Schloss Augustusburg
Der Modellversuch in Augustusburg soll nach derzeitigem Stand trotz hoher Inzidenz an Ostern starten: Schloss Augustusburg ist ein begehrtes Ausflugsziel.
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Corona-Infektionen

Öffnung: Werden Modellregionen jetzt abgesagt?

Die Corona-Infektionszahlen steigen - und die geplanten Öffnungen über Modellregionen geraten in Gefahr. Augustusburg kämpft darum, dass das Projekt nicht abgeblasen wird, Tübingen steht unter Druck. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat angekündigt, das Kabinett werde in der Woche nach Ostern zu den Modellregionen entscheiden: "Ob überhaupt, wann, vielleicht verspätet." Wie sieht es in anderen Regionen aus, die sich bundesweit beworben haben?
Aktualisiert am 1. April

Museen und Theater sowie die Geschäfte sollen endlich öffnen dürfen, sogar auch Hotels - wenn die Gäste einen negativen Schnelltest vorlegen können. Das ist das Konzept, mit dem sich Städte und Gemeinden in Deutschland in der Corona-Pandemie den Ausweg aus den Dauer-Lockdowns erhoffen. Deshalb war das Echo riesig, als Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderchefs und Ministerpräsidentinnen bei ihrem jüngsten Corona-Gipfel beschlossen hatten, dass die Länder in zeitlich befristeten Modellprojekten einigen ausgewählten Regionen Öffnungen erlauben. Unter zwei Bedingungen: Strengen Schutzmaßnahmen und einem Testkonzept. Kaum war diese Entscheidung gefallen, setzte ein regelrechter Bewerberansturm bei den zuständigen Landesregierungen ein, wie Kommunal berichtete. Nur wenige Tage vor Ostern  jedoch gerät jetzt wegen der bundesweit stark steigenden Corona-Infektionszahlen das Konzept ins Wanken.

Steigende Corona-Zahlen in Augustusburg

Die Stadt Augustusburg will in Sachsen am 1. April, also zu Ostern, Gastronomie und Freizeiteinrichtungen für Gäste öffnen. "Wir kämpfen darum, dass wir Ostern trotz steigender Inzidenzzahlen öffnen können", sagte Oberbürgermeister Dirk Neubauer zu KOMMUNAL. Das von der Landesregierung  genehmigte Vorhaben soll wissenschaftlich begleitet werden und soll zeigen, wie Öffnungen unter Pandemie-Bedingungen möglich sind. Alle Gäste müssen täglich einen Corona-Test machen lassen. Die Landesregierung Sachsen hatte beschlossen, dass bei Corona-Modellversuchen die Kopplung an eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 aufgehoben wird. Hier finden Sie aktuelle Informationen dazu.

Am Gründonnerstag durfte Augustburg trotz einer hohen Inzidenz aus dem monatelangen Lockdown heraus: Das Modellprojekt startete. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig war dabei und hob die Bedeutung von solchen zeitlich befristeten Modellprojekten heraus.

Saarland erwägt  Öffnungen zu verschieben

Das gesamte Saarland  soll zur Gesamt-Modellregion werden, was Kanzlerin Merkel  in  der jetzigen Situation scharf kritisiert hatte.  Ministerpräsident Tobias Hans hatte zuletzt nicht mehr ausgeschlossen, die geplanten Corona-Lockerungen zu verschieben. Das exponentielle Wachstum einer dritten Welle könnte den geplanten Start des Saarland-Modells am 6. April gefährden. Es solle aber auf jeden Fall kommen, betonte er. Der Ministerpräsident hatte angekündigt, einzelne gesellschaftliche Bereiche öffnen zu wollen, gegen einen tagesaktuellen negativen Corona-Schnelltest von Besuchern - etwa die Außengastronomie und der Sport mit Körperkontakt wie etwa Fußball im Freien. Kontakte im Freien sollen für Getestete auch bis zu einer Gruppengröße von zehn ermöglicht werden. Inzwischen scheint klar, dass auch das Saarland lockern darf und wird. Mehr zum Saarland-Modell finden Sie hier.

 Vorreiter-Modellregion Tübingen unter Druck

In Tübingen steht das Öffnungskonzept von Oberbürgermeister Boris Palmer wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen unter Druck. Denn dort haben sich die Inzidenzahlen in den vergangenen Tagen fast verdoppelt. Palmer will aber bislang an dem Modellprojekt der Schnelltestpflicht in der Innenstadt festhalten. Er werde dafür nicht nur gelobt, sondern auch angefeindet, sagte er. Selbst  Morddrohungen gebe es gegen ihn. 

