Mann mit Bumerang - der Bumerang-Effekt
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Tipps

Bumerang-Effekt: So schützen Sie sich davor

Wissenschaftler fanden heraus, dass es schwer ist, politische Überzeugungen durch Fakten zu verändern. Je mehr Argumente gegen sie vorgetragen werden, desto schwieriger. Das wird auch als Bumerang-Effekt bezeichnet. Welche Rolle spielt er und was Sie tun können, wenn Sie mit Falschinformationen konfrontiert werden.

Haben Sie schon mal etwas vom Bumerang-Effekt gehört? Der wird auch als Backfire- oder Rebound-Effekt bezeichnet und beschreibt ein seltsames Phänomen: Es ist die Wirkung von Kommunikation, die genau das Gegenteil dessen erreicht, was sie erreichen will. Oder, anders formuliert: Ein Mensch versucht eindringlich, einen anderen zu überzeugen, doch trotz vernünftiger Argumente und belegbarer Fakten verfestigt sich die Meinung des anderen sogar noch. Auch im Arbeitsleben begegnet uns dieser Effekt.

Ablehnende Reaktion auf vermeintliche Einflussnahme

In der Psychologie wird der Bumerang-Effekt auch „Reaktanz“ genannt: Ein Mensch bekommt das Gefühl, dass ihm eine bestimmte Meinung aufgedrängt wird. Seine Reaktion: starke Ablehnung. Wissenschaftler sind der Ansicht, dass der stark empfundene Versuch der Einflussnahme beim Empfänger einer Nachricht das Gefühl erzeugt, dass der Absender seine Entscheidungsfreiheit begrenzt. Auch viele Eltern kennen den Effekt. Wenn sie zum Beispiel mit Freunden ihrer Kinder nicht einverstanden sind. Je stärker sie argumentieren, desto mehr halten die Kinder an den Freunden fest.

Beharren auf Meinungen

Meinungen sind oft sehr fest verankert. Sie bleiben sogar dann bestehen, wenn man weiß, dass eine Information falsch ist. Wenn es noch weitergeht und der andere umso beharrlicher an seinen Ansichten festhält, je mehr man ihn davon abbringen will, ist die Rede vom Bumerang-Effekt.

Vor allem im Marketing und in der Werbung kennt (und fürchtet) man ihn: Eine Kampagne oder Werbemaßnahme erhält nicht die beabsichtigte Reaktion der Zielgruppe, sondern spricht sie entweder nicht an oder schreckt sie sogar ab.

Der Bumerang-Effekt ist in den Sozialen Medien weit verbreitet

Aber auch in den Sozialen Medien ist der Effekt häufig. Bekannte Beispiele sind die Verbreitung von Verschwörungstheorien, etwa der „gestohlenen“ Wahl in den USA im November 2020, sowie das Leugnen von Klimawandel und Corona-Pandemie. Das Problem: Die sozialen Netzwerke sind sehr anonym, jeder kann seine Meinung und Ansichten verbreiten, unabhängig von Fakten.

Oft entstehen dann Diskussionen, die immer unhöflicher werden. Und: Wenn sich Menschen nur noch auf Informationsquellen festlegen, die ihren Ansichten entsprechen, neigen sie dazu, Berichte aus anderen Quellen als falsch abzulehnen und sich auch von Fakten nicht überzeugen zu lassen. Die einzige Möglichkeit, dem zu entgehen, ist, bei diesen Diskussionen nicht mitzumachen und darauf zu verzichten, andere von Fakten zu überzeugen.

Die Gefahren des Bumerang-Effektes

Das Problem ist, dass Falschinformationen sehr schädlich sein können (Beispiel Verschwörungsmythen über Corona, die Menschen daran gehindert haben, sich impfen zu lassen oder eine Maske zu tragen). Und sie verbreiten sich rasch: Menschen haben nämlich die Angewohnheit, Unwahrheiten zu glauben, wenn sie häufig wiederholt werden. Das gilt vor allem dann, wenn diese Unwahrheiten gar nicht in Frage gestellt werden. Ebenso wenig die Quellen, aus denen sie kommen.

Ein weiteres Problem: Falschinformationen halten sich lange und beeinflussen Menschen auch dann noch, wenn diese eine Korrektur der Informationen längst akzeptiert haben. Auch deshalb ist es wichtig, zu verhindern, dass Falschinformationen hängen bleiben. Das kann gelingen, indem man ihnen zuvorkommt (z.B. dadurch, dass man manipulative Argumentations-Muster erläutert) oder sie effektiv widerlegt.

Negative Auswirkungen des Bumerang-Effekts auf die Arbeit

Auch im Berufsleben kann sich der Effekt auswirken und das Arbeitsklima verschlechtern. So werden Gerüchte als Wahrheiten angesehen und verbreitet. Das schadet nicht nur den betroffenen Mitarbeitern, sondern langfristig dem ganzen Unternehmen, weil es die Gefahr birgt, die Menschen in unterschiedliche Lager aufzuspalten. Außerdem kann es Ängste wecken. Das gilt z.B., wenn Gerüchte kursieren, dass Stellen abgebaut, Teams verkleinert oder Büros an andere Orte verlegt werden sollen. Vorgesetzte und Teamleiter sollten solche Themen deshalb offen ansprechen und auf eine wertschätzende Unternehmenskultur setzen. Aber auch Mitarbeiter selbst können aktiv werden, wenn sie merken, dass Falschinformationen im Umlauf sind.

