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Die Novelle des EU-Abfallrechts – Anspruch und Wirklichkeit

16. Januar 2015
Zu den 80 Gesetzesvorhaben, die die EU-Kommission nach ihrem neuen Arbeitsprogramm für 2015 zurücknehmen will, gehört auch das Gesetzespaket zur Kreislaufwirtschaft, das insgesamt sechs europäische Richtlinien zur Müllentsorgung, Recycling und Abfallvermeidung novellieren sollte. Jedoch soll das Paket nicht ersatzlos gestrichen werden, sondern bis Ende 2015 ersetzt werden durch einen ambitionierteren Vorschlag.

Ein Bericht von Linda Wagner, Referentin für Abfallpolitik im VKU Büro Brüssel Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hatte sich konstruktiv an den Verhandlungen über die Novelle des europäischen Abfallpakets eingebracht und nach der Veröffentlichung der Vorschläge der EU-Kommission am 02.07.2014 auch eine erste Stellungnahme abgegeben. Obwohl der VKU bei den diskutierten Maßnahmen des Abfallpakets einigen Nachbesserungsbedarf gesehen hatte, darf aus Sicht des Verbandes die Alternative nicht sein, keine Gesetzesinitiative auf den Weg zu bringen. Das wird nicht ganz einfach sein, denn die Herausforderung liegt darin, europaweite Verbesserungen im Ressourcenschutz herbeizuführen und gleichzeitig die unterschiedlichen Ausgangssituationen in den 28 Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen, so dass alle Staaten die gesteckten Ziele auch erreichen können. 141106_Behandlung von Siedlungsabfällen in 2012 in der EU-28, der Schweiz, der Türkei, Norwegen und Island

 Was zu tun ist 

Handlungsbedarf sieht der VKU vor allem bei den Recyclingquoten. Diese müssen europaweit erhöht werden. Problematisch war der ursprüngliche Vorschlag im Abfallpaket, zeitgleich mit der Erhöhung der Quoten auch die Berechnungsweise umzustellen. Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld ist es, im Sinne des Klimaschutzes ein europaweit bestehendes Deponierungsverbot zu verankern. Momentan werden in Europa noch zu viele Abfälle unvorbehandelt deponiert (siehe Grafik). Die Beendigung der Deponierung unvorbehandelter Abfälle ist der wirkungsvollste Beitrag, den die Abfallwirtschaft für den Klimaschutz leisten kann, wie gerade die Entwicklung in Deutschland gezeigt hat. Zu den aus Sicht des VKU besonders kritischen Formulierungen in den Richtlinienentwürfen gehört auch die Definition der Siedlungsabfälle in der Abfallrahmenrichtlinie, welche sich nach Ansicht des VKU möglichst eng an der Begriffsbestimmung im Europäischen Abfallkatalog orientieren sollte. Außerdem sollten Siedlungsabfälle ausschließlich herkunftsbezogen und aufgrund ihrer Beschaffenheit und ihrer Zusammensetzung definiert werden. Die im Entwurf vorgeschlagenen Abgrenzungskriterien wie Unternehmensgröße, die ständiger Veränderung unterliegen, oder die Sammlungszuständigkeit würden zur weiteren Zunahme der Bürokratie führen und praxisuntauglich sein. Bei den Ausnahmen von der Genehmigungspflicht forderte der VKU, dass die Möglichkeit der Genehmigungspflicht für die Sammlung und Beförderung von nicht gefährlichen Abfällen für die Mitgliedstaaten unbedingt erhalten bleiben und grundsätzlich einheitlich auf EU-Ebene geregelt werden sollte.

Was wichtig ist

Zur besseren Umsetzung der Ressourcen- und Klimaschutzziele durch Beschränkung der Deponierung und Förderung des Recyclings sollte die Liste der für die Deponierung zugelassenen Abfallarten beschränkt werden. Diese Beschränkung sollte für unbehandelte Siedlungsabfälle und andere nicht inerte Abfälle gelten. Die Beschränkung sollte nicht durch Mengenbegrenzungen, sondern durch Qualitätsanforderungen umgesetzt werden. Zum Beispiel wird das im deutschen Deponierecht über die Grenzwerte für Heizwert, Glühverlust und Gesamtkohlenstoffgehalt erreicht. Die Recyclingziele müssten an die neue Definition des Begriffes Siedlungsabfälle und die neue Berechnungsmethode für die Recyclingquoten angepasst werden, verbunden mit europäischen Qualitätsstandards für Recyclingprodukte, die regelmäßig an den technischen Fortschritt angepasst werden. Es müssten auch klare Regelungen für den Betrieb von Anlagen zur Sortierung oder sonstigen Behandlung von Abfällen geschaffen werden. Es sollten konkrete Recyclingquoten jeweils für die wichtigsten Abfallfraktionen festgelegt werden. Diese Quoten sollten auch für Gewerbeabfälle gelten. Mindestquoten sollten nur dort gefordert werden, wo sie ökologisch und ökonomisch sinnvoll sind.

Entscheidungsfreiheit vor Ort

Bei der Erweiterten Herstellerverantwortung sollten die Mitgliedsstaaten selbst entscheiden können, ob sie solche Systeme zur Erreichung der Recyclingziele einsetzen wollen. Die Bedeutung der Lebenszyklusbetrachtung einschließlich der Herstellungs- und Nutzungsphase sollte klarer formuliert werden. Außerdem müssten klare Festlegungen getroffen werden, welche Funktionen und Zuständigkeiten in EPR-Systemen bestehen sollen, die dann außerdem an die EU-Kommission zu melden sind. Die Richtlinie sollte eine Aufzählung enthalten, um welche zulässigen Formen von Systemen es sich handeln kann, z. B. Steuern- und Abgaben-, Monopol-, Wettbewerbs- und Pfandsysteme. Für die Bekämpfung des Litterings sollte eine Standardkostenvergütung vorgesehen werden.

 Das weitere Vorgehen

Ob die neue EU-Kommission – wie angekündigt – den Vorschlag nun endgültig zurückziehen wird, darüber wird sie Ende Januar entscheiden. Bis dahin haben die wichtigsten Stakeholder wie der CEEP (Europäischer Dachverband der öffentlichen Wirtschaft) und Municipal Waste Europe MWE (Europäischer Dachverband der kommunalen Entsorgungswirtschaft) am 22.01.2015 noch mal die Gelegenheit, im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes ein Statement abzugeben und Fragen der Europaabgeordneten zu beantworten. Das Ergebnis der Anhörung wird für die Entscheidung der EU-Kommission wegweisend sein. Der VKU wird mit Interesse weiter verfolgen, welche Alternativen die EU-Kommission auf dem Weg zu einer stärkeren Ressourceneffizienz vorschlagen wird und weiter mit ihr im Dialog bleiben – ungeachtet der Tatsache, ob das Paket nun endgültig zurückgezogen oder einer nochmaligen Überarbeitung durch die EU-Kommission unterzogen wird.

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