Machtwort der Landesdirektion
Anweisung: Landrat muss Impfpflicht durchsetzen
Der Landkreis Bautzen wird die Impfpflicht in der Pflege nun offenbar doch umsetzen. Sie gilt ab dem 16. März einrichtungsbezogen. Die Landesdirektion ist nach der Ankündigung des Kreises am Abend, die Impfpflicht vor Ort nicht umzusetzen, eingeschritten und stellte nun klar: Die Verwaltung werde auch in Bautzen dafür sorgen, dass die Impfpflicht umgesetzt wird.
In der öffentlichen Variante klang es dann etwas milder. Der Landkreis teilte heute mit, die Landesdirektion Sachen habe mit Blick auf Einträge in den sozialen Medien gebeten, die Aussagen von Vize-Landrat Udo Witschas einzuordnen. Das tue man hiermit. Die durch den Bundestag beschlossene Impfpflicht werde umgesetzt - allerdings stehe die Versorgungssicherheit in Kliniken, Heimen und beim ambulanten Pflegedienst an erster Stelle. Vize-Landrat Witschas habe lediglich die Sorge vieler Beschäftigter entkräften wollen, dass für sie ab dem 16. März automatisch ein Beschäftigungsverbot gelte.
Witschas selbst erklärte - offenbar nach einigen Gesprächen - er habe die Gesetzeslage bei seinem Redebeitrag nie in Frage gestellt. Er habe nur darauf hingewiesen, dass mit dem 16. März kein Automatismus verbunden sei, der zu einem Tätigkeitsverbot führe. Wörtlich sagte er: "Ziel war es, beruhigend auf die Beschäftigten einzuwirken, indem die Versorgungssicherheit in den Mittelpunkt aller künftigen Ermessensentscheidungen gerückt wird". Alles andere seien "Fehlinterpretationen" gewesen.
Impfpflicht im Landkreis Bautzen - eine Demonstration mit langer Vorgeschichte
Die Situation in Bautzen hatte sich am Montag dramatisch zugespitzt. Zunächst verschickte der amtierende Landrat Michael Harig einen Brief an den sächsichen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer. Darin fordert er, die einrichtungsbezogene Impfpflicht zu verschieben oder komplett aufzuheben. Auf der Homepage des Landkreises heißt es dazu wörtlich als Begründung: Die Gesundheitsämter müssten bei der Umsetzung der Impfpflicht Rücksicht auf die Versorgungssicherheit der zu pflegenden und zu betreuenden Mitmenschen nehmen. In der ohnehin bestehenden angespannten Lage - bezogen auf die Verfügbarkeit von Fachkräften in der Pflege, sei selbst ein Verlust von rund 10 Prozent der tätigen Personen nicht zu kompensieren.
Den kompletten Wortlaut des Briefes von Landrat Harig können Sie HIER als pdf noch einmal herunterladen.
Am Montagabend dann protestierten wieder mehrere Tausend Menschen in Bautzen - auf Videos ist zu sehen, dass sich hier neben zahlreichen Pflegern und Krankenhausmitarbeitern auch eine Reihe offensichtlich Rechtsradikaler versammelt hatten. Auf der Demonstration sprach dann Vize-Landrat Witschas zu der Menge. Das Video mit dem Original-Wortlaut hat auch KOMMUNAL-Chefredakteur Christian Erhardt auf seinem Twitter-Kanal veröffentlicht. HIER GEHTS ZUM VIDEO AUF DEM KANAL: Ab Minute 4 ist dann wörtlich folgender Text des Vize-Landrats zu hören: "Wenn Sie mich danach fragen, was das Gesundheitsamt des Landkreises Bautzen machen wird, dann werden wir unseren Mitarbeitern in der Pflege und im medizinischen Bereich kein Berufsverbot, kein Betretungsverbot erteilen"
Die Worte haben am Dienstagfrüh in der Landespolitik in Sachsen heftige Proteste ausgelöst. Der stellvertretende Ministerpräsident von Sachsen, Martin Dullig, etwa sprach von "völlig inakzeptablen Aussagen". Man dürfe nicht zulassen, dass zu einem Rechtsbruch aufgerufen werde. "Herr Witschas belügt die Menschen, indem er ihnen suggeriert, er könne entscheiden, eine gesetzliche Regelung anzuwenden oder auch nicht", so Dullig. Zudem erklärte Dullig, dass der Bautzener Landrat Michael Harig inzwischen von der Landesdirektion einbestellt worden sei.
