Findet der Corona-Gipfel einen Ausweg aus der Krise? Wir stellen Ideen vor, wie der Ausweg aussehen könnte
Findet der Corona-Gipfel einen Ausweg aus der Krise? Wir stellen Ideen vor, wie der Ausweg aussehen könnte
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Bund-Länder-Gipfel

Corona-Gipfel: Kann diese eine Maßnahme die Krise beenden?

Und wieder überbieten sich die Länder mit eiligen Corona-Beschlüssen. Bei einem Treffen der Länderchefs mit der geschäftsführenden Kanzlerin soll es um mehr Einheitlichkeit bei den Maßnahmen gehen. Praktisch zeitgleich will die voraussichtliche neue Bundesregierung ihr Maßnahmenpaket im Bundestag beschließen. Die Übersicht über alle geheimen und bereits bekannten Pläne und ein Vorschlag, wie eine einzige Maßnahme die Inzidenzzahlen drastisch senken könnte. Mit allerdings einschneidenden Folgen für jeden Bürger.

Der Corona-Gipfel ist tot, es lebe der Corona-Gipfel. So verwirrend das klingt, aber einerseits will die noch nicht amtierende neue Bundesregierung nun Entscheidungen wieder im Bundestag fällen, andererseits gibt es praktisch zeitgleich zu dieser Bundestagsentscheidung wieder einen Corona-Gipfel. Die Länderchefs sprechen mit der geschäftsführenden Bundeskanzlerin mit dem Ziel, den neuen Beschluss der - noch nicht amtierenden neuen Bundesregierung - möglichst einheitlich umzusetzen. Vorschläge gibt es viele, wir sortieren diese mal.

Union geht mit Geheim-Plänen in den Corona-Gipfel 

Da wäre zunächst der Gesetzesentwurf der Ampel-Koalitionäre. Er wurde in den letzten Tagen nach massiver Kritik auch aus den eigenen Reihen (vor allem Landesminister der Grünen hatten erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit geäussert) deutlich nachgeschärft. Im Kern soll aber die "epidemische Lage von nationaler Tragweite" beendet werden. Das Gesetz bot Sonderrechte, am Parlament vorbei Beschlüsse zu fassen. Sonderrechte, die auch den Ländern Möglichkeiten gaben, die mit teils schwerwiegenden Grundrechtseinschränkungen verbunden waren. Mehrere Tausend Klagen gegen einzelne Maßnahmen daraus, etwa die Ausgangssperren und Schulschließungen, liegen immer noch beim Bundesverfassungsgericht. In diesem Monat soll das Gericht über die "Verhältnismäßigkeit" der Maßnahmen urteilen. Nicht unwahrscheinlich, dass der Politik so oder so nach den Urteilen zahlreiche der Maßnahmen aus der Bundesnotbremse dann nicht mehr zur Verfügung stehen würden. 

Soweit will es die neue Ampel-Koalition aber offenbar nicht kommen lassen und hat ein neues Gesetz vorgelegt und dann mehrfach nachgeschärft. Am Donnerstag wird es den Bundestag wohl passieren. Die Kernpunkte hat das Büro des stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, in einem Papier an alle Mitglieder seiner Fraktion sehr übersichtlich zusammengefasst. Wir stellen Ihnen diesen Brief mit allen Details am Ende dieses Beitrags zum Herunterladen als PDF zur Verfügung.

Die Kernpunkte des Papiers: 3-G am Arbeitsplatz. In der Erklärung der SPD-Bundestagsfraktion heißt es dazu wörtlich: "Arbeitnehmer dürfen Arbeitsstätten nur betreten, wenn sie über einen aktuellen Nachweis – ge- impft, genesen oder getestet – verfügen. Das gilt auch für vom Arbeitgeber organisierte Sammeltransporte zum Arbeitsort. Die Pflichten sind täglich zu überwachen und regelmäßig zu kontrollieren. Der Arbeitgeber darf seine Beschäftigten nicht auf die kostenlose Bürgertestung verweisen, soweit er nach Arbeitsschutzrecht verpflichtet ist, eine kostenlose Testung anzubieten.

Zweiter Kernpunkt in Sachen Arbeitsplatz: Es gilt wieder die Home-Office-Pflicht! Soll heißen: Jeder, der von daheim arbeiten kann, muss dies tun. Arbeitgeber dürfen das nur aus triftigem Grund verwehren, etwa in der Produktion, wo mobiles Arbeiten unmöglich ist. 

