Das Einfamilienhaus ist in bestimmten Kreisen aus ideologischen Gründen verpöhnt - dabei arbeiten gerade diese Ideologen an ihrem eigenen sozialen Abstieg, meint Christian Erhardt
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Leitartikel

Einfamilienhaus verbieten? Niemand hat die Absicht…

Mit Klima- und Umweltschutzpolitik kann man beim Thema Bauen viel Gutes tun. Man kann auf diese Weise aber auch künstlich die Kosten hochtreiben, damit sich das Landleben nicht mehr lohnt. Die Debatte um die Umweltverträglichkeit des Einfamilienhauses hat Methode und das sollten ländliche Regionen nicht auf sich sitzen lassen, meint Christian Erhardt.

Das Einfamilienhaus steht immer mehr in der Kritik. Nur sind es wirklich ökologische oder nicht meist eher ideologische Gründe, die dafür verantwortlich sind? Warum haben viele Städter mit ihrer Verachtung des "Kleinstadt-Spießertums" zu ihrem eigenen sozialen Abstieg beigetragen? Und warum hält der "Run auf das Landleben" trotzdem an? Die Suche nach Antworten...

Grundstücke werden in Deutschland immer kleiner. Auf rund 400 Quadratmetern Grund steht heute ein Haus im Schnitt, früher waren es mal 600 Quadratmeter. Ein riesiger Flächenfraß rufen trotzdem viele, in einem Stadtteil in Hamburg werden daher schon keine neuen Einfamilienhäuser mehr genehmigt. Und überhaupt ist das Haus auf dem Land „ökologischer Wahnsinn“, heißt es von Städtern immer wieder. Jenen Städtern, die sich vor der eigenen Haustür gegen Nachverdichtung und Aufstockung wehren und so fleißig die Kosten für Wohnungen in schwindelerregende Höhen treiben. Wenn das nicht reicht, wird künstlich nachgeholfen im Kampf gegen die „Ausgeburt der Umweltzerstörung“. Die jüngste Änderung: Strengere Regeln für Bauabfälle – selbst Bodenaushub muss dann öfter auf spezielle Deponien. Bis zu 80.000,- Euro Mehrkosten für ein Einfamilienhaus mit Keller könnte das bedeuten, rechnen Spezialisten vor.

Niemand hat die Absicht....das Einfamilienhaus ist in bestimmten Kreisen ideologisch verpöhnt...
Niemand hat die Absicht....das Einfamilienhaus ist in bestimmten Kreisen ideologisch verpöhnt...

Bauvorschriften und Öko-Kostenlawinen sollen das Einfamilienhaus unattraktiv machen...

Klar, das ist kein Verbot für das Einfamilienhaus. Aber man kann Menschen eben auch mit Bauvorschriften und Öko-Kostenlawinen zwingen, sich dem „kollektiv gewünschten Wohnen“ unterzuordnen. Warum das aber besser sein soll, erschließt sich mir nicht. Logisch, verzichte ich auf Fenster, wäre das auch energieeffizienter. Und würde ich aufs Joggen verzichten, würde ich 1000 Kalorien am Tag weniger verbrauchen, womit weniger Soja auf Freiflächen angebaut werden müsste und weniger Kühe auf Weiden leben würden, die später zu meiner Nahrung werden. Ein künstliches Koma soll übrigens auch den Verbrauch um 600 Kalorien am Tag reduzieren. Aber Zynismus beiseite: Mein (zugegeben 800 Quadratmeter) großer Garten weist mehr Biodiversität auf als die meisten Freiflächen in einer Großstadt. Es geht in der Baupolitik offenbar weniger um gutes Bauen sondern an vielen Stellen mehr darum, den „Provinzlern“ endlich vor Augen zu führen, dass „ihr Lebensstil“ falsch sei. Und das hat leider Methode!

