Unterbringung
Bügermeister lässt Streit um Flüchtlinge eskalieren
Aktualisiert am 22. Oktober 2024
Wer schon einmal in Bad Griesbach war - zum Golfen oder zur Kur - weiß, warum der Landstrich im Rottal sich niederbayerische Toskana nennt. Sanfte Hügel umgeben das Städtchen und beruhigen die Seele. Doch was sich derzeit in dem beschaulichen Kurort abspielt, erregt die Gemüter. Bürgermeister Jürgen Fundke weigert sich kategorisch, weitere ukrainische Flüchtlinge in seinem Ort aufzunehmen. Er ließ bereits gemachte Termine zur Registrierung von 31 Menschen stornieren.
Landratsamt will Flüchtlingsaufnahmen erzwingen
Dabei macht das Landratsamt Passau ihm mächtig Druck: Es hat den Bürgermeister angewiesen, die ukrainischen Geflüchteten bis zum heutigen Donnerstag, 17. Oktober, registrieren zu lassen. Doch der weigerte sich beharrlich. Fundke fordert, dass die Menschen gerechter im Landkreis verteilt werden sollen. Gebe es anderswo nicht genügend Unterkünfte, sollten Wohncontainer aufgestellt werden, fordert er.
"Landratsamt kann mich nicht zwingen"
Bürgermeister Fundke will der Anweisung des Landratsamts nicht nachkommen. "Ich bin auch nicht dumm" sagte der Bürgermeister dem BR. "Was wollen sie denn machen? Wollen sie mich suspendieren? Können und dürfen sie nicht. Hab mit einem Rechtsanwalt gesprochen." Auch eine drohende Dienstaufsichtsbeschwerde würde ihn nicht umstimmen, betonte er. "Dienstaufsichtsbeschwerde? Ja, gerne. Können Sie mir auf den Tisch legen. Die les' ich gar nicht."
Passauer Landrat: Auf Rücken der Geflüchteten ausgetragen
Der Landrat des Landkreises Passau, Raimund Kneidinger, zeigt für die Verweigerung wenig Verständnis. Es sei bedauerlich, dass das auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werde. Die ukrainischen Frauen und Kinder, die sich bisher nicht in Bad Griesbach anmelden konnten, seien über den Streit informiert worden. Das Problem: ohne Wohnsitz dürften die Kinder und Jugendlichen nicht in die Schule gehen.
In Bad Griesbach leben laut BR rund 90 Ukrainer schon länger im Ort, seit September haben weitere knapp 140 Geflüchtete ein leerstehendes Hotel am Ortsrand bezogen. Der Bürgermeister sagt, die Kommune sei mit der Aufnahme überfordert. Schule und Kindergarten platzten aus allen Nähten.
Landrat Olaf von Löwis: Aufgabe bleibt beim Landkreis hängen
Kann ein Bürgermeister sich weigern? Der Landkreis, so führte jüngst ein Landrat aus, habe keinerlei rechtliche Möglichkeiten, Unterkünfte gegen den Willen der Eigentümer zu belegen und auch keine Möglichkeit, Gemeinden zu zwingen, Wohnraum bereitzustellen. Olaf von Löwis aus dem oberbayerischen Landkreis Miesbach beklagte: "Das Landratsamt ist gesetzlich verpflichtet, die Unterbringung für Asylbewerber bereitzustellen." Aber das sei nicht so einfach. "Seit vielen, vielen Jahren sind wir unterwegs in den Kommunen, um Unterkünftige zu akquirieren, sehr schleppend, mit mehr Misserfolgen als mit Erfolgen versehen." Der Landkreis könne die Kommunen nicht zwingen."Bei uns bleibt diese Aufgabe hängen."
Landratsamt wendet sich an den zweiten Bürgermeister
Das Landratsamt Passau richtete schließlich eine amtliche Anordnung an den zweiten Bürgermeister der Stadt Bad Griesbach. Georg Greil soll dafür sorgen, dass die Ukrainer angemeldet werden. Im Gespräch mit dem BR kündigte er an, die Anweisung befolgen zu wollen. Das ist mittlerweile geschehen.
Die Flüchtlinge sind inzwischen angemeldet. Die Anordnung, die Ukrainer nicht anzumelden, sei schlichtweg rechtswidrig gewesen, sagte Greil laut BR. Das Meldegesetz sei ein Bundesgesetz, da habe das Rathaus keinen Spielraum. "Ich habe einen Amtseid geleistet", sagt Greil. Die Anordnung des ersten Bürgermeisters sei für ihn damit nicht in Einklang zu bringen. "Das kann ich nicht unterstützen", so der zweite Bürgermeister. Die Ukrainer seien verpflichtet, sich anzumelden.