Ehrenamtliche Bürgermeister: Zwei Hände halten Bürger (Symbolbild, Grafik)
Bürgermeister und Bürgermeisterinnen sehen sich als Ansprechpartner und Fürsprecher der Bürger.
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Studie

Ehrenamtliche Bürgermeister: So viel Zeit wenden sie auf

Bei den jüngsten Kommunalwahlen in mehreren Bundesländern sind auch wieder viele ehrenamtliche Bürgermeister und Bürgermeisterinnen gewählt worden. Eine Studie der Ruhr-Universität Bochum hat jüngst untersucht, wie viel Zeit ehrenamtliche Bürgermeister pro Woche im Durchschnitt für ihre Führungsrolle in der Kommune aufwenden - und was sie antreibt.

Es gibt weitaus mehr ehrenamtliche Bürgermeister in Deutschland als hauptamtliche Bürgermeister. Doch es wird immer schwieriger, Männer und Frauen zu finden, die sich für dieses kommunalpolitische Führungsaufgabe bereit finden. Forscher des Zentrums für Interdisziplinäre Regionalforschung ZEFIR der Ruhr-Universität Bochum haben näher untersucht, wie die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen ihren Alltag bewältigen. Sie bestätigten damit weitgehend frühere Umfrageergebnisse von KOMMUNAL.

Ehrenamtliche Bürgermeister - das Ergebnis der Studie:

  • Der typische ehrenamtliche Bürgermeister ist männlich, verheiratet, über 50 Jahre und Vater von Kindern, die älter als 14 Jahre sind.
  • Parteipolitische Programme spielen für sie keine große Rolle. Etwa ein Drittel der ehrenamtlichen Bürgermeister sind Mitglied einer Partei oder Wählervereinigung.
  • Die Amtsinhaber und Amtsinhaberinnen sehen sich in der Rolle der vermittelnden und repräsentativen Person - als Fürsprecher der Bürger.

Die Forscher ermittelten in leitfadengestützten Interviews unter 1500 ehrenamtlichen Bürgermeistern weitere Ergebnisse:

Danach wenden die Amtsinhaber im Schnitt pro Woche 20 Stunden für ihre Tätigkeit in der Kommune auf.  Der Zeitaufwand variiert je nach Größe der Gemeinde - und nach der Zahl der gemeindeeigenen Einrichtungen und der Personalstärke.

Damit sie ihr Amt verantwortungsvoll ausüben können, ohne sich komplett zu übernehmen, haben 45 Prozent der Befragten ihren Hauptberuf zugunsten des Ehrenamts reduziert. 27 Prozent der befragten ehrenamtlichen Bürgermeister gaben an, nicht berufstätig zu sein, die meisten von ihnen sind Rentner oder Rentnerinnen.

Vor allem Bürgermeisterinnen stark belastet

Nur 21 Prozent der ehrenamtlichen Bürgermeister gaben an, Familie, ihren Hauptberuf und das Amt sehr gut oder gut vereinbaren zu können. Für 56 Prozent ist es "manchmal schwierig" und für immerhin 22 Prozent "sehr schwer".

Vor allem Bürgermeisterinnen haben Probleme, die Anforderungen miteinander vereinbaren zu können. 27 Prozent bezeichneten es als sehr schwer, alles unter einen Hut zu bekommen.

Als einschränkend nannten die befragten Teilnehmer in der Umfrage unisono vor allem bürokratische Vorgaben und fehlende Finanzierungsgrundlagen.

 David Gehne, Louisa Anna Süß und Jörg Bogumil (von links) haben erstmals erfragt, was ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister umtreibt. © RUB, Marquard
David Gehne, Louisa Anna Süß und Jörg Bogumil (von links) haben die Studie zu den ehrenamtlichen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen erstellt.
© RUB, Marquard

Schlussfolgerungen aus der Studie

Um das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters und der Bürgermeisterin attraktiver zu machen, empfehlen die Forscher vor allem 3 Ansatzpunkte:

  • Eine bessere finanzielle Ausstattung und die Kooperation mit den Verwaltungsgemeinschaften könnte Handlungsspielräume eröffnen, um die Kommune bei vertretbarem zeitlichem Aufwand zu gestalten.
  • Dem gewachsenen Anspruchsdenken der Bürger und Bürgerinnen und der verhärteten Diskussionskultur im Alltag könne man durch bessere Aufklärung über die Aufgaben und Kompetenzen von Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen entgegentreten, um mehr Verständnis für die ehrenamtliche Position zu erzeugen.
  • Zudem brauche es Hilfsangebote für Bürgermeister im Fall von Hass und Hetze im Amt. Über die Hälfte (55 Prozent) der Befragten gaben an, mindestens einmal Erfahrungen mit Anfeindungen oder Hass im Amt gemacht zu haben, ein Drittel sogar mehrfach. Davor müssten sie bestmöglich geschützt werden, bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung. Aber auch unterhalb dieser Schwelle sollte es Angebote für Betroffene geben, die Hilfe bei der Bewältigung benötigen. Dafür braucht es finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern, daher ist es nicht sinnvoll, wenn bei Unterstützungsangeboten wie ‚Hate aid‘ oder in der politischen Bildung die Bundeszuschüsse gekürzt werden.

Mehr Informationen zur Studie Ehrenamtliche Bürgermeister in Deutschland.