Bedenken ob der Impfpflicht haben auch andere Landräte und Experten
Mit der Kritik stehen die Bautzener jedoch nicht alleine da. Vor allem die Umsetzung in den Gesundheitsämtern macht vielen Kommunen zu schaffen. Von einer "Farce" und "einem schlechten Witz" spricht daher etwa der Augsburger Landrat Martin Sailer. Er hatte die Corona-Maßnahmen schon in der Vergangenheit immer wieder kritisiert. Gegner der Maßnahmen ist er aber nicht, im Gegenteil: Viele Punkte gingen ihm sogar nicht weit genug. Die Umsetzung jedoch hält er für schlecht organisiert. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegepersonal jedoch bringt ihn nun endgültig auf die Palme. "Es gleicht doch einer Farce, dass der Gesetzgeber die Verantwortung der Kontrolle der Nachweise ausgerechnet auf die ohnehin schon überlasteten örtlichen Gesundheitsämter abwälzt", so Sailer in einer offiziellen Stellungnahme, die auch auf der Seite des Landkreises abrufbar ist. Von "schwammigen Regelungen" spricht er dort, wörtlich sagt er: "Dass das Gesundheitsamt beurteilen muss, ob und wie ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen wird, ist ein schlechter Witz". Denn schließlich dürfte auch der Betrieb der Einrichtung nicht gefährdet werden.
KOMMUNAL hatte heute früh als eines der ersten Medien überhaupt ab 7 Uhr in der Früh über die Vorfälle vom Montagabend berichtet. Im weiteren finden Sie den Orginal-Text und alle Hintergründe mit dem Stand von Dienstag, 25. Januar, 06.45 Uhr im Original. Im Text zitieren wir auch einen Bürgermeister, der ebenfalls seit einigen Tagen Corona-Maßnahmen mit seinem Ordnungsamt nicht mehr ahndet. Konkret geht es hier um die Maskenpflicht etwa bei sogenannten "Spaziergängen". Er hält die Maßnahmen für übertrieben und sein Ordnungsamt für nicht zuständig.
Recht Aktuell: Corona-Maßnahmen, die Impfpflicht und die Meinung von Landräten und Bürgermeistern
Ab Mitte März gilt in Deutschland die Impfpflicht für Pflegepersonal. Das hatte der Bundestag beschlossen. Umsetzen müssen dies die Gesundheitsämter der Landkreise. Von einer "Farce" und "einem schlechten Witz" spricht daher etwa der Augsburger Landrat Martin Sailer. Er hatte die Corona-Maßnahmen schon in der Vergangenheit immer wieder kritisiert. Gegner der Maßnahmen ist er aber nicht, im Gegenteil: Viele Punkte gingen ihm sogar nicht weit genug. Die Umsetzung jedoch hält er für schlecht organisiert. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegepersonal jedoch bringt ihn nun endgültig auf die Palme. "Es gleicht doch einer Farce, dass der Gesetzgeber die Verantwortung der Kontrolle der Nachweise ausgerechnet auf die ohnehin schon überlasteten örtlichen Gesundheitsämter abwälzt", so Sailer in einer offiziellen Stellungnahme, die auch auf der Seite des Landkreises abrufbar ist. Von "schwammigen Regelungen" spricht er dort, wörtlich sagt er: "Dass das Gesundheitsamt beurteilen muss, ob und wie ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen wird, ist ein schlechter Witz". Denn schließlich dürfte auch der Betrieb der Einrichtung nicht gefährdet werden.
Genau da setzt auch das Landratsamt im sächsischen Bautzen an. Ihr Vize-Landrat Udo Witschas kündigte jetzt öffentlich an, das Bundesgesetz im Landkreis nicht durchsetzen zu wollen.
Impfpflicht wird in Bautzen (Ostsachsen) nicht zu Berufsverboten führen
Es war - wie diverse Videos im Netz zeigen - eine aufgeladene Stimmung am Montagabend bei der Demonstration in Bautzen. Er könne die Gefühlslage der Mitarbeiter in der Pflege sehr gut verstehen. Sie wüssten schließlich nicht, ob sie in vier Wochen noch zur Arbeit gehen können. Dabei sprach der Vize-Landrat auch im Namen des noch amtierenden Landrats Michael Harig. Auch er hatte sich zuvor mehrfach gegen die Impfpflicht ausgesprochen. Dann die Worte des Vize-Landrats, die für tosenden Applaus der Demonstranten führten. Wörtlich sagt Witschas, dokumentiert in mehreren Videos aus verschiedenen Quellen, die im Netz zu sehen sind: "Wenn Sie mich danach fragen, was das Gesundheitsamt des Landkreises Bautzen machen wird, dann werden wir unseren Mitarbeitern in der Pflege und im medizinischen Bereich kein Berufsverbot, kein Betretungsverbot erteilen"
Nur wenige Stunden zuvor hatte Landrat Michael Harig einen offenen Brief an die Landesregierung verfasst und Ministerpräsident Kretschmer aufgerufen, auf die Impfpflicht für den medizinischen und pflegerischen Bereich zu verzichten.
