Gesundheitsschutz
Cannabis-Gesetz: Jetzt müssen die Kommunen die Kontrolle übernehmen
Als KOMMUNAL am Tag des Beschlusses über das neue Cannabis-Gesetz im April in drei verschiedenen Ordnungsämtern anrief um zu fragen, wie sie denn künftig mit dem doch etwas sperrigen Gesetz etwa zum Anbau von Pflanzen umgehen, kam aus allen drei Ordnungsämtern eher ein Achselzucken. "Wir schieben es erst mal auf das Gesundheitsamt, das ist beim Kreis angesiedelt, damit bin ich als kleine Gemeinde raus", sagte uns ein Ordnungsamtsleiter. Ein anderer meinte (immer hinter vorgehaltener Hand, daher hier auch keine Namen): "Wo kein Kläger, da kein Richter". Er meinte, sein Amt könne das ohnehin nicht kontrollieren und könne auch - anders als die Polizei - nicht in Wohnungen gehen um zu kontrollieren, ob wirklich nur die erlaubte Menge an Pflanzen angebaut würden.
Niedersachsen nimmt nun die Kommunen in Sachen Cannabis in die Pflicht
In Niedersachsen hat die Landesregierung nun in Sachen Cannabis-Gesetz den Zorn vieler Kommunen auf sich gezogen. Gesundheitsminister Philippi hatte zuvor erklärt, "die neuen Freiheiten funktionieren nur mit klaren Regeln. Wer sich daran nicht hält, muss mit Ordnungswidrigkeitenverfahren rechen." Und für deren Vollzug seien grundsätzlich die Kommunen zuständig. Das gelte entsprechend auch für das neue Cannabis-Gesetz.
Die Städte und Gemeinden sehen sich nun aber vor allem vor ein Personalproblem gestellt. Schon jetzt berichten Gemeinden davon, dass Menschen wegen angeblicher Cannabis-Verstöße im Rathaus anrufen. Es fehle in den Ordnungsämtern zum Thema sowohl an Wissen als auch an Mitarbeitern, die das kontrollieren könnten. "Wenn ihnen jemand sagt, das ist nur Tabak mit Geschmack, woher sollen die Kontrolleure wissen, ob es wirklich Cannabis ist", sagt etwa der Sprecher des Niedersächsischen Städte und Gemeindebundes Stephan Meyn. Er hätte die Kontrolle lieber bei der Polizei gesehen. Die Kommunenvertreter fordern daher einen finanziellen Ausgleich vom Land, wenn sie die Kontrolle übernehmen sollen.
Land sieht keine zwingende Mehrbelastung durch Cannabis-Kontrollen
Der Gesundheitsminister von Niedersachsen reagiert auf die Forderung erst einmal vorsichtig. Die Landesregierung werde beobachten, ob den Kommunen durch die neue Zuständigkeit Mehrbelastungen entstünden: "Ich bin zuversichtlich, dass unsere Kommunen mit dem Thema Cannabis-Verstöße ebenso professionell umgehen werden wie mit anderen Ordnungswidrigkeiten", sagte Philippi.
Ein Problem, das auch die Kommunen umtreibt: Bisher gibt es noch keinen Bußgeldkatalog für mögliche Verstöße. Der sei noch in der Abstimmung, erklärt der Gesundheitsminister.
Cannabis-Gesetz: Diese Regeln gelten in Deutschland
Das Gesetz ist seit dem 1. April 2024 in Kraft. Besitz und Anbau von Cannabis sind damit für Erwachsene erlaubt. Allerdings unter sehr engen Vorgaben. Auch Autofahren ist nach dem Rauchen von Cannabis nicht erlaubt, beziehungsweise es gelten sehr enge Grenzwerte. Wer mit 3,5 Nanogramm THC oder mehr unterwegs ist, dem drohen in der Regel 500 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot. Der neue Grenzwert ist Experten zufolge vergleichbar mit 0,2 Promille Alkohol. Außerdem gilt ein striktes Fahrverbot nach dem kombinierten Konsum von Cannabis und Alkohol. Bei Verstößen droht ein Bußgeld von in der Regel 1.000 Euro
In und rund um Schulen, Kitas, Spielplätze, weitere Kinder- und Jugendeinrichtungen und öffentliche Sportstätten ist der Cannabis-Konsum in Sichtweite verboten. In Fußgängerzonen darf laut Gesetz zwischen 7 und 20 Uhr nicht gekifft werden. Zudem ist der Konsum in unmittelbarer Nähe von Minderjährigen verboten.
Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis bleiben für Minderjährige verboten, werden aber nicht strafrechtlich verfolgt. Die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige bleibt strafbar. Werden Jugendliche mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren und in schwierigen Fällen die Jugendämter einschalten.
Seit 1. Juli können eingetragene Vereine Anträge auf Erlaubnis für den gemeinschaftlichen Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis in Anbauvereinigungen stellen. Die Anträge müssen im jeweiligen Bundesland eingereicht werden - in Niedersachsen bei der Landwirtschaftskammer, in Schleswig-Holstein beim Landeslabor, in Mecklenburg-Vorpommern beim Agrarministerium. Hier unterscheiden sich die Bundesländer stark.