Symbolbild für Anwendungen von 5G in der Landwirtschaft
Der neue Mobilfunkstandard 5G bringt attraktive Anwendungsmöglichkeiten für die Landwirtschaft mit sich.
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Digitale Landwirtschaft

Landkreisversuch: Mit Hilfe von 5G-Mobilfunk Felder effektiver bewässern

Vernetzt bis zur letzten Milchkanne: In landwirtschaftlich geprägten Kommunen könnte der neue Mobilfunkstandard 5G ungeahnte Geschäftsfelder eröffnen. Gefördert vom Bund testet der Landkreis Uelzen derzeit aus, wie die nächste Mobilfunkgeneration ressourcenschonende und effektive Bewässerung von Feldern unterstützt.

Die allgegenwärtige Dürre war in diesem Sommer eines der meistdiskutierten Themen. Im Landkreis Uelzen redet man vom Wassermangel schon viel länger. Hier, im Nordosten von Niedersachsen, werden Zuckerrüben und Kartoffeln angebaut; es gibt große Milchverarbeitungsunternehmen und bekannte Großunternehmen der Lebensmittelindustrie. Landwirtschaft ist ein Hauptstandbein der Wirtschaft und die Lebensmittelbetriebe in der Region bieten viele Arbeitsplätze.

Mit 5G die Böden effektiv bewässern

Allerdings sorgt der Klimawandel hier dafür, dass der ohnehin spärlicher werdende Regen immer seltener fällt, wenn die Landwirte ihn am nötigsten brauchen – nämlich in der Wachstumsperiode der angebauten Pflanzen. Wie man die dann zu trockenen Felder effektiv und nachhaltig bewässern kann, ist im Landkreis Uelzen deshalb ein großes Thema.

In Suderburg forschen die Wissenschaftler des Instituts für nachhaltige Bewässerung und Wasserwirtschaft im ländlichen Raum (INBW) der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften seit 2019 auf diesem Gebiet. Lokale Landwirte experimentieren mit Smart Farming. Bauernverband und Landwirtschaftskammer setzen bereits Projekte auf, die die für die Ernte optimale Bewässerung des Landstrichs im Blick haben. Die Frage ist allgegenwärtig.

Der Landkreis Uelzen hat deshalb für ein großes Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) den Hut in den Ring geworfen. Es fördert das Erproben von lokalen Projektideen für 5G-Anwendungen – unter anderem in der Landwirtschaft. „Auf diese Weise sollen potenzielle Nachfrager und Anbieter von innovativen 5G-Mobilfunklösungen zusammengeführt und die Potenziale des 5G-Mobilfunks vor Ort sichtbar gemacht werden“, beschreibt das BMDV. So wolle man dazu beitragen, „Deutschland zum Leitmarkt für 5G zu entwickeln“.

Zwei Millionen Euro aus Bundesmitteln für den Landkreis Uelzen

Im Dezember 2021 bekam der Landkreis Uelzen im Rahmen dieses 5G-Innovationsprogrammes die Zusage, ein dreijähriges 5G-Projekt zu starten.  Damit lässt der Kreis nun testen, wie mithilfe von Geräten, die über 5G-Mobilfunk miteinander kommunizieren, ertragssteigernde Feldbewässerungsmethoden funktionieren können.

„Höhere Datenraten, neue Frequenzbereiche und kürzere Latenzzeiten sind nur einige der Funktionen, mit denen der Standard die Möglichkeiten des mobilen Internets erweitert“, erläutert Thies-Benedict Lüdtke, kommissarischer Projektleiter des 5G-Projekts und Koordinator für die digitale Entwicklung im Landkreis Uelzen. „Wir haben die Chance gesehen, mit diesem Förderprogramm zwei Dinge zu verbinden: die Bewässerungsthematik zu bearbeiten und ein Umfeld zum Experimentieren für 5G-Anwendungen zu kreieren. Es soll zeigen, welche digitalen Geschäftsfelder es im ländlichen Raum gibt und langfristig den Telekommunikationsunternehmen hoffentlich einen Anreiz bieten, hier auszubauen.“