Die Rolle der Ideologen beim Thema Einfamilienhaus 

Schon immer galten in bestimmten Kreisen die „spießigen Bausparer auf dem Land“ als die „Ewiggestrigen“ mit veralteten Lebensentwürfen. Konservativ, spießig und irgendwie dumm. Denn es war ja absehbar, dass ihre neu gebauten Häuser in den Orten mit sinkenden Einwohnerzahlen bald sowieso wertlos sein würden. „Da kann man das Geld statt in den Bausparvertrag doch besser in ein schönes Leben investieren“. Doch dann – spätestens ab dem Jahr 2005 – stiegen und stiegen die Mieten in Deutschland, Wohnraum wurde immer knapper. Heute zeigt sich, dass die Städter, die auf Miete statt Kauf setzten, seit Jahren an ihrem eigenen sozialen Abstieg gearbeitet haben. Inzwischen gilt der Wohnungsmarkt in 367 Städten in Deutschland als „angespannt“, es gelten Mietpreisbremsen und andere Maßnahmen.

Ein besseres Geschenk, als Bauland zu verknappen, kann die Politik reichen Menschen gar nicht machen. Wenn Kommunen dann mit preisgebundenen Wohnungen gegensteuern, wird die Mittelschicht ein zweites Mal geschröpft."

Christian Erhardt

Nun soll das Baulandmobilisierungsgesetz den Markt entspannen. Und in der Tat weisen viele Regelungen, ob Baugebot, ein einfacheres Recht beim Bauen im Außenbereich oder Änderungen im Vorkaufsrecht, in die richtige Richtung. Im Detail des neuen Baugesetzbuches müssen Kommunen aber wieder neue Kröten schlucken. So soll es Kommunen zwar künftig vorbehalten sein, die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen zu genehmigen. Die Länder sollen aber mitbestimmen dürfen. Konkret: Wenn im ostwestfälischen Bünde die Kommune ein zum Verkauf stehendes Grundstück kaufen will, muss die Stadt erst bei der Landesregierung im 220 Kilometer entfernten Düsseldorf um Erlaubnis fragen. Die Städte und Gemeinden mal wieder am Gängelband der Länder.

Warum kleine Gemeinden für Familien so attraktiv sind...

Vielleicht bin ich da ja als „Provinzler“ auch spießig, aber ich werde den Eindruck nicht los, dass die kleinen Gemeinden vor Ort das viel besser können als Großstädte und Länder. So sind es viele kleine Gemeinden vor allem im „spießigen“ Bayern, die seit vielen Jahren auf das Einheimischenmodell setzen. Es ermöglicht über Pacht, Erbbaurecht oder Kauf zum Verkehrswert eines Grundstückes jungen Familien mit weniger Geld, sich den Traum vom „spießigen“ Eigenheim zu erfüllen. Andere machen Vergaben nach Konzept statt nach Höchstpreisen. In vielen Großstädten hingegen versucht man es mit Bieterverfahren und Vorgaben an Bauherren etwa über den 30-prozentigen Anteil an preisgebundenen Wohnungen. Das Ergebnis: Der Entwickler schlägt auf die übrigen 70 Prozent der Wohnungen umso mehr auf den Preis auf. Auf der einen Seite wohnen dann im Neubau 30 Prozent Transferzahlungsempfänger, auf der anderen Seite überdurchschnittlich Reiche. Für die Mittelschicht bleibt kein Platz mehr. Anders gesagt: Ein besseres Geschenk, als Bauland zu verknappen, kann die Politik reichen Menschen gar nicht machen. Wenn Kommunen dann mit preisgebundenen Wohnungen gegensteuern, wird die Mittelschicht ein zweites Mal geschröpft.

Genau diese Menschen, junge Familien mit Kindern, ziehen nicht nur als Konsequenz aus Corona gerade scharenweise aufs Land. Wir können ihnen mit ideologischer und überregulierter Öko-Baupolitik Knüppel zwischen die Beine werfen oder wir können Ihnen echte Angebote machen. Angebote für die eigenen vier Wände, Angebote für einen wirklichen Freiraum. Das eine stärkt die Wohnungsnot in den Städten, das andere stärkt das Landleben. Raten Sie mal, was ich als „spießiger Landbewohner“ für fortschrittlicher halte?!