Bedienung im Dorfladen
Das Konzept, dass Bürger ihren eigenen Laden aufmachen, wird immer beliebter

5 Erfolgsfaktoren für einen Dorfladen!

Ein Dorfladen könnte so manche Nahversorgungslücke im Dorf retten. Und das Konzept wird immer beliebter. Doch: Woher weiß man eigentlich, ob ein Dorfladen Potential hat? KOMMUNAL klärt auf.



Wenn der Bäcker oder das Cafè an der Ecke zumachen, die Sparkasse oder der Supermarkt schließen, und die Post oder die Reinigung dicht machen – fehlen gerade in den ländlichen Regionen Alternativen. Die Folge: Immer mehr Menschen fühlen sich abgehängt. Doch dadurch wird die Abwärtsspirale weiter in Gang gesetzt. Denn wenn die Nahversorgung mit Lebensmitteln, Dienstleistungen und sozialen Angeboten wegfällt, flüchten junge Menschen in die nächstgrößte Stadt, während die älteren Bewohner Probleme damit haben, für sich selbst zu sorgen. Sinken die Einwohnerzahlen, sinkt auch die Chance, dass sich ein Supermarkt im Dorf niederlässt. Viele Kommunen wollen die Entwicklung aber nicht tatenlos beobachten. Sondern eine Lösung finden, weshalb sie es mit einem Dorfladen probieren.  

Was ist ein Dorfladen?

Es gibt auch heute noch Privatpersonen, die das wirtschaftliche Risiko auf sich nehmen und einen kleinen Laden eröffnen. Meist aus Leidenschaft heraus und sehr wohl wissend, dass die Verdienstmöglichkeiten gering sind. Dies sind allerdings eher Einzelfälle. Seit einigen Jahren entstehen immer mehr Dorfläden als Gemeinschaftsprojekte: von den Bürgern für die Bürger. Konkret heißt das: Dass die Einwohner eines Ortes nicht auf einen privaten Ladenbetreiber warten, sondern die Sache selbst in die Hand nehmen. Dafür gründen sie zum Beispiel eine Genossenschaft oder einen wirtschaftlichen Verein, informieren sich über Fördergelder, tragen Startkapital zusammen und eröffnen in Eigeninitiative einen kleinen Dorfladen. In ihm gibt es vor allem die frischen Lebensmittel, die viele Haushalte mehrmals pro Woche einkaufen. Und darüber hinaus meist auch weitere Artikel des täglichen Bedarfs, um die Grundversorgung sicherzustellen. Sonstige Zusatzangebote sorgen oft für das gewisse Extra. Doch: Während einige Dorfläden super laufen, müssen andere nach kurzer Zeit wieder schließen.

Was machen die Dorfläden anders, die so gut laufen?

„Prinzipiell lässt sich natürlich nicht ausschließen, dass ein Dorfladen pleitegeht“, weiß der Berater Volker Bulitta, der mit „M. Punkt RLP – Mach dein Dorf“ bereits über 30 Dorfläden in Rheinland-Pfalz bei der Eröffnung begleitet hat. Dennoch, das weiß er, gibt es Tipps, die die Chance auf einen erfolgreichen Dorfladen massiv erhöhen.

 Erfolgsfaktor Nr. 1: Der Dorfladen will gut geplant sein!

„Mein erster Tipp an diejenigen, die einen Dorfladen aufmachen wollen, ist, dass sie nicht blind drauf los bauen, sondern die Umstände in der Kommune genau betrachten müssen“, weiß Volker Bulitta. Dafür können Gemeinden bzw. die Initiatoren vor Ort Beratungsbüros engagieren, die sich auf Dorfläden spezialisiert haben. Bundesweit gibt es hier verschiedene Modelle, bei denen sich zum Teil auch das jeweilige Bundesland engagiert. Ein Beispiel ist das Beratungsprogramm „M.Punkt RLP – Mach dein Dorf!“ in Rheinland-Pfalz, welches vom dortigen Innenministerium gefördert wird. Der Kostenbeitrag der Gemeinden ist hier vergleichsweise gering, sodass auch finanzschwache Kommunen die Möglichkeit haben, von einer professionellen Beratung zu profitieren. Denn ein Dorfladen ist ein kleines Unternehmen und muss dementsprechend geplant und geführt werden. Will eine Gemeinschaft einen Dorfladen aufmachen, schaut sich Bulitta und sein Team die Gegebenheiten vor Ort genau an. Erst dann kann entschieden werden, ob es überhaupt Sinn macht, einen Dorfladen zu gründen. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine hohe Erfolgschance besteht, dass der Laden langfristig wirtschaftlich tragfähig betrieben werden kann. Dabei ist es für ihn wichtig, dass nicht nur einzelne Parteien oder Gruppierungen im Ort von dem Konzept überzeugt sind, sondern auch die Bürger. Um das herauszufinden, wird eine Umfrage im Ort durchgeführt. Bei der Befragung achtet Bulitta vor allem auf drei Komponenten:

  • Wie hoch die Rücklaufquote ist – sie gibt einen ersten Hinweis darüber, wie hoch das Interesse an einem Dorfladen überhaupt ist. Sie sollte in kleinen Orten bei mindestens 40 Prozent liegen
  • Wie die Leute Ihre Einkaufssituation einschätzen, also ob sie überhaupt einen Dorfladen brauchen
  • Was sie sich von dem Dorfladen wünschen. Sind es eher Lebensmittel oder doch andere zusätzliche Angebote, wie Post-/Paketdienstleistungen, Toto-Lotto oder ein kleines Café?