Das sei nötig, um "die Landkreise und die Gesundheitsämter vor Ort vor einer Zwangssituation zu bewahren, in der die Impfpflicht durch die Macht des Faktischen unterlaufen wird, unterlaufen werden muss". Er prognostiziert einen Ausfall von 10 Prozent der tätigen Personen, vor allem bei den privaten Pflegediensten. Das sei vor allem im ländlichen Raum mit längeren Anfahrtswegen "nicht zu kompensieren".
Nicht-Umsetzung der Impfpflicht: Rechtsbruch oder ohnehin unmöglich?
Unterstützung erhält der Vize-Landrat aus Bautzen, der im Juni zum neuen Landrat gewählt werden soll, auch aus Bayern. "Wie sollen die Gesundheitsämter das gewährleisten, wenn sie Tätigkeitsverbote aussprechen? Es ist allseits bekannt, dass es einen bundesweiten Pflegenotstand gibt und auch zahlreiche Hausarztpraxen gerade im ländlichen Raum am Anschlag arbeiten," so Landrat Sailer in Augsburg. Er sieht durch die Impfpflicht zudem die Impfbereitschaft weiter sinken. "Die Ungeimpften warten ab, ob und wie streng die Vorgaben kontrolliert werden. Da kann man nur darauf warten, dass Betroffene die Verwaltungsgerichte aufgrund ungleicher Entscheidungen mit einer Klagewelle fluten", so Sailer. Anders als seine Kollegen in Sachsen fordert Sailer jedoch eine allgemeine Impfpflicht. Zudem will er, "ab einem festgelegten Zeitpunkt ein grundsätzliches Betretungsverbot für alle Personen, die im medizinischen und pflegerischen Bereich arbeiten und nicht geimpft oder genesen sind."
Nicht nur bei der Impfpflicht: Bundesgesetze werden schon jetzt nicht überall durchgesetzt
Mit seiner Klagewelle wegen ungleicher Entscheidungen liegt Sailer jedenfalls nicht falsch. Denn schon heute werden Corona-Maßnahmen nicht überall gleich umgesetzt. Die Kreisverwaltung von Märkisch-Oderland in Brandenburg etwa stellt keine Bußgelder mehr aus, wenn bei Corona-Protesten gegen Regeln verstoßen wird. Ihr Landrat Gernot Schmidt bezeichnet die Maßnahmen als "überzogen". Eine Strafverfolgung etwa bei Masken-Verstößen gehöre nicht zu den Aufgaben seiner Mitarbeiter in der Kreisverwaltung, hatte Schmidt vor 2 Wochen erklärt. Sie würden sich der Pandemie-Bekämpfung widmen und dürften nicht "zu Strafverfolgern mutieren". Zudem hält er die Maßnahmen an sich für "überzogen". Die Verhältnismäßigkeit der Mittel sei nicht gewahrt. "Wir sind der Meinung, dass diese Maßnahmen gegenüber Bürgern, die ihr Demonstrationsrecht wahrnehmen, überzogen sind", so Schmidt wörtlich. So sei es nicht zu erklären, dass man sich im Freien normalerweise ohne Maske bewegen dürfe, im "Rahmen eines Spaziergangs mit politischer Ausrichtung aber eine Maske tragen muss", so der Landrat.
Auch zur Impfpflicht äussert sich der Landrat skeptisch. Anders als seine Kollegen in Sachsen und Bayern setzt er aber eher auf die berufsbezogene Impfpflicht als auf eine generelle Impfpflicht. "es gibt weder ein Impfregister noch sind datenschutzrechtliche Fragen geklärt", zudem würden viele potentiell Impfwillige durch die aktuelle Politik verprellt, so Gernot Schmidt.
Es gibt auch andere Impfpflichten in Deutschland.