Mittelalterliche Häuser - viele Denkmalschutzbestimmungen
Hier soll beides gelingen: Das Historische schützen und die Energiewende voranbringen
© Gemeinde Esslingen

Energiewende

PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Häusern

Wenn die Energiewende gelingen soll, müssen auch Städte mit historischem Baubestand nach Wegen suchen, um mehr Energie einzusparen und neue, regenerative Energiequellen zu erschließen. Eine große Hürde sind dabei die Verordnungen zum Schutz der Bauten mit Denkmalstatus. Eine Stadt am Neckar lässt sich davon nicht aufhalten.
Aktualisiert am 23. Januar 2023

Die Liste der denkmalgeschützten Gebäude ist lang: mittelalterliche Hofanlagen, eine Burg, ein barockes Rathaus, alte Stadtmauertürme, Fachwerkhäuser, Klöster und Kirchen. Liebevoll restaurierte Schätze, die den Charme dieser Stadt ausmachen, die im 8. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt  und 1181 zur freien Reichsstadt erklärt wurde: Esslingen am Neckar. Was schön für die Bürger und attraktiv für Touristen ist, schafft Probleme für die Energiewende, denn niemand  will den historischen Baubestand mit in der Sonne blitzenden Solarmodulen "verschandelt" sehen. Stattdessen will die Stadt nach kreativen Lösungen suchen, um den Bestimmungen des Denkmalschutzes gerecht zu werden und trotzdem die Energiewende voranzubringen.   

Technische Innovationen für Energiewende  

Wie geht die Kommune dabei vor? Ämter- und ressortübergreifend wird zunächst für das Areal der mittelalterlichen Reichsstadt und der Stadterweiterungen aus dem 19. Jahrhundert die technischen Möglichkeiten geprüft und dabei soll keine einzige ausgelassen werden: Andreas Panter, Abteilungsleiter für Denkmalschutz der Stadt Esslingen, erläutert: "Das Fest- und Tagungshaus Econvent in Esslingen gewinnt  mit Hilfe einer Wärmepumpe bereits seit vielen Jahren Wärme aus dem Neckarwasser der innerstädtischen Kanäle. In unserem Modellprojekt wollen wir zum Beispiel untersuchen, ob sich diese Nutzung von Abwärme aus den Neckarkanälen und darüber hinaus den Abwasserkanälen auch für andere Gebäude und in größerem Umfang eignen kann." 

Um keinen technischen Fortschritt - wie etwa neuartige Indach-Solarmodule, die anstelle von herkömmlichen Dachschindeln direkt als Dacheindeckung verbaut werden - zu verpassen, setzt die Kommune nicht nur auf die Expertise ihrer Stadtwerke, sondern auch auf die Kenntnisse von externen Solar-Experten. Im Rahmen dieses Prozesses werden derzeit viele Gespräche mit möglichen Projektteilnehmern geführt. Andreas Panter: "Denkbar ist zum Beispiel die Einbindung der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Klimaschutz, des Amts für Wirtschaft als Kontakt in die Esslinger Industrie oder der höheren Denkmalschutzbehörde." 

Bürgerschaft in Esslingen einbinden

Ganz wichtig in diesem Zusammenhang: die Esslinger selbst. Andreas Panter unterstreicht: "In Zukunft sollen möglichst viele Innenstadtbewohnerinnen und -bewohner Solarenergie oder Wasserkraft möglichst denkmalgerecht nutzen können. Gleichzeitig wollen wir natürlich das Bild der historischen Esslinger Altstadt bewahren. Unser Ziel ist es, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen und möglichst viele für die denkmalverträgliche Energiewende zu gewinnen. Nach aktuellem Stand sind zum Beispiel Infoveranstaltungen zur Erstellung eines Solarkatasters angedacht. Dabei können Bürgerinnen und Bürger mitdiskutieren und ihre Anregungen ins Projekt einbringen. Zudem begleiten wir das Projekt fortwährend in unserem Amtsblatt, auf der städtischen Website und den Social Media-Kanälen." Außerdem angedacht: Solaranlagen außerhalb der Stadt, die von den Bürgern als Investitionsmodell genutzt werden können. 

Altstadt ohne Solaranlagen? Das soll in Esslingen nicht so bleiben.

 Denkmalverträglich und rechtssicher

Am Ende des Jahres soll dann eine neue, rechtssichere Gestaltungssatzung für die denkmalverträgliche Nutzung von Solarenergie verabschiedet werden, die sowohl den Belangen des Denkmalschutzes, als auch den Anforderungen der Energiewende gerecht wird. Eine solche Satzung könnte auch für andere Kommunen mit historischer Bausubstanz interessant sein.

Ist es vorstellbar, dass Esslingen diese Satzung als Blaupause auch anderen Kommunen zugänglich macht? Andreas Panter bejaht das: "Nach Abschluss des Modellprojektes und der Fertigstellung unserer ergänzenden Gestaltungssatzung wird diese öffentlich zugänglich sein. Andere Kommunen dürfen sich daran  orientieren und genauso gerne werden wir unsere Erfahrungen mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Kommunen teilen."



  

Fotocredits: Stadt Esslingen