser braucht es zum Löschen eines Zimmerbrands
In der Fahrzeughalle bei den Feuerwehrautos werden Kindheitserinnerungen wach. „Dieses Fahrzeug hier hat einen Tank mit über 5.000 Litern Wasser“, sagt Rebschläger über das Tanklöschfahrzeug 5.000 für Waldbrände. „Für einen Zimmerbrand braucht es ungefähr 1.200 Liter.“ Er zeigt mir die Ausstattung der rot lackierten modernen Fahrzeuge. Überall gibt es Dreh-, Schiebe- oder Aufklappmechanismen, durch deren Betätigung ein weiteres Gerät zum Vorschein kommt. Für jedes Ereignis gibt es das passende Werkzeug, so scheint es.
Damit die Feuerwehrleute immer auf dem aktuellen Stand bleiben, finden regelmäßig Kurzausbildungen statt. Kein Wunder, denn bei der Vielzahl an Werkzeugen und Hilfsmitteln ist es schwer, auf dem Laufenden zu bleiben. „Vor zwei Wochen haben wir uns die neuesten Sprungpolster genauer angeschaut“, erzählt Wachabteilungsleiter Rebschläger. Auf ihnen können Menschen, die aus brennenden Häusern springen, unversehrt landen.
Nun kommt der Praxistest für mich. Die Feuerwehrmänner Dennis Seidelmann und Frank Tzschoch haben eine Aufgabe für mich. Dafür schlüpfe ich in die volle Feuerwehrmontur aus Hose, Jacke und Helm. Der ungewohnt schwere Helm drückt auf meinen Kopf. Aber unter den kritischen Blicken der beiden Männer versuche ich mir die Anstrengung nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Mit Atemschutzgerät auf dem Rücken übe ich mich im „Seitenkriechgang“. Dazu stütze ich mich zuerst auf mein rechtes Knie, um mich dann mithilfe meines linken Fußes voranzutasten und mich langsam nach vorne zu ziehen. In den Händen halte ich einen Löschschlauch. „So würdest du den Boden bei einem Brand nach Hindernissen und Gefahren wie Löchern abtasten und vordringen“, weisen mich die Brandmeister ein.
Im Brandeinsatz ist die Kommunikation schwer
Die Hitze und der Rauch steigen nach oben. Oft ist nur noch wenige Zentimeter über dem Boden etwas zu sehen. „Wenn es brennt, kannst du so gut wie nichts mehr sehen. Es ist laut und du musst mit deinem Kollegen im Rücken trotz Atemschutzmaske kommunizieren. Es ist richtig heiß – bis zu 1.000 Grad Deckentemperatur“, machen mir die Feuerwehrmänner den Ernstfall klar.
Als nächstes schicken sie mich in der Waschgarage die Treppe hoch. Ist die Treppe nicht etwas schmal? „Stell dir vor, das ist ein Altbau mit schmalem Aufgang“, entgegnet einer der Feuerwehrmänner. Während ich versuche, mit Schlauchhalter in meiner linken und Feuerwehraxt in meiner rechten Hand in voller Montur die Treppe hinaufzusteigen, komme ich ins Schwitzen. Was, wenn jetzt ein Alarm ausgelöst werden würde? „Dann müssten wir dich hier so stehen lassen“, antwortet einer der Männer ohne mit der Wimper zu zucken. Ein bisschen Spaß haben die beiden schon, glaube ich.
Während der Übung komme ich mit Brandmeister Seidelmann ist Gespräch. Er ist ein Beamter aus Berlin, den die Stadt Falkensee abwerben konnte. Auf der Suche nach neuen Bewerbern ist die Stadt in die Offensive gegangen. Inzwischen sind alle 38 hauptamtlichen Stellen besetzt. Fünf arbeiten im Tagesdienst, die restlichen 33 bilden die drei Wachabteilungen für den Schichtwechseldienst.
Für den Familienvater war das sogenannte „Bremer Modell“ mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden attraktiv. Im 24-Stunden-Dienst haben die Feuerwehrleute in der Regel nur zwei bis drei Dienste die Woche. Der Dienst teilt sich in 10 Stunden Arbeitsdienst und 14 Stunden Bereitschaftsdienst, in dem Autos und Werkzeuge kontrolliert, Einsätze protokolliert und die Einrichtungen in Schuss gehalten werden.
Viele Feuerwehrleute in Falkensee sind verbeamtet
Seit 2018 verbeamtet auch die Stadt Falkensee ihre hauptamtlichen Feuerwehrleute. Freiwillige Feuerwehr hat sich systematisch verändert. „Es ist bundesweit schwer geworden, die Tagesbereitschaft aufrechtzuerhalten“, sagt Stadtwehrführer Brose. „Die Leute arbeiten nicht mehr unbedingt in der Nähe ihres Wohnortes, wo ihre Feuerwehr ist.“ Die meisten Leute, die in Falkensee leben, arbeiten in Berlin. Bis die Feuerwehrleute am Einsatzort sind, vergeht zu viel Zeit. „Dafür braucht es Hauptamtliche, die schnell reagieren können.“ Das Problem mindern könnten Doppelmitgliedschaften. So könnte ein Feuerwehrangehöriger aus einer weit entfernten Gemeinde, der aber in Falkensee arbeitet, dann in Falkensee mitmachen.
Ist der Feuerwehrchef verbeamtet? „Nein, als vor zwei Jahren die Stadtverordneten die Verbeamtung beschlossen, hatte sich das für mich nicht mehr gelohnt“, sagt er. Brose ist heute 47 Jahre alt. Jüngeren Feuerwehrleuten gibt die Verbeamtung mehr Sicherheit. Denn Feuerwehrangehörige sind großen Gefahren ausgesetzt und als Beamte nach einem schweren Arbeitsunfall besser abgesichert. Aufkleber und Plakate im gesamten Gebäude erinnern die Mitarbeiter auch an das erhöhte Krebsrisiko durch den Kontakt mit Gefahrstoffen oder Brandrauch. „Hinzu kommt die hohe psychische Belastung bei Einsätzen“, sagt Brose.
Und doch liebt er seinen Beruf. „Wer einmal Leben gerettet hat möchte den Feuerwehrberuf nicht mehr missen“, sagt Daniel Brose. Hinzu kommt die Gemeinschaft, die für einander da ist. Sein Tipp: „Jeder, der noch nicht weiß, was er oder sie beruflich machen will, sollte sich unbedingt den Feuerwehrberuf anschauen.“ Personal werde überall gesucht.
Dafür braucht es aber auch eine angemessene Wertschätzung seitens der Kommune. Das Beispiel Falkensee zeigt, wie sich eine Kommune auf dem Arbeitsmarkt behaupten kann. Sie entscheidet schließlich darüber, wie attraktiv der Arbeitsplatz ist. „Feuerwehr kostet“, weiß Stadtwehrführer Brose. „Doch das Geld ist gut investiert.“
Hier finden Sie die Webseite der Feuerwehr Falkensee.