Die Ergebnisse der Befragung fließen in die Beurteilung der wirtschaftlichen Machbarkeit eines Dorfladen-Projekts ein: Kann genügend Umsatz erzielt werden, um die laufenden Kosten zu decken? „Rund 35 bis 40 Prozent der Untersuchungen enden mit einem negativen Ergebnis“, weiß Bulitta. In diesen Fällen wird den Initiatoren vor Ort abgeraten einen Dorfladen zu eröffnen und es wird nach anderen Wegen gesucht, um auf die Bedürfnisse der Bürger einzugehen (mobiler Markt, Bürgertreff, etc.).  

Erfolgsfaktor Nr. 2: Beim Ehrenamt entscheidet die Qualität, nicht die reine Quantität!

„Viele Vereine denken, sie brauchen dutzende Helfer, die sich um den Dorfladen kümmern. Frei nach dem Motto: Je mehr desto besser! Dies ist aber nicht das Wichtigste. Entscheidend ist, dass es einige wenige Personen gibt, die die Zügel in die Hand nehmen, die (organisatorische) Verantwortung übernehmen und das Projekt mit Kompetenz und der notwendigen Begeisterung führen. Es kommt Einiges auf diese Personen zu, dessen müssen sie sich von Beginn an bewusst sein“, weiß Bulitta aus der Erfahrung zu berichten.  

Erfolgsfaktor Nr. 3: Der Dorfladen sollte kein zweites Aldi oder Rewe werden!

Das Angebot des Ladens sollte sich an den Wünschen der Bürger ausrichten. „Und die wollen keinen zweiten Aldi oder Rewe, sondern vor allem regionale Produkte“, erklärt Bulitta. Denn bei vielen Verbrauchern findet ein Umdenken statt: Sie wollen weg von industriell verarbeitetem Essen hin zu natürlichen Lebensmitteln. Dabei spielen auch Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein eine große Rolle. Hinzu kommt, dass sich die Menschen mit den heimischen Waren besser identifizieren können. Gleichzeitig kann sich der Dorfladen mit einem umfassenden Angebot an Regionalprodukten von den größeren Supermärkten und Discountern in der Umgebung abheben.  

Erfolgsfaktor Nr. 4: Der Dorfladen muss zum neuen Treffpunkt werden!

Der größte Unterschied zwischen einem großen Supermarkt und einem kleinen Dorfladen? Ist der Treffpunktcharakter! „Denn im Laden können sich die Menschen zu einem Kaffee verabreden, ihre Nachbarn treffen oder an der Kasse quatschen. Die soziale Komponente ist gerade in Orten, in denen es sonst keine anderen Treffpunkte mehr gibt, der wirklich entscheidende Punkt“, weiß Bulitta. Doch wie schafft man es, dass sich mehr Bürger im Dorfladen versammeln? Auf diese Frage hat Bulitta eine klare Antwort: „Indem man weitere Leistungen anbietet, die für die Bürger wichtig sind, wie Post- / Paketdienste, eine Lotto-Annahmestelle, Möglichkeiten zum Geldabheben oder eine Reinigungsannahme. Zusätzlich muss der Laden zum Verweilen einladen, durch ein schönes Ambiente und ein kleines Verzehrangebot wie Kuchen und sonstige, einfache Snacks. Hierfür bieten sich dann auch wieder die regionalen Produkte an.“ Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Angebot nicht selbst vom Dorfladen bestimmt wird – sondern von den Kunden!  

Erfolgsfaktor Nr. 5: Durch geeignete Maßnahmen können die Kosten gesenkt werden

Bereits im Vorhinein sollte sich gut überlegt werden, an welchen Stellen Kosten gespart werden können. So haben manche Dorfläden hohe Betriebskosten durch Kühlgeräte. Diese lassen sich durch den Einsatz energiesparender Modelle oder zum Beispiel durch PV-Anlagen auf dem Dach (produzieren Sonnenstrom) reduzieren.  

Aus diesen beiden Gründen scheitern die meisten Dorfläden!

„Die beiden häufigsten Gründe dafür, dass ein Dorfladen scheitert, sind ein schlechtes Sortiment und die fehlende Ausrichtung an den Bedürfnissen der Bürger. Dass das optimale Sortiment aus regionalen Produkten besteht, haben wir ja bereits oben besprochen“, weiß der Berater Volker Bulitta. „Für die weitere Gestaltung des Ladens ist es ganz wichtig zu schauen, an was es den Bürgern wirklich fehlt. Es gibt nicht das eine Musterkonzept, welches in allen Dörfern umgesetzt werden sollte. Bei den einen steht die Grundversorgung mit Lebensmitteln deutlich im Vordergrund, bei den anderen sind der Kommunikationsaspekt oder die zusätzlichen Angebote stärker zu betonen.“ In diesem Zusammenhang möchte Bulitta auch noch auf die Bedeutung der Öffnungszeiten hinweisen: „Gerade in den kritischen Morgen- und Abendstunden müssten viele Dorfläden offen sein. Denn in den kleineren Orten leben viele Pendler, die zum Beispiel früh morgens einen Kaffee oder etwas zu Essen brauchen. Ist der Laden um diese Uhrzeit aber nicht besetzt, suchen sich die Menschen eine andere Alternative – und das ist natürlich ein dicker fetter Minuspunkt.“  

Fazit:

Einen Dorfladen zu eröffnen, dauert bis zu zwei Jahre. Doch die Mühe lohnt sich in vielen Fällen: „Es ist schön zu sehen, wie ein Dorfladen das Leben in einen Ort zurückholen kann“, weiß Volker Bulitta und ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Und auch Günter Lühning, der Vorsitzende der „Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden“ weiß, dass sich mit so manchen Dorfläden schon das gesamte Zusammenleben verändert hat: „Wenn wir uns auf den Weg machen, können wir verlieren. Wenn wir es nicht tun, haben wir schon verloren.“

Auch von Njema Drammeh