Für Kommunen wichtig: Es soll die 3G-Regel auch im Nahverkehr geben, Verkehrsbetriebe müssen also kontrollieren, ob jemand, der in den Bus einsteigt auch einen Test vorweisen kann oder geimpft oder genesen ist. Das gilt für alle ab sechs Jahren. 

Wichtig ist den neuen Koalitionären aber: Ausgangssperren, Schulschließungen und Lockdowns sollen ausgeschlossen werden. Die Länder jedoch erhalten die Möglichkeit, weitere Maßnahmen zu beschließen. Konkret sind das Abstandsgebote, Kontaktbeschränkungen, die Maskenpflicht und explizit auch weitere 2 G Regelungen - also der Ausschluss von Nicht-Geimpften zu Veranstaltungen. Auch sogenannte 2G-Plus Regelungen erlaubt das geplante Gesetz. Das heißt, dass dann auch Geimpfte und Genesene einen tagesaktuellen Testnachweis erbringen müssen. 

Genau hier setzt die neue Opposition der Union an und geht mit eigenen Plänen in den Corona-Gipfel: Denn der Union gehen die Pläne nicht weit genug. Viele Unionspolitiker fordern, die epidemische Lage zu verlängern und so auch Lockdowns weiter zu ermöglichen. Die Bild-Zeitung berichtet von Geheim-Plänen der Union für den Corona-Gipfel. Demnach sprach sich bei einer Besprechung der Chefs der Staatskanzleien der Länder mit dem Kanzleramt eine klare Mehrheit der Unions-geführten Bundesländer GEGEN den Plan der Ampel aus, die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ am 24. November auslaufen zu lassen.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst wird nun einen Beschlussvorschlag für den Corona-Gipfel vorlegen, um die Forderungen der Unions-geführten Bundesländer zusammenzufassen. Laut Bild soll es einheitliche Schwellenwerte geben, ab denen 3G-, 2G- und 2G-Plus-Regeln in Kraft treten sollen. Uneinig ist man sich wohl nur über die Höhe der Werte. Einige wollen dies an der Bettenbelegung in Krankenhäusern festmachen, andere, wie auch Kanzlerin Merkel, halten an der 7-Tage Inzidenz fest. Für alle Maßnahmen gilt generell: Die CDU will den Druck auf Ungeimpfte deutlich erhöhen.

Spannende Studie: Wie die Infektionszahlen spürbar sinken können

Derweil sorgt eine neue Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit für Aufsehen. Sie hatten untersucht, wie wirksam die Maßnahmen an den Schulen sind - und zwar am Beispiel der Zeit nach den Sommerferien. Das Ergebnis ist eindeutig: "Schulschließungen bringen überhaupt nichts, wenn man nicht einen kompletten Lockdown verhängt", so die Macher. Gleichzeitig zeigt die Studie, dass die Testung der Schüler große Erfolge bringt. Offene Schulen übernehmen aus Sicht der Forscher eine wichtige Rolle. Werden Schüler regelmäßig getestet, ließen sich Infektionen frühzeitig erkennen – und die Ausbreitung des Virus somit verlangsamen, meinen sie. Zu Schulbeginn in den Bundesländern stieg die Zahl der ermittelten Infizierten demnach erst einmal an. Der Grund: In den Sommerferien blieben viele Infektionen unentdeckt. Doch nach zwei Wochen hatte sich das erledigt, die Zahlen sanken wieder. Der Grund: Die Schüler werden, anders als viele Geimpfte in Deutschland, weiter regelmässig getestet. 

Kommentar: Wie der Corona-Gipfel die Situation entschärfen könnte

Genau da liegt aus meiner Sicht eine große Chance in der Pandemie. Es mag verständlich sein, dass die Politik den Druck auf Ungeimpfte erhöhen will. Ob das kurzfristig erfolgreich sein wird, darf angesichts von Umfragen jedoch bezweifelt werden. Unser Partner, das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat ermittelt, dass diejenigen, die sich bisher nicht haben impfen lassen, diese Meinung auch weiter sehr vehement vertreten und viele von ihnen wohl fundamental nicht bereit sind, sich impfen zu lassen. Einziger Ausweg wäre eine direkte Impfpflicht. Nur würde eine solche Regelung das Vertrauen genau dieser Menschen in die Politik, und somit auch in die Arbeit der Kommunalpolitik vor Ort nur zu massiv erschüttern. Zu lange hat Politik erklärt, dass es keine Impfpflicht geben wird. Eine solche Entscheidung würde die Spaltung der Gesellschaft nachhaltig und langfristig weiter vergrößern. 