Auch an Ostern soll die Außengastronomie wie geplant geöffnet bleiben, Theater, Museen und Kinos Besucher empfangen dürfen."Wir wollen herausfinden, ob wir mit unserer Teststrategie die Pandemie besser unter Kontrolle bekommen als andere Regionen mit Schließungen", sagte Palmer. Die steigenden Inzidenzzahlen seien vor allem auf einen Corona-Ausbruch in der Landeserstaufnahmestelle für Geflüchtete in Tübingen zurückzuführen. Die Stadtverwaltung Tübingen reagiert auf den großen Zustrom von auswärtigen Gästen und zieht die Osterregelung um einen Tag vor. Das bedeutet, dass Personen, die nicht im Landkreis Tübingen wohnen oder in der Stadt Tübingen arbeiten, schon ab Donnerstag, 1. April, keine Tagestickets mehr an den Teststationen bekommen. Die Regelung gilt bis Ostermontag, 5. April.

Brandenburg verschiebt Modellprojekte mit Öffnungen

Das Land Brandenburg hat bereits mitgeteilt, den Start der Modellprojekte zu verschieben. „Verschoben heißt, dass wir uns auf der Grundlage der bereits vorliegenden Vorschläge mit dem Thema erneut befassen werden, wenn es die Infektionslage zulässt“, sagte Regierungschef Dietmar Woidke. 

Gemeindetag gegen Corona-Lockerungen in Modellregionen

Bundesweit haben sich zahlreiche Städte, Gemeinden und Landkreise darum beworben, Modellregion für Öffnungen in der Corona-Krise zu werden. Sie wollen damit für die heimische Wirtschaft, aber auch für die Bürger und Bürgerinnen eine Perspektive schaffen, ständig neue Lockdowns zu verhindern. Allein in Bayern haben sich fast 100 Kommunen beworben. Die Auswahl der Modellstädte soll  noch vor Ostern getroffen werden, kündigte Gesundheitsminister Klaus Holetschek an. Er sagte aber auch: "Mit großer Sorge betrachte ich aber auch die derzeit schnell steigenden Inzidenzen. Modellprojekte sollen Raum für Neues schaffen, aber bei zu hohen Zahlen keine zusätzliche Gefahr schaffen."

Am Dienstag, 30. März, hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, angekündigt, das Kabinett in Bayern werde in der Woche nach Ostern zu den Modellregionen entscheiden: "Ob überhaupt, wann, vielleicht verspätet..", sagte er bei einem Pressetermin anlässlich des Bayerischen Impfgipfels. Bayern will nur acht Modellregionen schaffen, um dort zwei Wochen lang zu erproben, ob Öffnungen bei strikten Auflagen und Schnelltests die Inzididenzen weiter nach oben treiben oder vertretbar sind. Sollten die Modellregionen als Konzept nicht ganz abgesagt werden, will Bayern bereits in der geplanten Sitzung eine Entscheidung darüber treffen, welche Städte dabei ist."Es kann sich nur um sehr kleine Städte handeln, die eine stabile Inzidenz aufweisen und die eine digitale Kontaktnachverfolgung sicher stellen", nannte Söder die Kriterien.

Auch andere Bundesländern wollten die Entscheidungen schnell treffen, wer gegen spezielle Teststrategien bestimmte Bereiche öffnen darf. Steigen die Inzidenzzahlen weiter, wird damit gerechnet, dass sich der Start der Modellregionen in der 3. Welle nach hinten verschiebt. Der bayerische Gemeindetag spricht sich gegen Corona-Lockerungen in Modellregionen aus. Damit wären etwa Öffnungen von Geschäften und gastronomischen Betrieben möglich. Laut Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) aus Abensberg im Kreis Kelheim würde durch diese Versuche eine Art Einkaufstourismus entstehen. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen, Christof Sommer, sprach sich in der Rheinischen Post dafür aus "bei den Modellversuchen die goldene Mitte zu finden zwischen Innovationsfreudigkeit und Verantwortungsbewusstein zu finden."

Landsberg: Konzept der Modellregionen nicht rückgängig machen

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, warnte davor, das Konzept der Modellregionen aufzugeben. "Modellregionen sind ein wichtiges Hoffnungssignal. Das sollte man jetzt nicht rückgängig machen", sagte er zu KOMMUNAL. Die Idee mit den Modellprojekten sei zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen vereinbart. Es sei nun die Aufgabe der Länder, das Konzept in ein vernünftiges Verhältnis zur Notbremse zu bringen.

Modellregionen sind ein wichtiges Hoffnungssignal. Das sollte man jetzt nicht rückgängig machen."

Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte-und Gemeindebundes

 

Teilweise sehen die Länder vor, dass das Modell nur für die Städte kommt, in denen der Inzidenzwert unter 100 liegt. Andere erlauben bei entsprechender Teststrategie Öffnungen unter wissenschaftlicher Begleitung auch bei höheren Corona-Zahlen. Das sieht Landsberg offenbar kritisch: "Bei Inzidenzwerten über 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in der Woche besteht die Gefahr, dass das Modell zusätzliche Mobilität auslöst und die Infektionsgefahr über weitere Kontakte steigt", unterstreicht Landsberg.

Er könnte sich auch vorstellen, dass das Modell sich in den ausgewählten Kommunen auf bestimmte Öffnungsperspektiven beschränkt: Nur einkaufen oder nur Kinobesuche  zum Beispiel. "Diese Entscheidung liegt allerdings bei den Ländern", sagte Landsberg.