Diskussion

Wie geht man am besten mit Falschinformationen um?

- Informationen hinterfragen: Woher kommen sie? Prüfen Sie sie auf ihren Wahrheitsgehalt, soweit das möglich ist. Sorgen Sie selbst dafür, keine Aussagen zu verbreiten, von denen Sie nicht wissen, ob sie stimmen.

- Aus der Negativspirale aussteigen: Rechtfertigen Sie sich nicht, denn es gibt Menschen, die nicht diskutieren wollen, sondern denen es nur darum geht, recht zu haben. Hilfreich sind Sätze wie „Ich verstehe, warum du das so siehst“. Und dann können Sie mit Sätzen wie „Eine andere Möglichkeit, diese Sache zu sehen, wäre...“ den Grundstein für ein gegenseitiges Verständnis legen. Verneinungen vermeiden: Wenn Sie Falschinformationen korrigieren, ist es hilfreicher, wenn Sie z.B. statt „Es ist falsch, dass der Klimawandel eine Erfindung ist“ sagen „Studien beweisen, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht wurde.“

- Gegenargumente liefern: Erklären Sie, warum die Aussage ganz eindeutig falsch ist und liefern Sie dann die zutreffende Information.

- Manipulative Muster erkennen: Das ist eine Herausforderung, aber es gibt Kollegen, die mit ihren Argumenten sehr überzeugend - sind. Überprüfen Sie, ob es wirklich Fakten sind, die hier verbreitet werden.

- Komplizierte Korrekturen vermeiden: Gerüchte und einfache Falschaussagen sind oft kognitiv attraktiv. Es ist leicht, sie zu verstehen und zu übernehmen. Verwenden Sie deshalb wenige, aber dafür aussagekräftige und eingängige Argumente und eine einfache, konkrete und bildliche Sprache. Verzichten Sie auf dramatische Formulierungen und auf eine herabwürdigende Sprache.

- Vorbeugen: Es ist schwer, Falschinformationen loszuwerden. Deshalb ist es am besten, dass sie gar nicht erst hängen bleiben. Das kann funktionieren, indem unter einem Bericht ein Hinweis steht, dass das Medium vor der Veröffentlichung nicht alle Fakten überprüfen konnte. Es gibt auch die Methode der Vorab-Widerlegung (auch „prebunking“ genannt), die wie eine Schutzimpfung wirkt. Dazu gehören eine Vorab-Warnung und ein präventives Widerlegen. Google hatte beispielsweise vor der Europawahl regelmäßig Videos mit dem Titel „Lass dich nicht manipulieren“ auf sozialen Kanälen gezeigt.

Das Projekt war eine Kooperation mit unterschiedlichen Stiftungen und Experten. Zu den Angeboten gehörten unter anderem Faktencheck-Informationen, außerdem wurde auf häufige Manipulationstechniken wie Dekontextualisierung (wenn Texte oder Bilder absichtlich in einem anderen Zusammenhang dargestellt werden), Sündenbock-Methode (die Schuld für bestimmte Probleme wird auf Menschen, Gruppen oder Organisationen geschoben) oder Rufschädigung (falsche Aussagen über den Charakter einzelner Menschen oder Gruppen) hingewiesen.

Tipps für den Umgang mit Kollegen

Wenn Sie mit Kollegen zu tun haben, die Falschinformationen verbreiten oder an sie glauben und sich nicht davon abbringen lassen, ist es am besten, sich von ihnen fernzuhalten. Diskussionen sind meist wirkungslos, denn sie könnten die falschen Überzeugungen im schlimmsten Fall sogar noch verstärken. Tipp: Zeigen Sie Empathie und stimmen dem Kollegen zu. Dann ist er eher bereit, Ihnen zuzuhören. Versuchen Sie dann, seine Argumente behutsam infrage zu stellen oder ihm Fakten zu präsentieren. Grundsätzlich gilt: Nennen Sie Fakten und achten Sie darauf, die Falschinformation NICHT zu wiederholen. Verwenden Sie eine einfache, eingängige Sprache. Bei Vorträgen können Sie auch Bilder oder Grafiken nutzen.

Eigener Antrieb wirkt am stärksten

Der französische Philosoph und Mathematiker Blaise Pascal schrieb schon vor 350 Jahren, dass sich Menschen eher von Argumenten überzeugen lassen, die sie selbst entwickelt haben, als von solchen, die andere in die Diskussion einbringen. Klar: Niemand gibt gerne zu, dass er sich getäuscht hat...

Pascal sagte, dass man sein Gegenüber in den Punkten unterstützen solle, in denen es „richtig“ liegt, indem man ihm zustimmt. Dann wird es kompliziert: Um den anderen vom eigenen Standpunkt zu überzeugen, so Pascal, soll man ihn so lenken, dass er am Ende das Gegenargument aus eigenem Antrieb vertritt. Das ist eine Herausforderung, aber einen Versuch ist es wert!