Hinzu kommt noch, dass wir anhand der Neuinfektionen inzwischen wissen, dass eben auch Geimpfte sich durchaus anstecken können. Ihr Krankheitsverlauf ist in aller Regel nur sehr viel milder. Und das heißt auch: Eine mögliche Erkrankung wird von den Betroffenen Geimpften oft selbst nicht erkannt. Jeder Impfgegner wird also (sogar zu Recht) argumentieren, dass diese Geimpften somit ein Risiko darstellen, andere anzustecken. 

Mein tollkühner Vorschlag daher: Wir schaffen (fast) ALLE Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen ab und einigen uns auf "nur noch" 2 Maßnahmen. Die Wichtigste: Eine Testpflicht für ALLE Menschen, die im öffentlichen Raum unterwegs sind. Wer in ein Testzentrum geht und seinen Impfpass vorzeigt, dessen Testergbnis ist dann fünf Tage (120 Stunden) gültig. Wer keinen Impfpass vorlegt, dem wird ein Testergebnis für einen Tag (24 Stunden) ausgestellt. Ohne Testnachweis kommt dann niemand mehr irgendwo rein, auch nicht in den Supermarkt.

Die Testpflicht erscheint - im Vergleich zu vielen anderen Maßnahmen, insbesondere der Impfpflicht - zumutbar und verhältnismässig. Ausnahmen braucht es dann so gut wie keine mehr. Da fällt mir höchstens noch der Notfall im Krankenhaus oder ähnliches ein. Anders ist das bei der Impfpflicht: Impfverweigerer versuchen immer häufiger (wie damals bei Einführung der Maskenpflicht) Befreiungen vom Arzt zu bekommen, oder sich bestätigen zu lassen, dass Sie (aus welchen Gründen auch immer) nicht geimpft werden sollten. Und natürlich gibt es immer Stellen, die einem das auch bereitwillig nachweisen. Das haben wir bei den zahlreichen Befreiungen von der Maskenpflicht erlebt. Selbst ein Impfzwang würde so nicht zu einer kompletten Impfung aller Menschen führen.

Dass das Testergebnis für einen Geimpften deutlich länger gültig ist, ist auch logisch. Rein rechnerisch ist eben die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung um ein vielfaches geringer. Rechtlich dürfte diese "Ungleichbehandlung" kaum ein Problem darstellen, lässt sie sich doch argumentieren. Dass aber Geimpfte sich gar nicht testen lassen, ist angesichts der Zahlen, der Impfdurchbrüche und der hohen Inzidenzen wohl auch für jeden nachvollziehbar.

Wir müssen jetzt die Booster-Impfungen organisieren - Herausforderung für Kommunen



Es macht mehr Sinn, sich jetzt auch die Organisation der "Booster-Impfungen" zu konzentrieren. Denn die Ständige Impfkommission will nun eine Booster-Impfung für alle Menschen ab 18 Jahren empfehlen. Das bedeutet einen riesigen Aufwand für die Kommunen vor Ort, die Ärzte allein werden das nicht stemmen können, es dürfte auf eine Wiedereröffnung von Impfzentren hinauslaufen. Damit haben die Kommunen die nächste große Aufgabe vor sich. Konzentrieren wir uns also auf die Menschen, die geimpft werden wollen. Natürlich gilt es weiter, mit guten Argumenten zu versuchen, die noch Unentschlossenen zu überzeugen. Die große Welle an neuen Impfwilligen ist aber schier nicht zu erwarten. 

Kurzum: Das Impfen wird uns noch lange beschäftigen. Wenn die neue Ampel-Koalition die Spaltung der Gesellschaft durch eine Impfdiskussion nicht weiter anheizen will, tut sie aber gut daran, die Maßnahmen so übersichtlich wie möglich zu gestalten. Natürlich helfen möglichst einheitliche Regeln da weiter. Aber das Infektionsgeschehen in der Großstadt ist nunmal ein anderes als auf dem Land in der Eifel. Allen gemein ist aber: Geimpfte und Ungeimpte können das Virus in sich tragen. NUR REGELMÄSSIGE Tests   können die Übertragung verhindern. Das gilt in Berlin genauso wie in Brohl in der Eifel. Die Devise sollte also lauten: 1. Testen, 2. Testen und 3. Testen....wenn wir dann noch die Booster-Impfung gut organisieren und die Maskenpflicht - wie im Gesetzesentwurf vorgesehen - beibehalten, sehe ich gute Chancen, das Virus trotz der anstehenden Wintermonate erfolgreich zurückzudrängen! 

HIER FINDEN SIE DAS PAPIER DER SPD-BUNDESTAGSFRAKTION MIT DEN NEUEN REGELN ZUM HERUNTERLADEN!