
Stadtgeschichte
Ein neues Publikum erschließen - mit der HistoryApp
Über Jahrzehnte hat sich Rainer E. Klemke in Berlin als Ideengeber, Wegbereiter und Projektleiter - hauptberuflich und ehrenamtlich - für die Kultur, die Museen und die Gedenkstätten Berlins eingesetzt. Auch im Ruhestand arbeitet er unermüdlich daran, Geschichte und Gegenwart der Hauptstadt für Einheimische und Touristen interessant zu machen: mit der History.app. Sie sei, sagt er, die erfolgreichste, meistgenutzte, meist ausgezeichnete, kostenlose und vor allem werbefreie Geschichts-App dieser Art in Deutschland.
Texte, Fotos, Videos: Etwa neun laufende Meter Geschichte oder 67 Bücher á 300 Seiten kämen zusammen, wollte man alle Einträge, die die History.app erlebbar macht, aneinanderreihen. Von den 48 Audio-Rundgängen zur Berliner Geschichte erfreuen sich derzeit der 165 Kilometer lange Mauerrundweg, die Spaziergänge über den Jüdischen Friedhof und die Einträge über den Kreuzberger Maler und "Berliner Original" Kurt Mühlenhaupt besonders großer Beliebtheit. Mehr als 110 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben bislang zu den verschiedenen Themenfelder der History.app ihre ganz eigenen Beiträge erarbeitet.
Rainer E. Klemke erläutert: "Das Spannende an dieser App ist nicht nur, dass sie Geschichte auch für junge Menschen erlebbar macht, die nicht unbedingt in Museen gehen. Anders als in Büchern lassen sich die Beiträge in der App ohne große Mühe und jederzeit erweitern, etwa wenn Nutzerinnen und Nutzer Feedback geben oder auf noch unbekannte Details verweisen. Auf diese Art entsteht eine Art lebendiges System, in dem die App immer wieder aufgewertet wird."
History.app in Zahlen
- Innerhalb von fünf Jahren wurde die App rund 300.000 Mal heruntergeladen.
- 75 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer kommen aus Deutschland.
- 25 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer sind Nicht-Deutsche.
- Bereits 1.000 Mal wurde die App von amerikanischen Universitätsservern heruntergeladen.
- Zwei Drittel der Nutzerinnen und Nutzer leben in Berlin und Brandenburg.
- Ein Drittel der Nutzerinnen und Nutzer sind Touristen und Touristinnen.
Kein leichter Beginn
Um die App auf den Markt zu bringen, investierten vier engagierte Menschen privates Geld in sechsstelliger Höhe. Förderungen gab es erst einmal nicht. Mittlerweile verfügt das Projektteam immerhin über drei festangestellte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und eine Vielzahl an Ehrenamtlichen, die Inhalte zur Verfügung stellen und aufbereiten. Rainer E. Klemke: "Natürlich haben wir auch immer wieder Durststrecken zu überwinden, aber die Arbeit macht uns allen viel zu viel Freude, um damit aufzuhören."
Die History.app macht Schule
Potsdam hat inzwischen eine solche App, Frankfurt am Main auch. In Emden ist sie geplant. Ganz billig ist das Angebot nicht: Rainer E. Klemke erläutert: "Die App kostet in der Rohfassung 49.000 Euro, dazu kommen Extra-Beträge zum Beispiel für den Einbau von Rundgängen. Das kann die Kommune selbst sein, aber auch Archive, Tourismusorganisationen und Museen können Inhalte liefern und aufbereiten lassen."
Ein besonderes Projekt ist aktuell die BayernHistory.app. Sie ist aus der zivilgesellschaftlichen Initiative des Vereins "dieKunstBauStelle e.V." entstanden. Der Bayerische Rundfunk wurde als Partner für die BayernHistory.app gewonnen. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, der Fonds Soziokultur, Bezirks Oberbayern, fördern das Projekt.
Einzelne bayerische Kommunen können sich in dieser Landes-App eine eigene "Abteilung" zulegen. Kosten derzeit: 18.000 Euro. Derzeit ebenfalls in Arbeit: Der erste Audioguide zur 1.400 km langen innerdeutschen Grenze.
Eigene App für Kommunen
Rainer E. Klemke zeigt sich davon überzeugt, dass Kommunen von einer eigenen History.app nur profitieren können: "Die Vorteile liegen auf der Hand: Im Gegensatz zu gedrucktem Material kann die App ohne größeren Aufwand jederzeit aktualisiert, angepasst und erweitert werden. Sie ist von jedem Ort der Welt abrufbar und sorgt zudem dafür, dass nicht Tausende von Prospekten und Broschüren nach flüchtigem Anschauen oder dem Ende einer Sightseeing-Tour in den Mülleimern der Stadt landen."