Der Landkreis übernimmt dabei die Rolle der Konsortialführung einer Gruppe von Projektbeteiligten, zu  der die örtlichen Hochschule gehört, und die unterschiedliche technische und fachliche Aufgaben haben. „Wir kümmern uns um die typischen Projektmanagementtätigkeiten, damit sich die fachlich involvierten Partner auf das konzentrieren können, was sie am besten können“, beschreibt Lüdtke die Rolle der Verwaltung. „So wollen wir als Gebietskörperschaft dazu beitragen, dass hier zukunftsfähige Projekte und ihre Erprobung in der Praxis möglich sind.“ Verwaltungsintern ist das Projekt folgerichtig dem Bereich Wirtschaftsförderung zugeordnet.

Zeigen, was 5G alles kann

Auf einem ausgewiesenen Experimentalfeld wird man nun erproben, welche technischen Möglichkeiten es gibt, um die ressourcenschonendste und wirtschaftlichste Art der Bewässerung zu bewerkstelligen. Der neue Mobilfunkstandard macht die Analyse und Verarbeitung von großen Datenmengen und die Kommunikation unterschiedlicher Gerätschaften miteinander möglich. So lassen sich unter anderem der Wasserstatus der Anbaufläche, die Bodeneigenschaften und der Pflanzenstatus exakt bestimmen. Die dafür nötigen Sensoren und Sensorplattformen und Datenverarbeitungsprozesse werden im Projekt entwickelt. Unter anderem wird auch eine Drohne im Einsatz sein, die schnell große Bildmengen übertragen soll. Am Ende will man alltagstaugliche und vermarktungsfähige Anwendungen präsentieren können. „Das Ziel des Vorhabens ist es, auf Versuchsflächen zu erproben, wie die Bewässerung durch den Einsatz von 5G hinsichtlich Bewässerungsmenge und Bewässerungszeitpunkt optimiert werden kann“, fasst es Professor Klaus Röttcher vom Institut für nachhaltige Bewässerung und Wasserwirtschaft im ländlichen Raum in einem Bericht des Landkreises zusammen. „Es wird eine Datenbank entstehen, in der Daten aus verschiedenen Sensoren, landwirtschaftlichen Maschinen und weiteren Quellen direkt zusammenfließen und verarbeitet werden, um daraus eine Bewässerungsempfehlung abzuleiten, die wiederum direkt an die Beregnungsmaschine weitergegeben werden kann.“

Glasfaserausbau fast abgeschlossen

Uelzen hat ohnehin ehrgeizige Ziele, was die Digitalisierung angeht. „Der Landkreis hat sich vorgenommen, sich sprichwörtlich bis zur letzten Milchkanne zu vernetzen“, sagt Sandra Suck. Sie ist Sachbearbeiterin für Mobilfunk und steht Thies-Benedict Lüdtke bei der Leitung des 5G-Projekts beratend zur Seite. Während die Versorgung mit Mobilfunk vor allem in Randgebieten noch lückenhaft ist, hat der Kreis beim kabelgebundenen Netz schon aufgeholt. Das 2017 begonnene Projekt zum „Glasfaserausbau bis ins Gebäude“ stehe in der ersten Ausbauphase kurz vor dem Abschluss, berichtet Suck. „Die weißen Flecken im Landkreis haben wir im ersten Schritt geschlossen. Weitere Gebiete sollen folgen. Wir sind damit hier nun sehr gut aufgestellt. Das ist ja auch eine Grundvoraussetzung, wenn man 5G aufsetzen möchte.“

Beim Ausbau des Mobilfunks zeigt sich ein anderes Bild: „Da stehen wir noch am Anfang und haben einige unterversorgte Gebiete, so genannte weiße Flecken, wo es tatsächlich keinen Netzbetreiber gibt.“ Es gehört zu Sandra Sucks Aufgaben, für eine Verbesserung des Mobilfunknetzes zu sorgen. Im Oktober wird der nächste Meilenstein für das Projekt 5G in der Landwirtschaft erreicht sein: Dann wird ein 5G-Mast in der Nähe der landwirtschaftlichen Versuchsfläche für das Digitalprojekt aufgestellt. Und dann unterhalten sich wohl in Uelzen bald nicht mehr nur die Landwirte miteinander, sondern auch ihre Maschinen.