Franz-Reinhard Habbel
Franz-Reinhard Habbel

Stadtlabore als Experimentier-Räume

Wir brauchen Experimentier-Räume für Bürger. Das geht nirgends so gut, wie in unseren Kommunen, meint Franz-Reinhard Habbel. Gerade die Corona-Krise macht Veränderungen notwendig.

Leben ist Veränderung. Veränderung ist Bewegung. Was die Richtung betrifft, gibt es immer Alternativen. Wir können weiter nach vorn, zurück oder nach rechts und links gehen. Bei einem Wanderer ist der nächste kleine Schritt entscheidend, um in eine andere Richtung zu laufen. Mit einem anderen Blick auf einen neuen Weg eröffnen sich neue Möglichkeiten. Aber es bleibt eine Ungewissheit, hinter den Horizont kann keiner schauen. Mit dieser Ungewissheit umzugehen, müssen wir lernen. Wir müssen uns mehr zutrauen, Wege zu wechseln.

Stadtlabore bieten Platz für Debatten in der Corona-Krise

Bezieht man diese Darstellung auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, stellt man fest, dass der Politik die Richtungsänderung am schwersten fällt. Sie hält weitgehend am Bestehenden fest, verfolgt eingeschlagene Wege weiter und braucht lange für die Suche nach einem neuen Kurs. Ihre Verantwortung ist groß. Es bedarf auch des Mutes, neue Wege zu gehen.

Aktuell führt die COVID19-Pandemie zu einer Wendemarke. Ein „Weiter so“ oder ein „Zurück“ ist keine Lösung. Natürlich stehen notwendige Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Virus derzeit im Vordergrund. Neben dieser gegenwartsbezogenen Betrachtung müssen wir uns aber parallel auch mit der Frage befassen, wie es überhaupt zu dieser Lage kommen konnte. Ist sie nicht auch Ausdruck einer Systemkrise?

Wenn das Unbekannte das neue Normale ist, dann sind alle aufgefordert, sich nach der Suche nach einem Zusammenleben zu beteiligen, was in diesem Fall gesundheitliche Risiken für den Einzelnen begrenzt. Für solche Debatten sind die Kommunen der beste Ort.

In vielen Städten entstehen derzeit Stadtlabore als kommunale Experimentierräume für Bürger. Es sind auch Ermöglichungsräume für Veränderung. Sie sind der Maschinenraum für Innovationen. Hier treffen Zivilgesellschaft, Verwaltung, Wirtschaft und Politik aufeinander. Es ist der Ort, an dem auch Debatten geführt werden sollten.

Stadtlabore sind der Maschinenraum für Innovationen."

Franz-Reinhard Habbel

Die Experimentierkraft der Stadtgesellschaft ist eine bedeutende Quelle lokaler und regionaler Lösungen für vielfältige Probleme. Stadtlabore sind Räume der Kommunikation und der Umsetzung. Hier bedarf es lediglich weniger Regeln, wie etwa ein respektvoller und wertschätzender Umgang miteinander. Stadtlabore sind Netzwerke der Macher. Mitstreiter finden, Lösungen ausprobieren und in zwangloser Atmosphäre einfach machen, ist das Ziel.

Das gibt Selbstbewusstsein und Sicherheit, neue Wege zu finden. Gemeinsamkeit macht Stadtgesellschaften resilient. Die Wissenspotenziale der Gesellschaft sind riesig. Stadtlabore sind Vorboten der Bürgergesellschaft. Schon Albert Einstein sagte: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“.